Die jüngste Algorithmus-Änderung von Facebook hat miss.at schadlos überstanden. Monika Affenzeller und Jochen Hahn über ihre Strategie – und digitale No-Gos.
Dieser Artikel ist zuerst in Ausgabe Nr. 22/2018 des HORIZONT erschienen. Noch kein Abo? Hier klicken!
Mit einiger Besorgnis nahmen Online-Medien zuletzt die Ankündigungen von Algorithmus-Änderungen durch Facebook zur Kenntnis. Das soziale Netzwerk gab bekannt, gegen „Engagement Baits“ vorgehen zu wollen, um „bedeutungsvolle Interaktionen“ zu stärken. Mittlerweile ist festzuhalten, dass sich Österreichs Nummer eins bei Social-Media- Interaktionen laut dem Storyclash- Ranking, miss.at, in den entsprechenden Rankings unbeeindruckt von der Umstellung gezeigt hat. Was ist das Geheimnis des Lifestyle-Portals mit der eng gefassten Zielgruppe?
Co-Geschäftsführer Jochen Hahn stellt gegenüber HORIZONT eben diese Bedeutung der eigenen Zielgruppe und deren Bedürfnisse in den Vordergrund. „Das Wichtigste dabei: Du musst wissen, wer deine Zielgruppe ist, was sie möchte und ihr zuhören – also Engagement-Daten analysieren und deine Inhalte laufend Veränderungen im Zielgruppenbedürfnis anpassen“, meint Hahn. Wenn man sich dieser Herausforderung stelle und sie mit professionellem Kampagnenmanagement kombiniere, werde man aus jeder Algorithmus-Änderung auf Facebook als Gewinner hervorgehen. Und von denen gebe es ja laufend welche, sagt er. Die jüngste sei auch nur eine Fortführung einer bekannten Entwicklung.
Während international eher Nachrichtenseiten von Printprodukten oder News- Aggregatoren-Websites die Social-Media-Charts dominieren, führt hierzulande miss.at Monat für Monat die Storyclash-Rankings nach Interaktionen an. Auch finanziell bildet sich der Zuspruch ab: Im Geschäftsjahr 2017 konnte sich miss- Media GmbH über ein stark wachsendes Digitalgeschäft freuen, das im vergangenen Jahr über die Hälfte (51 Prozent) des Gesamtumsatzes erwirtschaftete. Bei Native Advertising konnten die Umsätze 2017 um 45 Prozent auf 1,13 Millionen Euro gesteigert werden.
Interaktion statt Massenbespaßung
Das Erfolgsrezept sieht Geschäftsführerin und Chefredakteurin Monika Affenzeller im Umdenken: „Social Media hat nichts mit Marketing zu tun. Social Media ist eine Kulturtechnik, ein Userphänomen“, betont sie. Es gehe dabei um soziale Interaktion. „Und genau das ist die Basis unserer Arbeit in sozialen Netzwerken. Wir wollen junge Frauen mit Inhalten persönlich berühren, also soziale Interaktion erzeugen, die positiv auf die Marke und das Medium miss zurückstrahlt.“ Ist es dabei ein Vorteil, eine eng gefasste Zielgruppe, in diesem Fall mit eher homogenen Interessen und Anforderungen zu haben? Hahn verneint das klar. „Tageszeitungen, viele andere Medien, aber auch Unternehmen haben nur deshalb mit einem Reichweiten-Exodus auf Facebook zu kämpfen, weil sie das Werkzeug Facebook falsch bedienen“, ist er überzeugt. Eine Seite mit völlig inhomogenen Fans „mit dem kompletten Sammelsurium an eigenen Inhalten“ zu bespielen, resultiere in überschaubarem Engagement, denn nur ein Bruchteil dieser Inhalte sei für den jeweils einzelnen Fan von Interesse. „Das ist ein historischer Fail“, warnt Hahn. „Facebook ist ein Präzisionswerkzeug zur Zielgruppenansprache. Nur wer thematisch und zielgruppenspezifisch exakt vorgeht und für diese Zielgruppen maßgeschneiderte Inhalte ausspielt, hat eine Chance auf organische Sichtbarkeit.“ Einen Fan zu haben, bedeute nicht automatisch, diesen auch zu erreichen, resümiert er. Zu möglichen neuen Geschäftsmodellen und aktuellen Trends im Social Media Marketing meint Affenzeller: „Der große Überbau jedes möglichen Geschäftsmodells, das sich aus Social Networks ableiten lässt, heißt: Engagement- und Reichweitenmaximierung in einer genau definierten Zielgruppe. Hast du guten Kontakt zu deinen Usern, kommen deine Inhalte positiv an, dann ist sehr viel möglich. Native Advertising zum Beispiel, aber auch eine Konvertierung der User Richtung M-Commerce.“ Ersteres habe miss.at in den vergangenen drei Jahren am Markt etabliert, man erwirtschafte damit bereits 90 Prozent der Digitalumsätze, „zweiteres sehen wir uns gerade näher an“, sagt Monika Affenzeller. „Wir wollen für die Zielgruppe perfekt passende Produkte direkt verkaufen, die Aufmerksamkeit unserer User in Social Networks soll die Basis dafür sein.“
Gegen ‚Müll‘ auf dem Smartphone
Welche Rolle spielt Programmatic im miss-Universum? Jochen Hahn hat dazu ebenfalls eine klare Meinung: „Display Ads spielen bei der miss keine Rolle und wir legen keinerlei Fokus darauf.“ Banner seien Massenware, die sich für Millennials sogar wie „digitaler Müll“ anfühlen würden. „Niemand möchte das ernsthaft auf seinem Smartphone sehen“, ist Hahn überzeugt. „Daher ist es uns egal, ob wir als Nebenschauplatz mit direkt verkauften Bannern oder mit programmatisch eingebuchten schlecht monetarisieren. Fakt ist jedenfalls, dass mittelfristig der Großteil der Display Ads über automatisierte Plattformen ausgespielt werden wird. Dieser Trend ist nicht aufzuhalten.“
Enges Targeten
Beim Targeten gilt es im Social Media Marketing ebenfalls zu beachten, die Zielgruppe im Fokus zu halten. Monika Affenzeller meint, dass Inhalte, die in sozialen Netzwerken als miss publiziert werden, auf die eigenen Fans und anorganisch auf User, die allen demografischen Merkmalen der miss-Fans gleichen, targeten. Das habe sich für miss sehr bewährt, meint die Chefredakteurin und Geschäftsführerin. Jochen Hahn ergänzt dahingehend: „Entweder kann man seinen Werbekunden eine möglichst streuverlustarme Zielgruppe anbieten, oder man kann es nicht.“ Auf Facebook, Instagram und im Audience Network von Facebook sei genau das sichergestellt. Man könne zielgenau seine Wunschzielgruppe ins „Visier“ nehmen. „Deshalb ist Facebook als Werbetool ja so dermaßen überlegen. Wir als miss machen uns diese Überlegenheit zunutze und nehmen unsere Werbekunden huckepack mit. Die qualitativen Werte, die wir damit erzielen, sind jedenfalls enorm und schlagen alle nicht nativen Werbeformen um ein Vielfaches“, ist Hahn überzeugt.