Matthias Stöcher, Bereichsleiter Anzeigen Print und Online Der Standard, avisiert ein spektakuläres Vorhaben: Auch im Verkauf werden Standard-Print und Standard-Online als „One-Face-to-the-Customer“ antreten – eine Preisliste ab 2014 kommt am 1. Oktober.
HORIZONT: ...interessante entdeckerische Herangehensweise...?
Stöcher: (
selbst verblüfft) Ja. Wir sind nämlich in der Vergangenheit mit dem getrennt aufgestellt sein am Markt sehr gut gefahren und konnten uns nebeneinander sehr gut entwickeln, um zu der Größe zu kommen, die wir jetzt haben. Die beiden Produkte haben in der Vergangenheit schon ähnlich gleich stark zum Gewinn unserer Gruppe in nominalen Zahlen beigetragen.
HORIZONT: Heisst in konkreten Zahlen, auf Basis des Fidler´schen Medienhäuser-Ranking - da meldet die Standard Media AG einen Gesamtumsatz von 63,2 Millionen Euro für 2012 (nach 63,3 Millionen für 2011) und ein EGT von 142.000 Euro (nach dem EGT von 3,4 Milionen Euro wohl auch umzugsbedingt weniger). Für 2011 war die Umsatzzahl noch getrennt aufgeschlüsselt - Print 49,3 Millionen, Online 12,8 Millionen, das EGT für Print wurde mit 2,7 Millionen, für Online mit 3,1 Millionen angeben... . Für 2012 gab es nur eine Zahl, keine Einzelausweisung mehr... . Stöcher: Korrekt. Das Gemeinsame soll auch den Mitarbeitern gegenüber im Vordergrund stehen.
HORIZONT: Diese Trennung existiert also auch gesellschaftsrechtlich nicht mehr...? Stöcher: Wir haben im 1. Quartal 2013 die Grundsatzentscheidung getroffen, dass wir den rechtlichen Hüllen der Unternehmen dieses Hauses in der internen Form der Zusammenarbeit nicht mehr die Bedeutung geben wollen, die wir ihnen in der Vergangenheit gegeben haben.
Daher schaffen wir eine neue Organisationsform, die uns im Zusammenarbeiten in diesem Haus die besten Möglichkeiten gibt, auf die Veränderung am Markt flexibel zu reagieren, gewappnet zu sein und einen Schritt voraus zu sein. Was uns geholfen hat und uns auch zuversichtlich stimmt, dass das gut gehen wird ist, dass sich die bis dato bestehenden Organisationsformen auf Augenhöhe begegnen können.
Es geht nicht um Dominieren oder Übernehmen sondern darum, das Beste aus beiden bestehenden Welten in die neue Welt zu übernehmen. Diese Strategie haben wir auf Vorstands- und Geschäftsführungsebene entwickelt und in eine organisatorische Form gebracht (
siehe hier , Anm.hs).
Ziel dieser Matrix-Organisation ist, dass viel mehr in den Abteilungen vereinbart werden kann und weniger in den Vorstand hinaufgespielt werden muss. Warum? In der Vergangenheit haben wir durch die zwei rechtlich getrennten Firmen immer die Schwierigkeit gehabt, dass Fragen, die beide Bereiche betroffen haben, in den meisten Fällen bis ganz nach oben in den Vorstand gegangen sind. Das wollten wir los werden.
HORIZONT: Heisst an der Triade - Standard AG als Dach, Printbereich und Onlinebereich ändert sich nichts? Stöcher: Daran wird sich aller Voraussicht nach nichts ändern - die werden wir weiterhin für die Zuordnung der Kosten und Ergebnisse brauchen und verwenden.
HORIZONT: Nun sind die Vertragssituationen von sowohl kaufmännischen als auch insbesondere redaktionellen Mitarbeitern - Stichwort Kollektivvertrag - für eine Tageszeitung völlig anders geregelt als für ein nicht VÖZ-Mitglied wie derStandard.at, der unter welchem Gewerbeschein eigentlich läuft...? Stöcher: ... IT und EDV-Dienstleister.
HORIZONT: Ist der nunmehr vom Verlegerverband und der Journalistengewerkschaft abgenickte "Kollektivvertrag neu" für redaktionelle Mitarbeiter eine Voraussetzung für diese Organisationsform oder hätte die neue Struktur auch ohne diese "Revolution" stattfinden können? Stöcher: Sie hätte sicher auch ohne diese Neuerung geklappt, hätte uns aber im einzelnen das Leben deutlich schwieriger gemacht. Es war unserem Haus deshalb auch sehr wichtig, dass wir diese gemeinsamen Kollektivverträge bekommen.
