New Economy - New Jobs
 

New Economy - New Jobs

Auf Grund der Dynamik der New Economy ergeben sich ständig neue Berufsbilder: Der universelle Internet-Fuzzi der früheren 90er Jahre hat ausgedient, gesucht sind Online-Redakteure, Content-Broker, E-Commerce-Application-Developper oder Projektmanager. trend/Bestseller begab sich auf die Suche nach den Jobs von morgen.

Die New Economy ist die Job-Maschine schlechthin: Laut einer Schätzung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur werden bis 2002 allein in Österreich rund 30.000 neue Stellen in den so genannten neuen Berufsfeldern geschaffen werden. Und bis zum Jahr 2010 - so prognostiziert Arthur D. Little - werden im Bereich Neue Medien und Informationstechnologien weltweit 1,5 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen. Die Dynamik der New Economy lässt sich aber nicht nur an der rasant steigenden Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften ablesen, sondern auch daran, dass auf Grund der Evolution des Marktes unentwegt neue Berufsbilder geschaffen werden. Woche für Woche sieht man sich in den Stellenanzeigen der Tageszeitungen mit Berufsbezeichnungen konfrontiert, mit denen man vor kurzem noch nichts anzufangen wussten: Oder können Sie ad hoc erklären, welche Qualifikationen ein E-Commerce-Application-Developper mitbringen sollte, welche Agenden ein Conceptioner innehat, was Usability-Designer konkret bedeutet und welchen Arbeitsalltag ein technischer Projektmanagern im Bereich New Media zu erwarten hat? Eben. Dass immer neue Berufsfelder und -bilder entstehen, ist bei näherer Betrachtung der bisherigen Entwicklung der New Economy wenig verwunderlich: Als sich die Neuen Medien, und da vor allem das Internet, als neues Kommunikationsmedium zu etablieren begannen, waren in erster Linie universell einsetzbare Internet-Fuzzis gefragt: Damals, als nicht die E-Commerce-Applikationen oder der ständig upgedatete Inhalt einer Webpage das Wichtigste war, sondern der Umstand, dass man überhaupt über einen eigenen Auftritt im World Wide Web verfügt, waren vor allem Screendesigner gefragt, die für eine optisch ansprechende Lösung oder eine animierte Flash-Intro sorgen sollten. Als dann das Potenzial des Internet als virtueller Handelsplatz langsam erkannt wurde, holten sich die wie Schwammerln aus dem Boden schießenden New-Media-Agenturen immer mehr E-Commerce-Spezialisten an Bord, die sich um die Optimierung der Vertriebsschiene Internet in all ihren Facetten - von der Bestellung über die Logistik bis zur Zahlungsabwicklung - kümmerten. Und nun, da der User nur dann immer wieder auf eine Site zurückkehrt, wenn auch die Inhalte ständig aktualisiert werden, sind auch Content-Lieferanten gefragte Zeitgenossen.





Verfeinerung der Berufsbilder


Maurizio Berlini, Geschäftsführer der Multimedia-Agentur Kabel New Media Wien, ortet den größten Mangel an Fachkräften im Bereich Neue Medien bei den Programmierern: "Webdevelopper, Application-Developper und auch technische Projektmanager sind jetzt schon sehr gefragt. Und die Nachfrage wird noch weiter steigen." Gerade technische Projektmanagern, die sowohl das technische Wissen als auch die Fähigkeiten, ein Team zu führen, Budgets zu verwalten und ein Projekt von A bis Z durchzuziehen, mitbringen und darüber hinaus auch im Kundenkontakt geschult sind, seien kaum zu finden: "Und wenn man jemanden findet, dann ist der so teuer, dass man den einfach nicht bezahlen kann." Die unmittelbare Zukunft wird eine weitere "Verfeinerung bestehender Jobs" mit sich bringen: "Vor allem im technischen Bereich wird es Spezialisten für einzelne Teilbereiche geben." Ein weiteres Berufsbild sind für Berlini New Business Developper, die langfristige Kundenbeziehungen aufbauen: "Das werden keine Keiler im klassischen Sinn sein, sondern Menschen mit Gespür für das Geschäft, für die jeweilige Branche, in der sich Kunden bewegen und für die möglichen Bedürfnisse von potenziellen Kunden." Weiters glaubt Berlini, dass sich ganz neue Betätigungsfelder im Bereich Online-Research eröffnen werden: "Das Internet birgt eine Menge Daten, die durch ständiges Monitoring aufgearbeitet werden müssen, und da wird der Online-Researcher immer wichtiger."



