‚Daten werden uns heimsuchen‘
 

‚Daten werden uns heimsuchen‘

Thomas Jantzen
"IAA Business Communication Lunch", "Christoph Bornschein: ?Wer über Marken spricht, muss über Daten sprechen?." Auf Einladung von IAA-Präsident Richard Grasl sprach beim vierten IAA Business Communication Lunch des Jahres am Mittwoch, dem 30. September 2015, Christoph Bornschein, Gründer und Geschäftsführer der Agentur für Internet und Onlinemedien, digitale Kommunikation, Social Media und digitale Transformation "Torben, Lucie und die gelbe Gefahr". In einer Zeit der völligen Digitalisierung ist alles messbar, erfassbar und personalisierbar. Gleichzeitig erwarten Kunden aber eine immer stärkere persönliche Ansprache - auch in der Massenkommunikation. Marken, denen es gelingt, ihre digitalen Daten für den Aufbau eines neuen Kommunikationsstandards und zur strategischen Markenführung zu nutzen, profitieren. Es gilt also, die Möglichkeiten digitaler Kommunikation mit individuellen Bedürfnissen zu koppeln. Wie das funktionieren kann, erläuterte Christoph Bornschein in seinem Vortrag. "Wer heute über Marken spricht, muss über Daten sprechen", so Bornschein. "Diejenigen, die die Informationen auf Datenbasis nicht nutzen, werden im Nachteil sein gegenüber jenen Unternehmen, die dies tun. Marken müssen sich den digitalen Bedürfnissen ihrer Kunden anpassen. Nur mit Hilfe von Daten gewinnen Marken wieder die Kontrolle über ihre Produkte zurück. Das betrifft ebenfalls die Kommunikation: Diese muss im Jetzt passieren, und zwar dort, wo die Menschen schon sind." Christoph Bornschein (*1983) ist Gründer und Geschäftsführer der Agentur für digitale Transformation "Torben, Lucie und die gelbe Gefahr", die er 2008 mit zwei Partnern gegründet hat. Heute ist TLGG 100 Mitarbeiter stark und zweifacher Träger des Titels "Agentur des Jahres" des Deutschen Preises für Onlinekommunikation. Ehe er mit TLGG durchstartete war Christoph Bornschein zwei Jahre im Online Marketing Management der Frogster Interactive Pictures AG beschäftigt. Beim Business Communication Lunch nahmen unter anderem teil: IAA-Präsident Richard Grasl, IAA-Vizepräsident Rudi Kobza, LoweGGK, Maurizio Berlini, Goldbach, Jürgen Columbini, Unique, Jörg Fessler, Fessler Werbeagentur, Michaela Huber, OMV, Antonia Tritthart, JVM, Karin Exner-Wöhrer, SAG, Leo Exner und IAA-Executive Director Raphaela Vallon-Sattler.Im Bild: Christoph Bornschein - Veroeffentlichung fuer Pressezwecke honorarfrei ausschliesslich fuer die redaktionelle Berichterstattung in Zusammenhang mit Sendungen oder Veranstaltungen des ORF. Foto: ORF/Thomas Jantzen. Andere Verwendung honorarpflichtig und nur nach schriftlicher Genehmigung der ORF-Fotoredaktion. Copyright: ORF, Wuerzburggasse 30, A-1136 Wien, Tel. +43-(0)1-87878-13606
"IAA Business Communication Lunch", "Christoph Bornschein: ?Wer über Marken spricht, muss über Daten sprechen?." Auf Einladung von IAA-Präsident Richard Grasl sprach beim vierten IAA Business Communication Lunch des Jahres am Mittwoch, dem 30. September 2015, Christoph Bornschein, Gründer und Geschäftsführer der Agentur für Internet und Onlinemedien, digitale Kommunikation, Social Media und digitale Transformation "Torben, Lucie und die gelbe Gefahr". In einer Zeit der völligen Digitalisierung ist alles messbar, erfassbar und personalisierbar. Gleichzeitig erwarten Kunden aber eine immer stärkere persönliche Ansprache - auch in der Massenkommunikation. Marken, denen es gelingt, ihre digitalen Daten für den Aufbau eines neuen Kommunikationsstandards und zur strategischen Markenführung zu nutzen, profitieren. Es gilt also, die Möglichkeiten digitaler Kommunikation mit individuellen Bedürfnissen zu koppeln. Wie das funktionieren kann, erläuterte Christoph Bornschein in seinem Vortrag. "Wer heute über Marken spricht, muss über Daten sprechen", so Bornschein. "Diejenigen, die die Informationen auf Datenbasis nicht nutzen, werden im Nachteil sein gegenüber jenen Unternehmen, die dies tun. Marken müssen sich den digitalen Bedürfnissen ihrer Kunden anpassen. Nur mit Hilfe von Daten gewinnen Marken wieder die Kontrolle über ihre Produkte zurück. Das betrifft ebenfalls die Kommunikation: Diese muss im Jetzt passieren, und zwar dort, wo die Menschen schon sind." Christoph Bornschein (*1983) ist Gründer und Geschäftsführer der Agentur für digitale Transformation "Torben, Lucie und die gelbe Gefahr", die er 2008 mit zwei Partnern gegründet hat. Heute ist TLGG 100 Mitarbeiter stark und zweifacher Träger des Titels "Agentur des Jahres" des Deutschen Preises für Onlinekommunikation. Ehe er mit TLGG durchstartete war Christoph Bornschein zwei Jahre im Online Marketing Management der Frogster Interactive Pictures AG beschäftigt. Beim Business Communication Lunch nahmen unter anderem teil: IAA-Präsident Richard Grasl, IAA-Vizepräsident Rudi Kobza, LoweGGK, Maurizio Berlini, Goldbach, Jürgen Columbini, Unique, Jörg Fessler, Fessler Werbeagentur, Michaela Huber, OMV, Antonia Tritthart, JVM, Karin Exner-Wöhrer, SAG, Leo Exner und IAA-Executive Director Raphaela Vallon-Sattler.Im Bild: Christoph Bornschein - Veroeffentlichung fuer Pressezwecke honorarfrei ausschliesslich fuer die redaktionelle Berichterstattung in Zusammenhang mit Sendungen oder Veranstaltungen des ORF. Foto: ORF/Thomas Jantzen. Andere Verwendung honorarpflichtig und nur nach schriftlicher Genehmigung der ORF-Fotoredaktion. Copyright: ORF, Wuerzburggasse 30, A-1136 Wien, Tel. +43-(0)1-87878-13606