Wir werden mit 1. Juli diese neuen Kollektivverträge über alle Mitarbeiter im Haus ausrollen, das wird auch zu einem neuen Personalmaximum führen, das die Standard AG beschäftigt (v
on 390 Mitarbeitern im Jahr 2012 auf neu 420 Personen, Anm. hs). Die sind dann alle in den neuen Kollektivverträgen - journalistisch und kaufmännisch - beschäftigt, egal, welches Ausgabemedium von dieser Person bedient wird.
Der neue Kollektivvertrag erleichtert vieles - aber organisatorisch hätten wir den Schritt der Zusammenlegung in jedem Fall vollzogen, das ist auch eine Notwendigkeit im Hinblick auf die Entwicklung der Märkte und unserer Kunden.
HORIZONT: Stichwort Kunden - also die Werbewirtschaft... Stöcher: Wenn ich mir aus Sicht der Anzeigen den Markt anschaue, so sind wir in Jahresgesprächen für 2013 sehr stark, noch stärker als schon 2012, von unseren Kunden konfrontiert worden: Bitte, macht uns ein Angebot!
Wir kaufen beim Haus Standard einmal ein und können uns am Anfang des Jahres nicht festlegen, in welches Medium das Geld gehen soll. Wir wollen mit der Zielgruppe Standard kommunizieren, wollen aber die Anteile des Budgets noch nicht exakt definieren. Bei solchen Terminen waren von uns Robert Beck und der jeweilige Key-Accounter aus dem Printbereich, ich und der jeweilige Key-Accounter aus dem Online-Team vor Ort und haben in der damaligen Struktur jeweils Angebote gelegt. Kompliziert! Denn wir haben Rabattprozentsätze für das Printvolumen, einen Zusatzprozentsatz, wenn das Printvolumen überschritten wird, und einen Prozentsatz für das Onlinevolumen und wieder einen anderen Satz, wenn das überschritten wird - und das Ganze wiederum verknüpft.
Eben kompliziert.
Dazu kam, dass der Printbetreuer und der Online-Betreuer, die denselben Kunden betreuen, durchaus unterschiedliche Ziele haben konnten und im Endeffekt auch Mitbewerber um das Mediengeld des Kunden waren. In der alten Struktur und am alten Standort bis Dezember 2012 sowieso war die Kommunikation zwischen Printverkäufer und Onlineverkäufer schon räumlich sehr schwer. Das räumliche Thema hat sich seit der Übersiedlung erledigt - wir sitzen zwei Meter nebeneinander entfernt.
Unsere Überlegung, Print- und Online in einer Verkäuferperson zu integrieren, ist aber auch durch die Entwicklung auf Kundenseite, besonders bei den Mediaagenturen, notwendig: Dort werden die digitalen Heads in die jeweiligen klassischen Teams integriert.
Daher wollen auch wir unsere Stärken ausspielen und das, was wir in beiden Welten entwickelt haben, gemeinsam ausspielen. Durch die Zusammenlegung können wir besser Angebote legen - jeder Mitarbeiter hat das gesamte Leistungsspektrum des Hauses in der Hand und kann es dem Kunden anbieten. Robert Beck und ich wollten bei der Entwicklung unserer neuen Struktur auf jeden Fall das Beste aus beiden Welten zusammenführen.
Wir sind in trauter Zweisamkeit zusammen gesessen und haben uns die ideale Verkaufsorganisation überlegt. Was uns dabei geleitet hat war der Grundgedanke, das Beste aus beiden Welten in die neue Welt zu retten. Wir haben weiters größtes Augenmerk darauf gelegt, dass es überall durchmischte Teams haben - wo ich einen Print-Teamleiter habe, muss unbedingt ein Online-Know-how-Träger dabei sein - und vice-versa. Weitere Grundprämisse: Ein Mitarbeiter soll jeweils den Kontakt zu einem Kunden in einer Branche haben - also ein striktes One-Face-to-the-Customer-Prinzip... .
HORIZONT: Printverkäufer lernen Online, Online-Verkäufer werden Print lernen? Stöcher: Es wir eine riesen Aufgabe für uns über den Sommer, in einem großen Schulungsprogramm unsere Mitarbeiter in der Anzeigenabteilung umfassend zu schulen. Wir haben eines der größten Schulungsprogramme, das wir je entwickelt haben, für den Sommer am Start.
