Jenseits des HORIZONT
YouTube veranstaltet – mit wachsendem Zulauf – seit einiger Zeit „Bootcamps“, Filmworkshops für Profis in seinem „Space“ daheim. Teilnehmer sind YouTube-Producer, die mehr als 10.000 Follower und mehr als 80.000 Abrufe haben. Es sind die Jungstars der YouTube-Clip- und Filmwelt. YouTube hat ein klares Ziel: Professionalisierung der Beiträge, Schärfung der Qualität. Die Zeiten des Wohnzimmer-Produzierens sind vorbei. Gesucht und ausgebildet werden „Creators“. Es zählen die professionellen Kriterien wie im TV oder Film, Dozenten kommen aus diesen Welten. Es gibt Kameras, Hightech-Schnittplätze, Trainings- und Drehbuchwettbewerbe mit Themenvorgaben. YouTube hat vor einiger Zeit schon begonnen, Übersicht in das Wirr-Warr der Millionen Clipshows und Features zu bringen und Themenkriterien – besser Channels – festgelegt. Die Bootcamps sind ausgebucht. Die Kriterien werden verschärft. Wer einige Channels regelmäßig beliefern will, muss Abonnentennachweise bringen. 10.000 Abonnenten, zukünftige Pay-Video-Kunden für Google?
Raffiniert, der kreative Ehrgeiz der Filmer wird geweckt, man fühlt sich wohl in Communitys, bekommt Themen zugewiesen. Und Google erweitert sein Angebot, ohne dass es was kostet. Weltweit neun Spaces gibt es bereits. Der Creator ist zugleich Datenlieferant – selbstverständlich werden die Profile der Filmemacher erfasst und allumfassend verfeinert. Er ist auch kostenloser Mitarbeiter am größtem Unterhaltungs- und Vocationalkonsortium der Welt. Die Monetarisierung obliegt ihm selbst: Buchverträge mit Dritten, Vertragspromotionen und Product-Placements, manche Youtuber sind heute schon Millionäre. Die meisten aber träumen Konventionelles: Einmal einen großen Film drehen, das Fernsehen erobern, oder gar den Film. Hollywood- und Los-Angeles-Studios schicken Beobachter, Netflix und versteckt auch Amazon. Was man früher usergetriebenen Content nannte, ist heute eine Form der prekären Sklaverei. Nichts kostet nichts.
In ein paar Monaten schon startet Google mit TV: Auf Free-TV- oder Pay-TV- mit Click-Basis. Das bringt Geld, aber auch Advertising-Einnahmen. Kostenloses Futter für die Suchmaschinen. Milliarden fließen von Unternehmen, sie alle wollen ins Product-Placement der größten Youtuber und deren Kultsendungen. Das Netz nährt sich fett an den eigenen Kids und diese opfern sich auf. Als Creatoren für Peanuts und auf eigenes Risiko. Mag sein, dass neues simples Wissen entsteht – eine neue Form der Schule, Universität und Ausbildungsästhetik. Der Staat verliert Kontrolle und Streuungsmöglichkeiten im westlichen Zukunftsressort: In der Bildung, Ausbildung und Wissensdiskussionsstreuung. Das macht ein Algorithmus bei Google und dessen Tochter YouTube. Facebook macht Ähnliches. Und die Werbewirtschaft atmet auf: Endlich ein direkter Channel mit subtilen Markenbotschaften.
Alles organisiert sich das Web selbst. Das ist Industrie 4.0.