FH-App sorgt für Furore
 

FH-App sorgt für Furore

Katarina Balgavy
An die Kommerzialisierung ihrer Arbeit denken die App-Macher nicht, dafür aber an die kommenden Herausforderungen des „Internet of Things“.
An die Kommerzialisierung ihrer Arbeit denken die App-Macher nicht, dafür aber an die kommenden Herausforderungen des „Internet of Things“.

Eine App, die als Projekt der FH St. Pölten begonnen hat, schlägt nach ihrem Launch Ende März inzwischen weltweit Wellen: ‚SoniControl‘ ist die erste Möglichkeit, sich gegen Ultraschall-Tracking zu wehren.

Dieser Artikel ist zuerst in Ausgabe Nr.20/2018 des HORIZONT erschienen. Noch kein Abo? Hier klicken!

Schon Mitte April, und damit nur drei Wochen nach dem Launch von SoniControl, war die App der Fachhochschule St. Pölten bereits auf sechs Kontinenten vertreten, und seither haben die Downloadzahlen immer noch weiter zugenommen – obwohl die App auf den ersten Blick etwas für „Nerds“ ist: SoniControl erkennt Ultraschallsignale und ermöglicht App-Usern, diese zu blockieren. Auf den zweiten Blick ist das alles andere als „nerdig“, sondern die weltweit erste wirksame Möglichkeit, sich vor Audio-Tracking zu schützen, dessen Anwendungsfälle – auch im Marketing – explosionsartig zunehmen: Mit der Technik werden „Audio Cookies“ gesendet, die durch ihre Ultraschall-Frequenzen für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbar sind, für das Handy-Mikrophon allerdings sehr wohl – auch wenn die meisten Handybesitzer gar nichts davon mitbekommen. Die Technik wird etwa von Google Nearby genützt. Meistens ist sie aber in den Apps anderer Anbieter verbaut. Eine Studie der TU Darmstadt etwa suchte letztes Jahr nach entsprechenden Codes nur eines einzigen Anbieters von Ultraschall-Beacons und wurde gleich in 234 verschiedenen Android-Apps fündig, darunter etwa jener der Fast-Food-Kette McDonald’s. Zwei Jahre davor waren es nur 39 Apps gewesen.

‚Menschen Kontrolle geben‘

Die rasant zunehmende Verwendung von Audio Cookies ergab die ideale Problemstellung für die St. Pöltner FH und die Gruppe um Projektleiter Matthias Zeppelzauer: Es galt nicht nur, die App zu schreiben und die Unterscheidung von erwünschten und unerwünschten Audio Cookies zu ermöglichen, sondern davor noch die Audio-Muster der Cookies auszuwerten, um sie von anderen Ultraschallsignalen zu unterscheiden. Und schließlich musste ein Weg gefunden werden, um das Ultraschalltracking zu blockieren, ohne die Funktionen der Smartphones zu beeinträchtigen, denn der Verzicht auf Spracheingabe war bisher der einzige Weg, um dem Audio-Tracking zu entgehen: Wer einer App die Nutzung des Mikrophons – etwa für Spracheingabe – erlaubt, gestattet damit die Nutzung des Mikrophons per se, und damit auch für Audiotracking. SoniControl löst dieses Problem dadurch, dass es das Handy zu einem „Störsender“ in eigener Sache mit frei wählbaren Parametern macht, und damit die Funktionen von Apps weiterhin in vollem Umfang nutzbar macht.

Zeppelzauer spricht nur von einem „ersten Ansatz, Menschen die Kontrolle über diese Art des Trackings zu geben“. Die App hat den Realitätscheck allerdings mit Bravour bestanden, wie User-Bewertungen bezeugen. Als Kinderkrankheit zeigte sich anfangs eine starke Belastung der Akku-Kapazität, was jedoch durch ein Update behoben wurde.

An die Kommerzialisierung ihrer Arbeit denkt die FH-Gruppe, der neben Zeppelzauer auch Peter Kopciak, Kevin Pirner, Alexis Ringot und Florian Taurer angehören, nicht: Die App ist gratis, der Source Code steht zudem auf der SoniControl-Website zur Verfügung. Stattdessen blicken die App-Macher schon voraus, denn das „Internet of Things“ wird noch weit mehr auf Ultraschallsignalen fußen als derzeit überhaupt vorstellbar ist – und soll in einem fortentwickelten SoniControl von Anfang an einen aufmerksamen Wächter bekommen. 

stats