Abkehr von Selbstdarstellern


Andreas Philipp, Geschäftsführer der New-Media-Agentur Planetcom, einer Tochter der Werbeagentur Austria 3/TBWA, glaubt, dass im Teilbereich Neue Medien/Internet "zunehmend Fachkräfte gefragt sein werden, die neben technischer Brillanz vor allem über das nötige Verständnis für Zielgruppen verfügen." Schließlich gehe es gerade bei Internetauftritten "um echte Kundennutzen-Orientierung ohne technikverliebte Selbstdarstellung." Gerade deshalb werde der Bedarf an "Kommunikationsprofis, die unabhängig von den neuen Kommunikationskanälen das gesamte Spektrum der Kommunikation beherrschen, den Kunden im Auge haben und dadurch echten Nutzen generieren", noch stärker wachsen als bisher. Dass auch Content-Lieferanten für die Abermillionen an Webpageanbietern immer wichtiger werden, davon ist auch Philipp überzeugt: "Sinnvoller Content ist (fast) alles! Dort wo sich Webpageanbieter eine begründete Bereicherung - sowohl ideell, als auch kommerziell - erwarten, werden sie sich hinwenden." Als grundsätzliche Basis für den Einstieg in die Berufsfelder der New Economy erachtet Philipp ein "fachlich-technisches Grundverständnis", gepaart mit "einem Fingerspitzengefühl für die Zielgruppen, für die man arbeitet: "Und die Erkenntnis, dass nicht alles, was technisch machbar ist, auch sinnvoll ist."





Nachfrage höher als Angebot


Dass Flexibilität und Kreativität die Kerneigenschaften zukünftig erfolgreicher Bewerber sind, davon ist auch Peter Eblinger von der auf Informationstechnologie spezialisierten Personalberatung Eblinger & Partner überzeugt. "Die inhaltliche Gestaltung der Multimediaauftritte wird immer wichtiger, und damit auch das neue Berufsbild des Content-Managers." Die Nachfrage am Arbeitsmarkt sei wesentlich höher als das Angebot, was laut Eblinger zu Abwerbekämpfen innerhalb der Branche führt. "Aber selbst dann bleibt ein Mitarbeiter oft nur für sechs Monate - in diesem heiß umkämpften Markt kann sich der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber aussuchen." Die bei anderen Jobs so selbstverständlich verlangten Zusatzqualifikationen wie Flexibilität, Belastbarkeit oder Teamfähigkeit dürfe man in so einem Markt gar nicht erst verlangen, "sonst bekommt man gar niemanden. Das Hauptaugenmerk liegt derzeit auf der fachlichen Kompetenz, nicht auf den Soft Skills." Diese fachliche Kompetenz ist für Eblinger auch beim Aufbau von Teams von großer Bedeutung: "Die Älteren akzeptieren durchaus, dass sie von jüngeren etwas lernen können. Die fachliche Kompetenz setzt sich hier eindeutig durch", so Eblinger - auch wenn die soziale Kompetenz oft noch eine Schwachstelle der Jungmanager sei.



