Erfolgreiche Online-Kampagnen, Low-Budget-Web-Auftritte, Traffic durch Cross Media und Effektive Content-Deals waren die Schwerpunkte des Business Circle-Seminars "Creating Webrelations", das am 5. und 6. Juni 2000 in Wien stattfand.
Sven Hasselmann, Adsales-Leiter bei Gruner + Jahr Electronic Media Service GmbH in Hamburg hält derzeit mit einem Online-Portfolio von 26 Websites, wie etwa Stern, Geo, Financial Times und Brigitte 153 Millionen PageImpressions und erreichte 33 Mio. Visits im April. Das Erfolgsgeheimnis: "Personenbezogener Content und personenbezogene Werbung."
Dass Online-Kampagnen nichts mit Glückspiel zu tun haben, bewies Martin Jekl, Leiter Neue Technologien bei den Österreichischen Lotterien. Am Beispiel der Einführung des Online-Glückspiels Keno zeigt er eine Erfolgsstrategie auf. Während der zweiwöchigen Einführungsphase arbeitete Jekl mit mehreren Kommunikationsmaßnahmen: "E-Mail-Marketing an Infomail-Abonnenten, Bannerwerbung, eine Microsite mit einer Keno-Demoversion sowie ein Online-Gewinnspiel begleiteten den Keno-Launch," erzählt er. Die Wirkung die er damit erzielte: Eine Klickrate von 1,1%, eine 35 %ige Conversial Rate für die Gewinnspielteilnahme und durchschnittlich 32 Spiele pro registriertem User.
Harald Redmann, vormals AUA Interaktive Sales, jetzt Pixelpark Österreich, vermittelte Basics aus seiner Online-Marketing-Arbeit bei AUA. Er empfahl eine konsequente Kampagnen-Planung, die ohne Controlling-Phase nicht mehr auskommt und gab den Tipp "sich Verbündete in allen Bereichen zu suchen".
Low Budget-Web-Auftritte
Low Budget-Web-Auftritte und Guerilla-Marketing standen nachmittags im Mittelpunkt der Konferenz.
Die Website bierher.at war das erste Fallbeispiel für einen reduzierten Web-Auftritt mit minimalstem Marketing. Christoph Geisler verkauft via Internet im Wiener Stadtgebiet Bier und liefert dies abends aus. Die Web-Site besteht aus einer einzigen Seite. Geisler erreicht damit derzeit 80 PageImpressions pro Tag, die zu durchschnittlich elf Bestellungen pro Tag führen und sich an Spitzentagen sogar auf bis zu 20 erhöhen. Geisler: "Unser Marketing beschränkte sich auf eine Meldung bei Pressetexte Austria und Flyern, die hinter die Scheibenwischer parkender Autos geklemmt wurden." Bierher.at hat derzeit 400 Stammkunden. Geisler möchte 1.000 Stammkunden erreichen.
Mit Guerilla-Marketing launchte auch Wilfried Brumec-Sesulka, Geschäftsführer treAngeli corporate communications consultants, den medizinischen Non-Profit-Web-Service www.medizin.at. Brumec-Sesulka ist damit seit 1994 online und setzte anfangs voll auf Marketing-Untergrund-Taktiken. "Mit einem Transparent auf einer Autobahnbrücke startete unser Marketing. Aufkleber auf öffentlichen Toiletten waren der nächste Schritt." Brumec-Sesulka verdoppelte damit die User-Frequenz. Newsletter findet er schlecht und hat sie aufgegeben. Medizin.at erreicht derzeit durchschnittlich 150.000 PageViews.
Mit einem internationalen Beispiel schloß der erste Tag. Howard Harawitz, Erfinder des HTML Assistant Pro und seine Frau Cheryl Gillett berichteten aus ihrer Low Budget-Marketing-Praxis ihres Unternehmens Exit 0 in Nova Scotia/Kanada. Sie setzen auf One-to-One-Marketing via E-Mail. Harawitz verbreitet bereits 1994 seinen HTML Assistant auf diesem Weg. Seither läuft das Geschäft der beiden Net-Software-Pioniere ausschließlich über E-Mail, von der Kommunikation, über Verkauf bis zur Abrechnung. Cheryl Gillett: "Unser stärkstes Marketing-Instrument ist die Mund-zu-Mund-Propaganda zwischen unseren Kunden und der direkte Kontakt mit uns."
Der zweite Tag der Business Circle-Konferenz "Creating Webrelations" widmete sich dem Thema More Traffic durch CrossMedia und Effektive Content-Deals.
