Start-ups in Afrika: Kontinent der neuen Chan...
 

Start-ups in Afrika: Kontinent der neuen Chancen

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Der deutsche Verein enpact organisiert unter anderem Start-up-Camps, bei denen sich afrikanische und europäische Gründer vernetzen. Wie etwa in Tunis.
Der deutsche Verein enpact organisiert unter anderem Start-up-Camps, bei denen sich afrikanische und europäische Gründer vernetzen. Wie etwa in Tunis.

Afrika dominiert die Headlines oft durch Negativmeldungen. Dabei bietet der Kontinent erhebliches Potenzial, auch für heimische Start-ups.

Wer an globale Hotspots für Start-ups denkt, der hat das Silicon Valley, europäische Städte wie Berlin und London und vielleicht noch Israel oder die indische IT-Metropole Bangalore im Kopf – an den afrikanischen Kontinent denkt man hingegen selten. Dabei können gute Businessideen auch dort entstehen, wie Marcello Schermer, Geschäftsführer von Seedstars World, erläutert. Der gebürtige Österreicher lebt in Johannesburg und wählte von dort im Rahmen eines Wettbewerbs die besten Start-ups in 20 afrikanischen Ländern aus, verschafft ihnen Zugang zu anderen Gründern, Investoren und Konzernen.

Gute Tech-Gründer und Initiativen gibt es laut Schermer in jedem afrikanischen Land. In Kenia etwa wurde 2010 das Konzept des „iHub“ geboren – ein mehrstöckiger Coworking Space, in dem Start-ups ebenso wie Investoren ihre Büros haben und Größen wie Facebook-Chef Mark Zuckerberg oder der ehemalige UN-Generalsekretär Ban Ki-moon zu Besuch waren. Inzwischen wurde das Konzept auf andere afrikanische Länder erweitert – diese darf man sich jedoch nicht als so hippe Orte vorstellen wie die Start-up-Büros in der Wiener Innenstadt: „In Afrika liegt die Priorität bei Strom und Zugang zum Web“, sagt Schermer: Viele Gründer könnten sich keine eigenen Datenpakete leisten, in Ländern wie Ghana gebe es teils bis zu 18 Stunden keinen elektrischen Strom – die Coworking Spaces haben dafür einen Notfallgenerator.

Ebenfalls in diese Kerbe schlägt der deutsche Verein enpact, der vom deutschen Auswärtigen Amt und diversen Konzernen unterstützt wird: enpact bietet ein Mentoring-Programm inklusive Matching zwischen europäischen Start-ups, Marktforschung zum afrikanischen Start-up-Ökosystem und einen Coworking Space in Tunis, in dem auf 500 Quadratmetern 60 Start-ups untergebracht sind. „Wir haben zuvor festgestellt, dass es in Tunis nur einen Space für Kinder reicher Eltern im Diplomatenviertel gab“, sagt Sebastian Rubatscher, Gründer von enpact: Im „Startup Haus“ von enpact sollen sich Gründer vernetzen und die Brücke nach Europa schlagen.

Lokale Probleme und Lösungen

Die Start-ups arbeiten an Produkten, die lokale Probleme lösen. Schermer nennt etwa FinTechs als starke Branche, um Überweisungen der Auswanderer ins Heimatland oder Transfers im Inland zu ermöglichen: Da viele Afrikaner kein Bankkonto haben, wird hier oft das Handy als digitale Geldbörse verwendet. Während Europäer beim Konzept des „Mobile Money“ aus Datenschutzbedenken eher die Nase rümpfen, floriert das Konzept in den Schwellenländern.

Andere Lösungen kommen aus dem Agrarbereich – etwa „Hello Tractor“ aus Nigeria, bei dem Landwirte im Uber-Stil einen Traktor mieten können. In Ruanda bietet das Start-up Zipline einen Service, bei dem lebensrettende Medikamente per Drohne über Gegenden abgeworfen werden, die über den Landverkehr nur schwer zu erreichen sind. Laut Schermer soll dort auch der erste Drohnenflughafen der Welt entstehen – Zelte, in denen die Fluggeräte ein- und ausfliegen können.

Brücke nach Europa

Auch Österreicher können den aufstrebenden Kontinent nutzen. Erstens als Exportmarkt, da in manchen Ländern die Mittelklasse stark wächst: „Das BIP von Äthiopien wächst etwa stärker als jenes von China“, sagt Schermer. Man müsse seine Zielgruppe aber gezielt auswählen – wichtig sei das Bewusstsein, dass es keinen einheitlichen afrikanischen Markt, sondern einzelne Länder mit unterschiedlichen Gesellschaftsschichten und Bedürfnissen gibt.

Rubatscher, der bisher vor allem im nordafrikanischen Raum aktiv war, sieht in Ländern wie Tunesien Chancen für IT-Outsourcing – was von Markus Haas, dem österreichischen Wirtschaftsdelegierten für Algier und Tunis, bestätigt wird: Hier gibt es gut ausgebildete Fachkräfte, die vergleichsweise günstig sind; der Markt liegt relativ nah und der Fachkräftepool ist noch nicht so ausgeschöpft wie etwa in Europa oder in den USA. Alternativ dazu gilt Ägypten als Mekka für Outsourcing und Start-ups – nicht zuletzt durch das „RiseUp Summit“ in Kairo, das als das Nahost-Pendant zum „Pioneers Festival“ in Wien gilt. Apropos Pioneers: Unter dem Motto „Pitch 4 Austria“ hat Haas im „Startup Haus“ zehn tunesische Start-ups pitchen lassen; der Sieger, das Robotikunternehmen Enova Robotics, gewann einen zweiwöchigen Aufenthalt rund um das „Pioneers Festival“. Eine weitere interessante Facette in der Vernetzung zwischen europäischen und afrikanischen Gründern.



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