Kolumne von Walter Braun
Im vergangenen Jahr, Ende November, war diese Rubrik einer etwas skeptischen Betrachtung der neuen Kunstwährung Bitcoin gewidmet. Ein paar Leserkommentare bezichtigten mich der Ahnungslosigkeit. Zugegeben, ich bin kein Experte und kein Anwender. Aber das sind Journalisten selten. Meine Schlussfolgerung beruhte bloß auf ausgedehnten Recherchen. Zudem sagt mir die Erfahrung, dass man bei Finanzprodukten immer menschliche Faktoren wie Vertrauen miteinbeziehen sollte.
Wie auch immer, es hat sich seither einiges getan bei der geheimnisvollen Digitalwährung. Im Dezember bestätigte ein Bericht der Bank of America: „Als Tauschmittel besitzt Bitcoin ein klares Wachstumspotenzial.“ Angemerkt wurde aber auch, dass aufgrund der begrenzten Ausgabe keine internationale Rolle zu erwarten ist: Alle geschöpften Bitcoins können am Ende zusammen bloß einen Wert von circa 15 Milliarden Dollar erreichen – gerade einmal ein Zehntel von dem, was alleine Apple auf der hohen Kante hat.
Anfang Jänner kam zutage, dass ein einziges Kartell für 45 Prozent der Bitcoin-Herstellung zuständig ist. Was die ursprüngliche Idee – viele private Bitcoin-Schürfer sehen einander auf die Finger – infrage stellt. Ende Jänner wurde der Gründer der Tauschbörse BitInstant verhaftet, da die Behörden den Standpunkt einnehmen, dass ein Umtausch von Schwarzgeld in Bitcoins eine Art Geldwäsche darstellt. In Singapur kam das Finanzamt mittlerweile auf die Idee, das Medium auf eine andere Art anzuzapfen: Es erklärte Bitcoin zu einem Produkt, auf das ganz normal Steuern anfallen. In Deutschland werden Bitcoins als „Privatgeld“ und „Finanzinstrument“ betrachtet, während China, das anfänglich großes Interesse gezeigt hatte, nun den Banken verbietet, in dieser Währung zu handeln.
Ein glühender Fanbericht im Magazin Newsweek („The End of Dumb Money“) kam zu der Schlussfolgerung, Bitcoin wäre viel schlauer als Kreditkartengeld (zu teuer, Kontendaten können gestohlen werden) oder Bargeld (kann geraubt werden). Einschätzungen dieser Art sind ein wenig naiv, da sie nur die Politik, die Ökonomie oder die Technik im Auge haben, als wären dies selbstständige Reiche. Immer wird dabei die menschliche Natur vergessen. Und die hat sich mittlerweile bemerkbar gemacht: Die größte Bitcoin-Wechselstube, Mt.Gox, hat dichtmachen müssen, weil über 400 Millionen Dollar spurlos verschwunden sind. Was nun eine Sammelklage nach sich gezogen hat.
Natürlich sind die Umtauschraten bei so viel Negativnachrichten nach unten gegangen – Investoren, die im vierten Quartal 2013 eingestiegen sind, sitzen auf spürbaren Verlusten, darunter der börsennotierte Fonds Fortress Financial Group. Fazit: Vorläufig bleibe ich bei meiner alten Einschätzung. Interessante Idee eines globalen Transaktionsnetzes, innovative Technologie zur Senkung von Kapitaltransaktionskosten – aber nicht unter der Obhut von anonymen Raubrittern.
[Walter Braun]