Überwachung: Gefahr für den Journalismus
 

Überwachung: Gefahr für den Journalismus

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NSA-Skandal: In den USA und Großbritannien sehen sich Journalisten im Zuge der Enthüllungen unter starkem Druck der Regierungen - manche geben auf, andere wie "Guardian"-Reporter Glenn Greenwald fühlen sich in ihrer Berichterstattung bestärkt

Die Leaks zu den massiven Überwachungsmaßnahmen US-amerikanischer und britischer Geheimdienste haben auch Folgen für Journalisten. Am Dienstag hat der US-Justiz-Blog Groklaw die Einstellung seines Betriebs angekündigt. Groklaw wurde vor rund zehn Jahren gegründet und berichtete über Gerichtsverfahren. Das Gros der Informationen bekamen Betreiberin Pamela Jones und ihr Team via E-Mail zugespielt, und die sichere Kommunikation über elektronischem Wege sein im Big-Brother-Zeitalter nicht mehr gewährt.

Sichere E-Mail-Kommunikation unmöglich


"Es gibt keinen Weg, Groklaw ohne E-Mail zu betreiben", schreibt Jones im letzten Eintrag auf der Webseite. Selbst verschlüsselte E-Mails würden von der NSA fünf Jahre lang aufgehoben werden, in der Hoffnung, das zukünftige Technologie sie entschlüsseln kann. Dem Ende von Groklaw war das Aus des E-Mail-Anbieters Lavabit vorangegangen, den auch NSA-Enthüller Edward Snowden benutzte. Lavabit-Gründer Ladar Levison wurde von der US-Regierung stark unter Druck gesetzt. Er sagte später in einem Interview: "Wenn die amerikanische Öffentlichkeit wüsste, was unsere Regierung macht, dann hätte sie wohl längst nicht mehr die Befugnis dazu."

Auch der Verschlüsselungs-Dienst Silent Circle sieht keinen Weg mehr, seinen Kunden sichere, verschlüsselte Online-Kommunikation anbieten zu können. "Wir haben uns entschlossen, ihn zu zerstören, bevor wir Informationen rausgeben mussten", so die Betreiber. Gleichzeitig tauchte ein Gerichtsdokument auf, indem Google argumentiert, dass Nutzer seines E-Mail-Dienstes Gmail keine Privatsphäre zu erwarten hätten. "Jemanden, der einen Brief an einen Geschäftskollegen schreibt, kann es nicht verwundern, dass der Assistent des Empfängers den Brief öffnet", heißt es in dem Dokument. "Genauso wenig können Menschen, die heutzutage webbasierte E-Mails nutzen, davon überrascht sein, dass ihre Kommunikation während des Zustellungsprozesses vom Provider des Empfängers verarbeitet wird."

Britischer "Guardian" unter Druck

Parallel zu technischen Einschränkungen sieht sich jenes Medium, das die NSA-Leaks publizierte, unter juristischem Druck. Im Keller des britischen Guardian wurden Festplatten, Computer und ein Laptop vor den Augen von Chef-Redakteur Alan Rusbridger und britischen Geheimdienstleuten zerstört, um so Beweismaterial zu vernichten. Laut The Independent soll der britische Premier David Cameron die Zerstörung selbst angeordnet haben. Rusbridger kommentierte, dass das Vorgehen "ein besonders sinnloser Akt von Symbolik, der Unkenntnis über das digitale Zeitalter zum Ausdruck bringt". Der Guardian werde weiterhin an seinen Veröffentlichungen zum NSA-Skandal festhalten.

Britische Behörden haben unter Mitwissen der US-Regierung außerdem David Miranda, den Lebensgefährten von Guardian-Journalist und Glenn Greenwald, der für die meisten NSA-Berichte verantwortlich ist und in Kontakt mit Edward Snowden steht, neun Stunden lang am Flughafen in Heathrow festgehalten. Dort wurde Miranda von britischen Sicherheitsagenten zu möglichen kommenden Veröffentlichungen von Greenwald befragt sowie seine elektronischen Geräte konfisziert. Miranda, er ist brasilianischer Staatsbürger, will nun Zivilklage gegen die britischen Behörden einreichen.

Nicht eingeschüchtert


Greenwald selbst verurteilte das Vorgehen der britischen Behörden aufs Schärfste und meinte, dass das ein "vergeblicher Versuch der Einschüchterung und ein Angriff auf die Pressefreiheit" gewesen sei. Er würde nun "weitaus aggressiver" als bisher über die Spähprogramme der Regierungen berichten, kündigte Greenwald an. Er dürfte noch einiges an Material, das ihm Snowden zugespielt hat, in Reserve haben.

Techcrunch-Schreiber Gregory Ferenstein meint in der Diskussion um die Zukunft des Journalismus unter Überwachung, dass sichere Kommunikation durchaus möglich sei - auch ohne Anbieter wie Lavabit. Privatpersonen könnten sich gegenseitig verschlüsselte E-Mails zuschicken und auf ihren eigenen Festplatten speichern, während Internet-Firmen wie Google oder Lavabit gespeicherte Kommunikation auf ihren Servern an Regierungen aushändigen müssten. Ferenstein hält zudem Attacken auf tausende Journalisten in einem demokratischen Staat für unmöglich.

Berichte über NSA gehen oft unter


Spannend in dem Zusammenhang ist auch die Berichterstattung über die NSA-Überwachung und ihr Stellenwert. Das deutsche Magazin "Journalist" hat in einer Umfrage erhoben, wie in verschiedenen Ländern der Welt über die Spähprogramme berichtet wird. In den USA etwa liegt der Fokus der Medien stark auf der Jagd nach Edward Snowden, in England ist fast ausschließlich der Guardian um die Aufdeckung bemüht.

In vielen anderen Staaten wie Spanien, Griechenland, Südafrika oder der Ukraine wurde und wird das Thema lokalen Themen untergeordnet, und in Russland sind die Medien vor allem an der Person des Edward Snowden interessiert. Und in Südkorea stößt die Aufregung über die NSA-Methoden laut dem freien Journalisten Malte E. Kollenberg gar auf Unverständnis, weil die Südkoreaner diese Art der Überwachung durch ihre Regierung längst gewohnt seien.




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