In seinem Vortrag "Share of Ear: Radio’s Place in the Audio World" bei den Österreichischen Medientagen 2019 spricht Larry Rosin über die dynamische Situation im Radio Business, Trends und was sich die europäische Radiolandschaft wirklich zunutze machen kann.
Larry Rosin ist Mitbegründer und Präsident des 1994 gegründeten Unternehmens Edison Research, das eines der meist angesehenen Unternehmen im Bereich der Umfrageforschung ist. In seinem Vortrag geht Rosin speziell auf zwei Studien ein, die Edison Research veröffentlichte. Die jährliche US-Studie „Infinite Dial“ sammelt Daten zu Radio- und Audioverhalten seit 1998, wobei „die Länder in den vergangenen Jahren ausgeweitet wurden, auf Australien, Kanada, Deutschland und Südafrika“, sagt er. Heuer wurden die Daten erstmals auch für Deutschland gesammelt. Rosin würde die Studie gerne auch für Österreich durchführen.
In seinem Vortrag hält er vor allem fest: „Das Smartphone hat die Audio-Welt grundlegend verändert. Vor dem Smartphone geschahen Veränderungen im Radio nur langsam“. Dabei variieren die Zahlen für verschiedene Länder gravierend, da es beispielsweise in den „USA unlimitierte Datentarife gibt, während diese in anderen Ländern, wie Deutschland oder aber auch Südafrika limitiert sind.“
So besitzen laut der Studie 80 Prozent der Deutschen bereits ein Smartphone. Australien ist dabei an der Spitze, wo 89 Prozent der Gesamtbevölkerung ein Smartphone besitzen.
Eines der stärksten Radioländer überhaupt ist Australien, wo 84 Prozent der Gesamtbevölkerung angeben, in der vergangenen Woche AM/FM Radio gehört zu haben. Dagegen liegt diese Zahl in Deutschland bei 62 Prozent.
Hot Topics
Rosin spricht von zwei heißen Themen in der US-Radiowelt, die diese grundlegend verändern: Smartspeaker und Podcasting. Die Podcasting Awareness variiert stark in den einzelnen Ländern, so kennen 84 Prozent der australischen Gesamtbevölkerung 18+ Podcasts, während dieser Wert in Deutschland bei nur 33 Prozent liegt. In Südafrika sind es gar nur 23 Prozent. Kanada und die USA liegen im Mittelfeld, mit 63 beziehungsweise 70 Prozent. Dabei haben schon 32 Prozent der Deutschen Podcasts gehört, 49 Prozent der Kanadier, 31 Prozent der Australier und die Hälfte der Amerikaner.
Warum die Zahlen in den Ländern so stark variieren, legt Rosin an der Sprachbarriere fest. „Ein großer Faktor ist, ob man den Content in der Muttersprache konsumieren kann. Das wiederum kann den Markt in beispielsweise Deutschland bremsen.“ Allerdings sieht er einen großen Push in Richtung deutschsprachiger Podcasts, den er begrüßt.
Das zweite Thema, das die Radiowelt derzeit in Atem hält, ist das der Smartspeaker. Die Mehrheit der Australier (81 Prozent) und der Amerikaner (78 Prozent) haben schon einmal von Smartspeakern gehört, so die Studie. Deutschland und Kanada liegen gleichauf mit 65 Prozent.
Vier Stunden Audio
In der Umfrage „Share of Ear“, die Rosin als zweites in seinem Vortrag präsentiert, gibt er einen interessanten Einblick in die Entwicklungen am amerikanischen Markt. In dieser Umfrage haben die Befragten im Tagebuchstil festgehalten, wo, wann, auf welcher Plattform und Gerät sie Audio konsumieren.
Sieht man sich die Daten aus Deutschland an, stellt Rosin fest, „ist man vier Jahre hinter den Entwicklungen in den USA. Ich nehme an, in Österreich sind die Zahlen ähnlich.“ Doch dies streicht Rosin nicht als Nachteil heraus, im Gegenteil: „In dem Deutschland und Österreich die Entwicklungen und Trends in den USA verfolgen, können sich diese Märkte einen Vorteil verschaffen, und sich für die Zukunft rüsten.“
So haben 44 Prozent der Amerikaner im Alter von 13+ ihre Zeit mit AM/FM Radio verbracht, hingegen nur 16 Prozent Audio gestreamt. 12 Prozent haben ihre eigenen Audio-Files konsumiert, darunter CDs und digitale Dateien. Podcasts haben ganze vier Prozent konsumiert. „Wenn Außenstehende diese Zahl sehen, reagieren sie mit Verblüffung. Nur so viel?“ Rosin hingegen ist euphorisch: „Vor einigen Jahren lag diese Zahl noch bei einem Prozent.“
Radio ist "unverwüstlich"
Die Untersuchung führt Edison Research seit fünf Jahren durch, und es überrascht Rosin „immer wieder, wie unverwüstlich das Radio in den USA ist, in Anbetracht der Tatsache, dass Radio mit vielen Herausforderungen konfrontiert ist, unter anderem, dass Hörer eine große Auswahl an Angeboten haben.“
Dabei hören die Amerikaner 73 Prozent der Zeit AM/FM Radio, hingegen nur 27 Prozent streamen Audio. In der Gruppe 55+ hören dabei 89 Prozent FM/AM Radio, lediglich elf Prozent streamen.
Wo die Amerikaner am meisten Radio hören, ist das Auto. „Egal, ob auf dem Weg zur Arbeit oder nachhause, 30 Prozent der Amerikaner hören FM/AM Radio im Auto, weil wir eben eine autoaffine Gesellschaft haben“, sagt Rosin. Über die Hälfte der Befragten, nämlich 53 Prozent, hört Radio zuhause.
Am Ende seines Vortrages appelliert Rosin nochmals an die heimische Radiolandschaft: „Sie haben Zeit – um genau zu sein vier Jahre, um diese Entwicklungen zu Ihrem Vorteil zu nutzen. Die Strategie des Rundfunks sollte es sein, den Konsumenten dort anzutreffen, wo er sich auch bewegt.“