More Traffic durch Cross Media
Das Internet ist eine Kulturtechnik, die es für den Massenmarkt erst noch zu lernen gilt, meint Susanne Obermayer. Im Unterschied zu anderen Printmedien hat sich die krone.at nur über Channels und breites Entertainment statt über Ressorts und Individualisierung (mysite) positioniert. Die "Willy-Tests" sind für diesen Ansatz ("Internet für den Mann auf der Straße") ein Beispiel. Stark eigenständig im CD-Auftritt und in der Vermarktung unterstützt krone.at auch nicht vordergründig die Leserreichweiten des Printproduktes. Obermayer appelliert an die werbetreibende Wirtschaft, sich nicht auf die 486 Banner-Pixel zu beschränken, sondern Sonderwerbeformen zu suchen. Promotion Specials und Interstitials - sei es als MasterKlicker oder als Hotspots - bieten sich dafür an. Die Internetfalle heißt Meßbarkeit, meint Obermayer. Denn Clickrates seien zwar wichtig, aber keine heiligen Kühe.
Unterstützt wird diese Aussage von Norbert Heller, bei Uniqa für externe Kommunikation zuständig. Branding ist ihm wichtiger als Clickrates. Ebenso ein in der Unternehmensphilosophie verankertes ständiges, vernetztes Denken. Heller generiert über Mini-Sites mit spezifischem Publikum hohe Clikcraten in der Zielgruppe und nutzt Web Relations in erster Linie zur Kommunikation der Uniqa-Sponsoring-Aktivitäten (Beispiel: Soccer Cup).
ucp.ag-Vorstand Christian Lutz präsentiert die Erfolgsstory von sms.at und uboot.com. Nicht Content, sondern Kommunikationsservices stand als Zieldefinition im Vordergrund. Mehr als 450.000 registrierte User innerhalb von vier Monaten geben dem Konzept recht. Einen wichtigen Beitrag leistete in diesem Zusammenhang der integrierte Marketingansatz der Launchkampagne. Während sms.at nur online beworben wurde, entstand der Marktdruck bei uboot.com auch durch die nichts erklärende Nonsens-Werbung in TV, Hörfunk und Kino. "Ein U-Boot wird kommen und uns alle retten" hat bei der dezidiert jungen Zielgruppe kräftig eingeschlagen. Im Gegensatz zum breiten medienstrategischen Ansatz der krone.at ist für Lutz Personalisierung (von Werbung, die beim User dann als Info ankommt!) der absolute Zukunftstrend.
Effektive Content-Deals
Bei den Nachmittags-Präsentationen von Peter Rudolf Gröbl (Jobs & Adverts Österreich), Adi Hofmeister (tiscover), Richard Maul (Pixelpark) und Stefan Kusch (Endlos Produktion) standen Effektive Content-Deals im Mittelpunkt. Wieviel Content braucht der Mensch? Und wie findet man sinnvollen Content für den eigenen Webauftritt?
Content makes people come - Regel Nummer eins im Webbusiness. Der User muss auf der Website Inhaltliches mit einem "added value" finden. Beispiele für sinnvolle Content-Kooperationen liefert Harald Redmann (früher AUA, jetzt Pixelpark) aus seiner Airline-Zeit: Die Wetterdaten der Austro Control auf der AUA-Homepage und die Marco Polo-Reiseführer auf der Lufthansa-Website. Cross Selling-Kooperationen wie etwa zwischen AUA und Libro (Online-Buchung-Querverweis auf Reisebücher) zählen ebenfalls dazu. Redmann rechnet weiters damit, daß bestimmte, spezifische Informationsservices künftig für Kunden nur gegen Entgelt zugänglich sein werden. Dass Content nicht nur kosten muss, sondern auch Benefit lukrieren kann, unterstreicht Redmann am Beispiel von conrad.com und dessen Affiliate Marketing-Programm.
Auch Jobs & Adverts fährt ein spezielles Affiliate-Programm, wie Country Manager Peter Rudolf Gröbl ausführt. Österreichs größter Online-Stellenmarkt kooperiert gegenwärtig mit 40-50 Partnern, u.a. der Werbeakademie oder Vienna Online, auf deren Einstiegsseite etwa täglich die drei Top-Jobs angeboten werden. In der Regel werden spezifische Branchenangebote gefiltert und den Partnern auf Gegengeschäftsbasis zur Verfügung gestellt. Ein Click auf das Inserat führt auf die jobpilot-Site, von wo aus die Kontaktaufnahme mit dem Anbieter möglich ist.
Für Stefan Kusch von EndlosProduktion geht multimedialer Content über Wording hinaus. Das Zusammenspiel von Text, Grafik und Technik demonstrieren für Kusch die eigenen Arbeiten an viennahype.at, sony.at und uboot.com. Synergetisch-verlinktes Denken und schnelles und flexibles Umsetzen sind für Content-Anbieter wichtige Voraussetzungen.
Bernhard Hafenscher schließlich erklärt die strategischen Content-Ansätze der neuen Online-Unit von Radda & Dressler als Reaktion auf die Bedürfnisse der Top-Entscheider der österreichischen Wirtschaft, die über die Printmedien der ET Multimedia AG bedient werden: "Cross Media braucht sinnvollen Content. Access oder added value allein oder an sich genügen nicht. Content, Zielgruppe und Business-Strategien der Kunden müssen aufeinander abgestimmt sein."