rasch für die Praxis lernen


Peter Pendl von der Personalberatung Pendl & Piswanger ortet derzeit eine Aufsplittung der nachgefragten Fachkräfte in zwei Teilbereiche, nämlich "einerseits die Webdesigner, die die Webpages optisch und technisch gestalten, und andererseits die Online-Redakteure, die für die Abstimmung des Projekts, den Transport der Inhalte, inhaltliche Gestaltung und Marketingaspekte zuständig sind." Aus Pendls Sicht werden vor allem jene Fachkräfte die größten Chancen im E-Commerce haben, die technisches Wissen mit Marketing verbinden können. Erfahrung sei bei den Jobsuchenden im E-Commerce nicht das Maß aller Dinge: "Leute mit Erfahrung gibt es kaum", so Pendl, auch wenn Soft Skills wie Kommunikationsfähigkeit und die Offenheit für Kontakte und Meinungen erwünscht seien. "Zuhören, Ideen wirklich aufgreifen und die Bereitschaft - vor allem als junger Mensch -, die eigenen Ideen zu modifizieren, sind ganz wichtige Voraussetzungen." Denn: "Ein vernünftiger Kompromiss ist oft die bessere Lösung." Dass im E-Business oft sehr junge Menschen Führungspositione bekleiden, sieht Pendl "als Herausforderung" für die älteren Semester.





Human Resources wahre Assets


Eine spannende Entwicklung weg von der Technologie, hin zum Content nimmt auch Herbert Mayrhofer, Geschäftsführer beim Online-Portal lion.cc, wahr. "Content ist das wesentliche Bindungsglied zum Kunden, die Technologie dahinter hat mehr eine Dienstleisterfunktion." Unddas ist für Mayrhofer aber nicht "das Eins-zu-eins-Übertragen von Zeitungs- oder TV-Inhalten auf das Netz." Man müsse sich vielmehr auf die Interaktivität des Internet einstellen: "Es geht um Response, um Chatten, um den permanenten Dialog mit dem User", ist Mayrhofer von der derzeitigen Umbruchphase fasziniert. Ein erfolgreiches und wichtiges Zukunftsberufsbild sieht er im "Content-Schöpfer", also jemand, der eine "Technikahnung" habe, aber auch wisse, wie er zu neuen und relevanten Inhalten komme, und der mit Ideen kreativ umgehen kann. Freilich gibt es diese "Wunderwuzzis" noch nicht am Arbeitsmarkt. Bei lion.cc versucht man daher, mittels Inhouse-Schulungen und dem Aufbau von Teams, in dem unterschiedliche Skills vorhanden seien, dem Wunschbild des Content-Schöpfers immer näher zu kommen. Die Teammitglieder kommen entweder aus einem technologielastigen Beruf oder aus dem journalistischen Bereich. Die besten Zukunftschancen haben laut Mayrhofer jene Mitarbeiter, die es schaffen, vernetzt zu denken: "Es geht um ein generelles Technologiewissen, es geht darum zu erfassen, was der User will, und darum, was gerade spannender Content sein könnte." Aus diesen Zutaten müssten dann innovative Konzepte entstehen und rasch umgesetzt werden. Dem Humanpotential misst Mayhrhofer für die Zukunft enorme Bedeutung bei. "Die wahren Assets in den Unternehmen sind die Human Resources. Sie werden noch viel wichtiger als früher", ist er überzeugt und nennt Dialog- und Teamfähigkeit sowie den Willen zum Lernen als wichtigste Soft Skills.




Web-Moderatoren als Vermittler


Eugen A. Russ, Chef des Vorarlberger Medienhauses, ist davon überzeugt, dass im Internet-Business "auch in Zukunft immer der Nutzen eines Angebots im Vordergrund stehen wird". Daher werden sich "überall dort, wo Nutzen gestiftet werden kann", also sowohl im Content-Bereich als auch in der technischen Umsetzung, neue Betätigungsfelder ergeben: "Ich bin zum Beispiel überzeugt, dass sich im Content-Bereich der Job eines Web-Animateurs herausbilden wird: Das werden Online-Redakteure sein, die quasi als Moderatoren zwischen den Usern vermitteln und sie in Foren oder virtuellen Marktplätzen zusammenbringen." Damit werde dem Wunsch der Netsurfer nach mehr Interaktivität im WWW Rechnung getragen. Und auch Technologien wie W@P und UTMS würden viele neue Jobs mit sich bringen: "Auf Grund der Entwicklung der Neuen Medien entstehen ständig neue und verfeinerte Berufsbilder: Beim 1995 gegründeten Provider Teleport begannen wir mit drei Mitarbeitern, heute sind es 100 Mitarbeiter: Klar, dass sich da eine andere Art der Arbeitsteilung ergibt." (ck, max)




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