Miriam Meckel auf den Medientagen: Warum die ...
 

Miriam Meckel auf den Medientagen: Warum die Filterbubble gefährlich ist

Johannes Brunnbauer
Medientage 2016 Tag1 am WU Campus, am 20.09.2016 | (c) Medientage/Brunnbauer
Medientage 2016 Tag1 am WU Campus, am 20.09.2016 | (c) Medientage/Brunnbauer

Die Chefredakteurin der "WirtschaftsWoche" hat die 23. Österreichischen Medientage mit ihrer Keynote eröffnet.

Die Österreichischen Medientage sind eröffnet. Nach der Begrüßung durch Manstein-Aufsichtsratschef Hans Jörgen Manstein und Geschäftsführer Oliver Stribl hielt Miriam Meckel, Chefredakteurin der "WirtschaftsWoche" ihre Keynote zum Thema "Freie Radikale. Das Internet, der Marktplatz der Ideen und der neue Kampf um die Wahrheit". 

Ihren Vortrag begann Meckel mit Microsofts Chatbot Tay. Dieser wurde Anfang des Jahres gelauncht und sollte ein Paradebeispiel in Sachen Kommunikation werden, in "Diskussionen" mit den Usern sollte er immer schlauer werden. Nach nur 24 Stunden wurde aus Tay ein rassistischer und sexistischer Nazi-Verherrlicher, Microsoft drehte den Bot daraufhin ab. Dieses Beispiel zeige sehr gut, so Meckel, in welcher Zeit wir leben. Auf einem vermeintlich freien Markt der Meinungen scheine es bisweilen so, als würden radikalisierte Meinungen in der Überzahl sein. Einen radikalen Satz im Netz zu posten, werde immer unverbindlicher, so Meckel. "Diese Dynamik sollte uns zum Nachdenken bringen."

Vernünftige Diskussionen seien in Sozialen Netzwerken kaum mehr möglich, sagt die Chefredakteurin der "WirtschaftsWoche". Kommt in einer Diskussion ein Gegenargument, werde sofort über Verschwörungstheorien gesprochen und das Argument damit abgetan. "Das ist tödlich für die demokratische Auseinandersetzung", sagt Meckel. Die User würden sich nur noch in ihrer eigenen Filterblase aufhalten und ihre eigenen Meinungen damit verstärken. "Dem Gegenargument kann damit leicht ausgewichen werden."

Einzelne Meinungen haben es schwer

Dass das Internet grundsätzlich ein offener und freier Markt ist, und sich damit auch theoretisch jeder User eine freie Meinung aus vielen Quellen bilden kann, hört sich nur in der Theorie schön an, sagt Meckel. "Fakt ist, dass das Gegenteil geschieht. Lässt man einer kontroversen Auseinandersetzung freien Lauf, dauert es nicht lange, bis ein Nazi-Spruch kommt." Das liege am Internet ansich: Das basiere auf Algorithmen, das ähnliche Inhalte sortiere und an die User zurückspiele - die User scheinen es nicht mehr gewohnt zu sein, auch andere Meinungen als die ihre zu hören. Hinzu kommt die Masse. "Im Internet wird die Masse immer bevorzugt", sagt Meckel. Einzelne Meinungen hätten es schwer, gehört zu werden. Im Netz herrsche daher eine "Bestätigungsverzerrung". 

Beim Thema Masse hinzu kommt auch noch das Thema Fake-Traffic durch Bots, so Meckel. Fake Follower seien billig zu kaufen, Hacker würden diese zu ganzen Netzwerken zusammenbauen. "Diese können dann ganze Demokratien hacken." Durch die Verstärkung dieser Bots sehe es dann manchmal so aus, als würden gewisse Positionen eine Mehrheit in der Bevölkerung haben - das sei aber gar nicht so. Die eigentliche Mehrheitsmeinung gehe dadurch aber unter. 

Traditionelle Medien haben keine Bestandsgarantie

Meckel kommt zu dem Schluss: "Die Filterbubble fördert den kurzsichtigen Blick der User." Wer einmal im Schützengraben seiner eigenen Meinung liege, lasse sich ungern von anderen Meinungen attackieren. Die Journalisten müssten sich mit dem Thema beschäftigen, das ständige Argument der "Lügenpresse" dürfe nicht totgeschwiegen werden, warnt Meckel. Wenn man das mache, werde man angreifbar. Man könne heutzutage außerdem nicht mehr davon ausgehen, dass die Mehrheit der Menschen traditionelle Medien als unabdingbar für die Demokratie hält. Das sei aber auch gut so, sagt Meckel: "Denn wer sich zu sicher wird, wird faul."
stats