Christoph Jeschke, Geschäftsführer der neuen Initiative AustrianStartups, erklärt im Interview, was man der Community bieten will, wie die Politik reagiert und welche Folgen der Start-up-Hype in Österreich hat.
Christoph Jeschke: AustrianStartups ist eine neutrale, unabhängige und nicht gewinnorientierte Plattform, die all jene Initiativen, die es in der Start-up-Szene schon gibt, pushen möchte und einen Überblick schaffen möchte. Dabei ist es sehr wichtig, dass nicht nur von Wien aus die Initiativen betreut werden, sondern auch in den Bundesländern, wo es viele verstreute Inseln gibt. Eine der wichtigsten Aufgaben ist die Aggregation von Information: Es gibt eine Start-up-Map, wo man sich einen Überblick über die Landschaft machen kann, und es gibt die banale Funktion eines Event-Kalenders. Außerdem versuchen wir, die Förderlandschaft übersichtlicher zu machen. Es können Leute aus der Community freiwillig mitmachen und ein, zwei Stunden Arbeit pro Woche einbringen, etwa wenn es um die Sammlung von Social-Entrepreneurship-Projekten oder PR-Aktionen geht.
Jeschke: Die Mehrheit der österreichischen Start-ups kommen schon aus der Ecke. Aber natürlich: Wir sind für alle Start-ups da, es sollen sich alle bei uns zu Hause fühlen, und es ist nicht eine reine Tech-, Web oder Mobile-Sache. Aber wir haben erst vor fünf Monaten begonnen, und jetzt geht es darum, die einzelnen Bedürfnisse zu adressieren. Ich bin der Einzige, der nicht aus der Szene kommt, und die Idee ist schon, dass ich als Geschäftsführer eben nicht voreingenommen bin.
HORIZONT: AustrianStartups hat gemeinsam mit Pioneers und SpeedInvest eine Umfrage initiiert, die erheben soll, wo Handlungsbedarf besteht. Was sind die Ergebnisse?Jeschke: Die Ergebnisse werden gerade ausgewertet. Im Hintergrund laufen bereits Gespräche mit politischen Parteien, um zu sehen, was realistisch umsetzbar wäre, wenn diese oder jene Ergebnisse rauskommen.
HORIZONT: Und wie reagiert die Politik auf die Initiative?Jeschke: Grundwegs positiv. Man muss aber dazu sagen, dass sich gewisse Parteien sehr enthusiastisch zeigen, andere weniger. Für die NEOS etwa ist das Thema sehr naheliegend.
HORIZONT: Die ÖVP als Wirtschaftspartei müsste doch auch Feuer und Flamme sein.Jeschke: Die meisten Gespräche haben tatsächlich mit der ÖVP stattgefunden, und beim nächsten Stammtisch von AustrianStartups wird auch ein ÖVP-Vertreter vorbeikommen. Aber die kennen halt das Thema. SPÖ, Grüne und Stronach waren enthusiastischer, weil sie sich da klarer positionieren müssen.
HORIZONT: Und die Wirtschaft? Wollen große IT-Unternehmen, etwa Microsoft oder Kapsch, AustrianStartups unterstützen?Jeschke: Wir können uns vor lauter Anfragen gar nicht halten, das Interesse, die Vernetzung der Start-up-Landschaft zu fördern, ist sehr groß. Microsoft selber hat schon eine Anfrage geschickt, und alle großen Wirtschaftsbetriebe wissen bereits, dass es uns gibt. Es gibt Fördermitgliedschaften für Unternehmen und Institutionen, und acht sind bereits dabei (u.a. Styria Digital, ProSiebenSat.1 Puls 4, Alps Ventures, Clusterhaus, Anm.). In zwei, drei Monaten werden es zwanzig sein.
HORIZONT: Auch wenn es viel Unterstützung gibt - die gewählte Interessensvertretung der Start-up-Szene ist AustrianStartups aber nicht.Jeschke: Nein, wir sind nicht die offizielle Interessensvertretung. Deswegen stellen wir auch keine Forderungen an die Politik, sondern wollen vielmehr Visionen für Österreich liefern. Wir sind von der Community gebeten worden, diese Umfrage zu machen, deren Ergebnisse wir im Oktober präsentieren werden. Das Timing passt einfach sehr gut, es ist die Nationalratswahl, im November startet die Start-up-Show auf Puls 4.
HORIZONT: Ist es das Ziel, die offizielle Interessensvertretung zu werden?Jeschke: Wenn die Start-up-Community das will, dann werden wir uns das näher anschauen, aber das wird nicht in den nächsten sechs Monaten passieren.
HORIZONT: Aus den Gesprächen mit den Start-ups: Was sind die brennenden Themen und Probleme?Jeschke: Es sind in Wahrheit die Themen von immer. Man braucht die Möglichkeit, sich einfach Mentoren holen zu können. Ein weiteres großes Problem ist die zweite Investmentrunde, und da gibt es verschiedene Lösungsmöglichkeiten: Mehr Förderungen wären die sozialdemokratische Lösung, und mehr Abschreibungsmöglichkeiten für Investoren, wäre eher der wirtschaftsliberale Ansatz. AustrianStartups setzt aber viel früher an: Wir wollen die Gründer zusammenbringen, und daraus wird alles Weitere entstehen, etwas, was das Verhältnis zur Politik angeht.
HORIZONT: Wie steht es um die Wünsche nach einem eigenen Internet-Minister?Jeschke: Prinzipiell besteht ein Interesse seitens der Start-ups an Erleichterungen, aber es geht ihnen nicht dezidiert um einen Internet-Minister. Hauptsache, diese Erleichterungen kommen, wie der Minister dazu heißt, ist eigentlich egal.
HORIZONT: Das Thema Start-ups ist medial sehr präsent, Puls 4 wird wie erwähnt sogar eine eigene Fernseh-Show dazu machen. Wächst damit nicht auch die Gefahr einer Blase, die bald platzt?Jeschke: Man muss international schauen. Nach Österreich kommen die Dinge immer etwas zeitversetzt, und wenn es eine Blase geben würde, dann würden wir das jetzt in den USA sehen. So wie immer bei neuen Dingen sprießt mal viel Gras, und da ist dann manches Pflänzchen dabei, das die Bedingungen nicht ertragen kann. Ich sehe es eher positive, dass durch eine breite Öffentlichkeit viel Aufmerksamkeit geschaffen wird. Auch bei Social Media ist sehr viel Hype dabei gewesen, und auch bei Start-ups wird sich früher oder später die Qualität durchsetzen und eine Marktbereinigung stattfinden. Am Ende des Tages geht es ums Geld, und wenn ein Produkt nicht gut ist, wird es nicht überleben. Ob jetzt eine Zeitung zehn Mal über dieses Start-up schreibt oder nicht, ist dann im Endeffekt egal. Außerdem lernen viele Gründer aus ihren Fehlern und werden es beim nächsten Versuch besser machen.