Gastbeitrag von Stefan Kaltenbrunner, Chefredakteur von kurier.at
Dieser Gastbeitrag erschien bereits in der bestseller-Ausgabe Nr. 3/2016 vom 23. Juni. Hier geht's zum Abo.
Wahrscheinlich ist es einer der größten strategischen Fehler, den Medien in ihrer Geschichte je begangen haben. Manche bezeichnen es sogar als eine Art peccatum originale, also als Erbsünde, dass man der Ansicht war, Inhalte im Internet herschenken zu können und dass sich das in irgendeiner Form irgendwie und irgendwann refinanzieren ließe. Nur wenige Onlinepublikationen sind derzeit in der Lage, ihr journalistisches Angebot alleine über Werbung refinanzieren zu können. Ist Paid Content deshalb die Lösung? Derzeit eher nein. Die Bereitschaft, für journalistische Inhalte online zu bezahlen, hält sich noch immer in überschaubaren Grenzen.
Warum auch, Konsumenten wurden jahrelange dahingehend erzogen, dass alles im Web kostenlos verfügbar ist. Laut dem aktuellen Reuters Institute Digital News Report 2016 haben im vergangenen Jahr nur rund sieben Prozent der österreichischen Internetnutzer für journalistische Onlineinhalte bezahlt. Damit liegt Österreich weltweit im hinteren Drittel. Größere Medien haben zwar allesamt Konzepte für eine Bezahlschranke in ihren Schubladen, aber solange mit orf.at der größte digitale Anbieter seine Inhalte gesetzlich verordnet gratis ins Netz stellen darf (oder muss), wird man mit eigenen Paid-Content-Modellen nur sehr schwer reüssieren.
Es müsste einen nationalen medialen Schulterschluss geben, um hier eine vernünftige gemeinsame Lösung zu finden. Der dürfte so schnell nicht realisierbar sein. Paid Content ist aber noch lange nicht vom Tisch. Lösungsansätze sind komplett neue und zusätzliche digitale Angebote, die sich vom Online-Mainstream unterscheiden und für klar definierte Zielgruppen angeboten werden. Qualitativ hochwertiger Content, der unterscheidbar und einzigartig ist. Das könnten erste Gehversuche sein, die mehr und mehr ausgebaut werden und auch dazu dienen, den klassischen Onlinekonsumenten dahin zu lenken, dass Inhalte im Web auf Dauer nicht mehr kostenlos sein werden. Etwas anderes werden sich Medienhäuser auf Dauer nicht leisten können.
[Stefan Kaltenbrunner]