Christoph Bornschein ist Mitgründer und Geschäftsführer der Berliner Agentur Torben, Lucie und die gelbe Gefahr. Er sprach beim IAA Business Lunch über den Segen, den Daten der Werbewirtschaft bringen und warum das Primat der Kreativität tot ist

Dieser Artikel erschien bereits am 9. Oktober in der HORIZONT-Printausgabe 41/2015. Hier geht's zur Abo-Bestellung.

Wuscheliges Haar, Brille, eine Rede in Superspeed – der Datenliebhaber Christoph Bornschein ist Mitgründer der Agentur mit dem schrägen Namen Torben, Lucie und die gelbe Gefahr (TLGG) und vereint damit alle Attribute eines Nerds, eines Nerds, der etwas zu sagen hat und dem man mit offenem Mund zuhört.

IAA-Präsident Richard Grasl und Rudi Kobza, Geschäftsführer der gleichnamigen Kommunikationsgruppe, luden Bornschein zum IAA Business Lunch ins Vestibül.

Agentur für digitale Transformation

TLGG wurde 2008 gegründet, war eine kleine Mediaagentur und ist heute eine Agentur für digitale Kommunikation und digitale Transformation mit mehr als 100 Mitarbeitern. Anfang des Jahres hat das Omnicom-Netzwerk die Agentur mit rund zehn Millionen Euro Jahresumsatz um einen nicht öffentlich kolportierten hohen Betrag zu 100 Prozent gekauft und seinem Rapp-Network (fokussiert auf CRM, E-Commerce, Curated Social Media, Gamification und Converged Mobile) als Digitalschmiede hinzugefügt.

