Kommentar von Jakob Steinschaden
Wenn Apple zur großen iPräsentation ansetzt, dann haben Onlinemedien drei Möglichkeiten, in Echtzeit von den neuen Gadgets zu berichten. Erstens: Sie zählen zu den auserkorenen Redaktionen, die nach San Francisco eingeladen werden. Zweitens: Sie verfolgen den Live-Stream des Events, machen Screenshots und tippen mit, was die Apple-Manager predigen. Drittens: So es keinen Live-Stream gibt oder er wie am vergangenen Dienstag abbricht, schreibt man bei Tech-Bloggern ab, die vor Ort sind und die Geschehnisse aufwendig in Bild, Wort und Kurzvideo festhalten.
Apple bietet neuerdings eine vierte Möglichkeit: Der traditionell verschlossene Milliardenkonzern übt sich plötzlich in Sachen Content Marketing. Ein hauseigener Live-Blog bot Journalisten und anderen Interessierten Bilder, Videos und Statements der Firma in Form von Tweets an, um zeitnah erleben zu können, was Apple auf den Markt wirft. Die Inhalte konnten Internetnutzer in ihren Social Networks teilen. Damit hat sich Apple, auch nach dem Tod von Steve Jobs, ein auf Perfektion getrimmtes Kontrollfreak-Imperium, einen neuen Kommunikationskanal aufgemacht. Haben Medien weltweit ohnehin vieles brav abgeschrieben, was Apple predigte, wurden nun Infografiken zur Dicke, den technischen Spezifikationen oder den Preisen des iPhones im Social Web verteilt, ohne dass eine Redaktion die Information bearbeitet hätte.
Apple versucht, die Informationshoheit über seine Produkte, die durch Dutzende Leaks im Vorfeld unterminiert wurde, zumindest teilweise zurückzugewinnen. Wie weit Apple seine Content-Kontrolle ausdehnen kann, bleibt abzuwarten. Am 9. September jedenfalls hat es funktioniert.