HORIZONT: Das heisst: Ein Verkäufer verhandelt Print über Malstaffeln und Fünf Prozent Werbeabgabe oben drauf und gleichzeitig Run-Over-Pakete nach Click-Performance ohne Werbeabgabe...? Stöcher: Das wird uns über den Sommer hinweg noch sehr beschäftigen: Wir werden im kommenden Jahr 2014 mit einer Preisliste, mit einem Rabattsystem, mit einheitlichen Zahlungskonditionen in den Markt starten. Heute haben wir für Print und Online unterschiedliche Angebotswelten, vom Rabattsystem bis zu den Zahlungskonditionen - und die wollen wir harmonisieren!
Auch das hat eine Begründung: Wenn wir unsere vielfältigen Leistungsangebote schon zusammenfügen, dann müssen wir dem Thema Komplexität nehmen, es also vereinfachen und auch kommunizierbar machen.
HORIZONT: Wie soll das der Kunde, der bisher getrennt betreut wird, erleben? Stöcher: Jeder Kunde hat dann eine Ansprechperson im Haus, die über das gesamte Leistungsspektrum verfügen kann. Damit erhält der Kunde für sein spezifisches Kommunikationsbedürfnis das ideale Angebot. Hierfür führen wir die Anzeigenteams in eine Firma zusammen.
HORIZONT: ...das sind wieviele Mitarbeiter? Stöcher: Das sind 55 Mitarbeiter gemeinsam aus Print und Online, davon sind gut zwei Drittel im Verkauf tätig. Ich bin sehr zuversichtlich, dass das gelingen wird - bei allen unterschiedlichen Usancen in den beiden Welten Print und Online haben wir doch viele Gemeinsamkeiten in der Kundenzuteilung und Provisionierung - das wird schon gelingen! Aber das Hauptziel ist, dass es ein Budget für einen Kunden gibt, der von einem Verkäufer betreut wird - egal, welches Angebot der Kunde nutzt. Das Ist-Geschäft im Jahr 2013 wird jedoch nach dem bisherigen getrennten System abgewickelt.
HORIZONT: Wann wird es die neue Preisliste geben, ab wann kann sich der Markt auf die neue Struktur einstellen? Stöcher: Wir werden mit 1. Oktober unseren Kunden die neue Preisliste vorstellen und, soweit sich das ändert, ihre Ansprechpartner. Mit 1. Jänner 2014 werden wir nur mehr in der neuen Struktur arbeiten. Wir werden dabei aber die Grundspielregeln, wie die beiden Medien funktionieren, nicht ausser Kraft setzen - der Kunde, und das ist auch für unsere interne Zuordnung, welcher Werbeträger welche Erlöse, erhält natürlich in der Rechnung die Aufstellung, welches Medium in welcher Größenordnung er belegt hat. Das ist, ganz nebenbei, auch aus gesetzlichem Grund nötig - Print hat ja eine Werbesteuer noch oben drauf.
HORIZONT: Heisst: Die Struktur ist gelegt, die Ziele sind definiert - wie soll und wird der Markt die Entfaltung erleben, was ist der Wunsch, die Idealvorstellung? Stöcher: Dass es uns gelingt, das Wissen aus den jeweiligen Verkaufsmannschaften auf das gemeinsame neue Team zu übertragen. Deshalb werden die Schulungen im Sommer auch sehr wichtig sein. Wir sind ja im letzten Herbst zur besten Online-Verkaufsmannschaft gekürt worden (
im werbeplanung.at Vermarkter-Ranking, Anm.hs). Gäbe es so ein Ranking auch im Printbereich, bin ich überzeugt, dass wir auch dort an der Spitze wären. Die Zielausrichtung, die ich mir gesetzt habe ist, dass wir das beste cross-mediale Verkaufsteam in Österreich werden.
HORIZONT: Und ganz zum Schluss - wie läuft für Standard Print und Standard Online das Werbejahr 2013? Stöcher: Im Bereich Online für unsere Angebote Display, Bewegtbild und Mobile liegen wir deutlich im zweistelligen Plus - das ist knapp unter 20 Prozent, damit sind wir sehr zufrieden. Print - ich spreche von klassischen Raumanzeigen, der Image-Anzeige - entwickelt sich, würde ich sagen, in Form einer Seitwärtsbewegung. Also gut auf Vorjahresniveau. Das Kampagnengeschäft per se ist schwieriger geworden, aber es gelingt mit neuen Produkten, die wir anbieten - Themenstrecken und -Specials, Magazinbeilagen - die Umsätze zu halten. Das ist auch der Innovationskraft des Anzeigenteams geschuldet. Ich bin sehr zuversichtlich für 2013.