Seither bewegt sich Bornschein, der inzwischen nur noch am Wochenende Zeit hat seine Mails abzuarbeiten, vermehrt auch außerhalb Europas. Ein witziges Statement des TLGG-Chefs auf der Homepage lautet folgendermaßen: „Mein Name ist ‚Torben‘, ich mache ein Geschäftsführungspraktikum im siebten Jahr. Ich berate, reise und hole dem Chef die Zigaretten.“ „Torbens“ Motto: „Nach vorne schauen, denken, fliegen, testen, vertrauen. Ich lerne, weiß und teile gern. Mein Sternzeichen ist Mett.“

In Wien war „Torbens“ aka ­Bornscheins Input dann durchaus konkret. „Wir sind ein Hybrid zwischen Agentur und Unternehmensberatung – ohne Anzug zu tragen“, so Bornschein. Der Titel ­seines Vortrags sei ihm im Taxi eingefallen: Was Marken mit Daten zu tun haben. Die Grundaussagen der rasanten Rede des TLGG-Geschäftsführers: Daten werden uns heimsuchen, die Datendiskussion gehe in die falsche Richtung, denn Europa müsse aufpassen nicht abgehängt zu werden – nicht nur in der Kommunikationsbranche, sondern auch in anderen Bereichen der Wirtschaft.

Bornschein, der mit TLGG auch dem deutschen Wirtschaftsminister einflüstert, sagt: Es werde nie wieder weniger Daten geben, denn alles passiert online und werde digitalisiert – Stichwort Smart City, neue Automobile und mehr.

Wer ist der größte Datensammler?

Und er räumt mit Vorurteilen auf: Nicht Google sei der Welt größter ­Datensammler, sondern die Retargeting Firma Criteo, die allen Usern Cookies verpasst. Egal, winkt Bornschein ab, er scheint es ein wenig leid zu sein den Aufklärer zu spielen. „Digital ersetzt analog und zwar überall: Spotify dominiert in der Musik, Facebook in der Kommunikation, Netflix im Fernsehen“.

Und, informiert er weiter, Netflix sei besonders spannend, da hier ganze Serien auf Basis von Daten entstehen: „‚House of Cards‘ gestaltete nicht nur die Handlung, sondern wählte auch die Hauptdarsteller nach einer detaillierten Datenanalyse aus. Da wurde analysiert, welcher Schauspieler besonders beliebt ist, wann der sogenannte ‚Suchtpunkt‘ der Zuseher stattfindet und welche Filme illegal gestreamt werden“, gibt Bornschein in die neue Datenwelt Einblick. Ein Bornschein-Fazit: das Primat der Kreatitivtät ist tot, nichts läuft mehr ohne Daten und Strategie.

Über die Identitätsplattform Facebook, die auf persönliche Daten von 1,8 Milliarden Profilen sitzt, will er nicht konkreter eingehen, was hier an neuen Geschäftsmodellen und dergleichen möglich werde, könne sich jeder ausmalen. So kann sich kein amerikanischer Verlag leisten ohne Facebook zu agieren, „denn von dort kommen 50 Prozent des Traffics“.

Nächstes Fazit: Die Homepage ist tot. Information komme bald nur noch personalisiert zum User. Weitere Zukunftsszenarien: Google hat Skybox Imaging gekauft, ein Unternehmen, das hochauflösende Satellitenbilder der Welt fotografiert. Ziel könnte etwa die Vorhersage der weltweiten Weizenernte sein, gibt Bornschein eine Idee, woran die großen Digitalunternehmen heute bereits arbeiten. YouTube arbeite an hochgestellten und tonlosen Videos, weil dies der User und die Situation, in der er Videos konsumiert, fordert.

Self-Driving Cars brächten mehr als ein neues Produkt aufgrund der umfassenden Datenanalysen in der Umgebung der Autos. Und im Deep Learning Lab von Google, so Bornschein, entstehen erste Computer, die bereits menschlich denken.

Eine weitere Herausforderung für Markenunternehmen: „Der Kampf um die Interfaces hat begonnen“. Stichwort Meta-Apps, das sind Apps, die Kunden das Leben erleichtern und zum Beispiel alle Versicherungsangebote zu einem Thema anbieten (egal welche Brand) und so Unternehmen den Zugang zum Kunden nehmen.

Dass Markenführung nur noch datenbasiert stattfindet, sei noch eine Illusion. „Schön wär’s“, lacht Bornschein, „die menschliche Anpassungsfähigkeit ist begrenzt, Organisationen und ihre Systeme, Strukturen und Prozesse verändern sich nur langsam“, ist er Realist. „Aber der Kunde treibt Unternehmen in eine technologiebasierte Zukunft, denn Unternehmen müssen kommunizieren, wo die Menschen sind. Wir erleben das ‚Internet of Now‘. Daran müssen sich Unternehmen anpassen, denn nur mit Daten gewinnen Marken wieder die Kontrolle, die ihnen das Internet genommen hat“.



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