Das Schweizer Medienunternehmen macht Ernst mit der Paywall. Denn: Anzeigen wandern immer stärker in den Onlinebereich ab
Der Schweizer Medienkonzern Tamedia hat im vergangenen Jahr 15 Prozent weniger verdient als im Jahr zuvor. Trotzdem ist die Konzernspitze mit dem Gewinn von 152 Mio. Franken (124,37 Mio. Euro) zufrieden. Sorgen bereitet ihr dagegen, dass immer mehr Menschen News auf mobilen Geräten lesen.Verwaltungsratspräsident Pietro Supino sprach am Donnerstag vor den Medien in Zürich von einem "anspruchsvollen Geschäftsjahr". Trotz des Rückgangs sei das Unternehmen stolz: „Mit einem Ergebnis von 152 Mio. Franken und einer Marge von 14 Prozent war 2012 auch finanziell ein gutes Jahr für uns."
Das Betriebsergebnis vor Steuern (Ebit) beträgt 143 Mio. Franken und liegt damit 20,9 Prozent tiefer als 2011. Der Umsatz sank um 5,8 Prozent auf 1,052 Mrd. Franken. Allerdings hatte Tamedia vor einem Jahr mit 178,8 Mio. Franken das beste Jahresergebnis in der Firmengeschichte vorgelegt.Die Aktionäre sollen eine Dividende von 4.50 Franken pro Aktie erhalten. Im Vorjahr waren noch 5.75 Franken ausgeschüttet worden.
Als Nachfolger von Martin Kall präsentierte Christoph Tonini erstmals in seiner Funktion als Unternehmenschef die Zahlen. Besonders stark schrumpfte der Umsatz bei den regionalen Zeitungen: um 11,6 Prozent. Hauptgrund ist der Werbeumsatz, der um 9 Prozent auf 484 Mio. Franken zurückging. Tonini nannte es eine „historische Marke", dass 2012 in der Schweiz erstmals weniger als die Hälfte (49 Prozent) der gesamten Werbeausgaben zu Printmedien flossen, dem Kerngeschäft des Unternehmens.
Paywall startet Ende des Jahres Da die Anzeigen ins Online abwandern, macht Tamedia 2013 Ernst mit der Paywall. Im Dezember wird zunächst für „Tages-Anzeiger" das Bezahlmodell eingeführt. Aufgrund der Erfahrungen mit dem Pilotprojekt folgen 2014 dann alle Regional- und Sonntagszeitungen: von der „Berner Zeitung" über das „Thuner Tagblatt" und die „Zürichsee-Zeitung" bis zu „24 heures" und der „SonntagsZeitung".
Laut Tonini soll für den "Tagi" das sogenannte Metered-Modell zur Anwendung kommen, wie es beispielsweise die "New York Times" oder die "NZZ" kennen: Die Bezahlschranke taucht erst nach einer gewissen Anzahl Artikel auf. Dieses Modell, das auf der Häufigkeit der Nutzung basiert, steht im Kontrast zum Premium-Modell, das beim Inhalt ansetzt und gewisse Artikel gratis, andere jedoch nur kostenpflichtig anbietet.
Die dritte Variante, die Hard-Paywall, kennt gar keine Gratistexte. Welches Modell zur Anwendung kommt, will Tamedia für jedes Medium einzeln prüfen. "20 Minuten online" hingegen bleibt gratis. Die Print- und Onlineredaktionen von "20 Minuten" und "Tages-Anzeiger" werden derzeit zu konvergenten Redaktionen zusammengeführt.
Printbereich weniger betroffen Als Baustelle erweist sich für Tamedia das Digitalgeschäft mit den Onlinemedien wie Newssites, Wohnungs- oder Jobplattformen. Dieser Bereich steigerte zwar den Umsatz leicht um 2,7 Prozent, das Betriebsergebnis vor Abschreibungen fiel jedoch um über 50 Prozent.
„Die große Enttäuschung 2012" im digitalen Geschäft ist für Tamedia-Chef Tonini die Vermarktung von Display-Anzeigen. Auf den 1. April wird deshalb der neue Geschäftsbereich Digital Advertising & Services geschaffen. Neben der klassischen Display-Werbung sollen neue Werbeangebote kreiert werden.
„Der Anteil am mobilen Traffic explodiert, und das ist unser Problem", sagte Tonini. Denn mit der mobilen Nutzung lassen sich derzeit noch kaum Einkünfte erzielen. Bei „20 Minuten online" machen die Zugriffe von mobilen Geräten wie Smartphones und Tablets bereits 60 Prozent der gesamten Onlinenutzung aus.
Weniger stark vom Rückgang betroffen als die regionalen Zeitungen und das Digitalgeschäft waren die nationalen Printtitel: Pendlerzeitungen, Wochenzeitungen und Zeitschriften. Der Umsatz ging hier um 6,3 Prozent zurück.
(apa/sda)