Influencer: Mehr Hype als Effekt?
 

Influencer: Mehr Hype als Effekt?

Ian Ehm

Leitartikel von Marlene Auer, Chefredakteurin.

Von YouTube über Instagram bis Snapchat: Influencer sind zum fixen Bestandteil im Mediamix großer Unternehmen avanciert. Sie zeigen Einblicke in ihren persönlichen Alltag, promoten Produkte – und Marketingchefs bezahlen für die Präsenz. Eine Erhebung der Plattform influence.co unter 500 internationalen Influencern zeigt: Der Tarif pro Sponsored Post liegt je nach Branche im Schnitt zwischen 200 und 400 Dollar. Einzelne Influencer sollen gar einige Tausend Dollar pro Post oder Platzierung verlangen und auch bekommen.

Das Problem: Nicht alle Views und Follower sind zwingend authentisch. Frauds werden von Onlinevideoplattformen nicht gesondert erhoben und aussortiert. Zudem entwickelt sich ein neuer Markt für Click-Jobs. Agenturen weisen in bezahltem Auftrag ihre (meist freiberuflichen) Mitarbeiter an, bestimmte Onlineinhalte abzurufen, um die View­zahlen, das Rating und die Verweildauer zu steigern. Werbekunden zahlen umso mehr, je größere Reichweiten Influencer erzielen. Belegbare, echte Reichweite ist das aber nicht.

Influencer sind zudem gezwungen, ihre Kanäle ständig mit neuen Inhalten zu füttern. Tun sie das nicht, straft sie der Algorithmus. Sie werden schlechter gereiht, und weniger häufig aufgerufen. Eine Abwärtsspirale in Sachen Reichweite. Und ein Risiko – auch für den Werbetreibenden.

Trotz all dieser Aspekte fährt die Werbebranche auf den neuen Kanal ab. Rund 70 Prozent der Marketingchefs sehen laut Prognosen für dieses Jahr ein Budget für den Influencer-Markt vor. Das Investment in diese Kanäle mag eine – durchaus gelungene – Ergänzung zu klassischer Werbung sein. Die höchsten Reichweiten werden aber immer noch klassisch generiert. Werbung ist kein Individualtool, sondern Massenbotschaft.

Wandern immer größere Teile des Budgets in Onlinewerbung wie Influencer Marketing oder Native Ads, droht ein Dilemma für die Marken und ein Schaden für den Medienstandort Österreich. Es unterbricht die Wertschöpfungskette und riskiert die Medienvielfalt. Um Werbung effizient schalten zu können braucht es reichweitenstarke Trägerprodukte wie Print, TV, Radio. Eine Balance zwischen Budget und Effekt ist dabei essenziell. Es gilt zudem zu erkennen, welcher Kanal für welches Produkt in welcher Kampagnenstufe Sinn macht. Dann können alle davon profitieren – Medienschaffende, Influencer, Marketingchefs und Konsumenten.
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