Editorial von Birgit Schaller, stellvertretende Chefredakteurin (HORIZONT 31/2014)
Die meisten Banner sind hässlich und nervig, befindet Nicolas Clasen (Autor von „Der digitale Tsunami“) in einem lesenswerten Streitgespräch im deutschen Wirtschaftsmagazin brand eins. Seit jeher steht Werbung, und Onlinewerbung im Besonderen, im Kreuzfeuer der Kritik. Letzere sei besonders aufdringlich, ständig blinkt es, sie stört bei der Rezeption von Texten und dem Ansehen von Videos, irritiert, ist lästig. Der Nutzer fühlt sich von diversen Formaten regelrecht verfolgt. Beliebt ist Werbung im Netz wirklich nicht.
So mag es wohl sein, aber es gibt trotz allem positive Entwicklungen. Beim Durchforsten des Webs fällt auf, wie nebenbei Onlinewerbung inzwischen existiert, ähnlich wie im Fernsehen oder beim Lesen einer Zeitung, ganz vieles läuft unbewusst (und die Botschaft bleibt trotzdem hängen, wie wir wissen!). Großes Plus: Manches lässt sich sogar wegklicken. Außerdem, die superlästigen Werbeformate, die die erste werbliche Lebensphase im Web prägten, sind nur mehr selten zu finden. Der Pop-up-Banner, der lautstark die Sicht verstellt, schreit dem User in voller Größe meist nur auf dubiosen Portalen entgegen.
Die Web-Werbewelt erscheint geordneter – oben Banner, rechts Banner. Das ist eine klare Struktur, die nahezu auf allen Websites gilt. Früher verdeckten die Fahnen Websites in sämtlichen Größen und überlappend. Formatvielfalt und technische Herausforderung bleiben aber in der sich wandelnden digitalen Welt bestehen. Stichwort Mobile oder die Bespielung von Tablets: Sie bereitet nach wie vor Kopfzerbrechen.
Zum Thema „Werbung darf nicht hämmern, sondern muss verführen“: Ich finde, insbesondere großformatige Displaywerbung mit Imagekomponente kommt mitunter adrett daher – jedenfalls nicht weniger attraktiv als ihre Mitstreiter in klassischen Medien.
Was aber Unbehagen bereitet, sind die hüpfenden kleinformatigen Anzeigen, die individuell auf das Surfverhalten der jeweiligen IP-Adresse zugeschnitten sind und dem User hinterherlaufen. Die mit Flugangeboten zu Destinationen locken, die man schon vor sechs Monaten besucht hat. Das erinnert an das Dialogmarketing von vor 25 Jahren, als der Hausbesitzer mit Garten mit Mailings von Swimmingpool-Sonderangeboten zugespammt wurde.
Da erscheinen mir die blinkenden Störenfriede, die ein bisschen überdimensional, aber nicht individualisiert daherkommen und mir die vermeintlichen Wünsche von den Augen ablesen wollen reizvoller. Wenn sich dann noch etwas mehr Kreativität und Witz in der Gestaltung bemerkbar machen, dann ist mir das allemal sympathischer als die ultraklugen, auf mich abgestimmten, mit mir interagieren wollenden Geheimwaffen im Netz.