APA erwartet sich Belebung des Bewegtbildmark...
 

APA erwartet sich Belebung des Bewegtbildmarkts

Florian Albert
Die beiden neuen APA-Geschäftsführer Clemens Pig und Karin Thiller erläutern im Gespräch mit HORIZONT ihre Pläne in Sachen Bewegtbild und Paid Content.
Die beiden neuen APA-Geschäftsführer Clemens Pig und Karin Thiller erläutern im Gespräch mit HORIZONT ihre Pläne in Sachen Bewegtbild und Paid Content.

Auf der neuen APA-Videoplattform können Medien Bewegtbild vermarkten; der Verkauf einzelner Artikel im Austria-Kiosk soll Paid Content vorantreiben.

Dieses Interview erschien bereits in der HORIZONT-Printausgabe Nr. 26/2016 vom 1. Juli. Hier geht's zum Abo.

HORIZONT: Sie beide bilden mit 1. Juli die neue APA-Geschäftsführung. Was werden ihre ersten Amtshandlungen als neue Doppelspitze sein?'
Clemens Pig: Als erstes haben wir uns mit anderen Mitgliedern der Geschäftsleitung auf Strategieworkshop begeben. Einerseits um die APA-Strategie einem Review zu unterziehen und andererseits um unmittelbar aktuelle Themen voranzutreiben. 


Sie haben die Fortführung der bereits für 2015-2017 definierten Strategie mit Variationen in der Interpretation angekündigt. Wie werden sie es künftig strategisch anlegen?
Pig: Bis 2017 ist die Strategie der APA formuliert, die wurde auch von uns beiden damals aktiv mitgetragen. Insofern gibt es keinen Anlass, von der großen Linie abzuweichen. Die Akzentuierung kann aber eine unterschiedliche sein. Video beispielsweise hatten wir natürlich auf der Strategie-Roadmap, das Thema hat aber deutlich an Fahrt aufgenommen. Weitere aktuell brisante Themen sind Unbundling News, Streaming und die Internationalisierung. 


Zum Inhaltlichen: Sie haben den Videotrend angesprochen und zuletzt auch Neuerungen angekündigt. Was planen Sie hier? 
Pig: Die Videooffensive der APA begann mit der Integration von Videos in den APA-Basisdienst mit Beginn des Jahres 2016. Nun konzentrieren wir uns vor allem auf das Thema Live­video. Wir sind keine Broadcaster, sondern tun als Agentur das, was unsere unmittelbare Kernkompetenz ist: live zu berichten. Derzeit bieten wir im Schnitt eine Liveübertragung pro Tag für den Basisdienst. Das Learning der letzten Zeit war jedoch, dass die Aufmerksamkeitsspanne einer Nachricht unmittelbar beim Ereignis selbst liegt, daher werden wir das Thema forcieren. In der Strategie heißt das, dass jede Nachricht, die unser Haus verlässt Bild und Bewegtbild anbieten soll. 


Karin Thiller: Der zweite Teil ist eine Videoplattform für den österreichischen Medienmarkt, bei der Medien und Journalisten – wie der ORF, Privatsender oder Onlinesites der Tageszeitungen – journalistische Inhalte einspielen können; und jene, die Bedarf an Videocontent haben, diesen einbetten. Ziel ist es, dass das Inventar durch entsprechende Werbeerlöse auch vermarktet werden kann. Davon erwarten wir uns eine deutliche Belebung des heimischen Bewegtbildmarkts. Das Projekt liegt aktuell bei der Bundeswettbewerbsbehörde BWB, deren Antwort wir abwarten; ich rechne mit Projektstart im Herbst. 


Der ORF soll mit an Bord sein; ist das die große Frage bei der BWB im Bezug auf beispielsweise die Vermarktung?
Pig: Das müssen Sie die BWB fragen, wir haben das Projekt eingebracht und ich gehe stark davon aus, dass auch der ORF teilnimmt.


Die APA steht in ihrem Selbstverständnis für die Qualität ihrer Inhalte. In welcher Form würde man hier Inhalte vorab selektieren oder prüfen?
Pig: Eingespeiste Videos werden unverändert zur Verfügung gestellt. Anbieter wie der ORF erfüllen hohe Standards ohnehin, zudem schließen entsprechende Formulierungen in den Verträgen gewisse Arten von Inhalten aus. 


Thiller: Wir agieren außerdem nicht als Nachrichtenanbieter oder Produzent, sondern stellen die Plattform und die Technologie zur Verfügung. Der Anspruch der „true and unbiased“ News ist einer, den wir an unsere eigenen redaktionellen Inhalte stellen müssen, aber nicht unbedingt an Inhalte Dritter, die wir transportieren. 


Ein weiteres Schlagwort war eingangs das Thema Unbundling News. Wie treten Sie dieser Entwicklung gegenüber?
Pig: Der Ansatz geht in Richtung APA-Kiosk auf Artikelebene, also den ausgabenorientierten digitalen Kiosk auch auf Einzelartikel ausweiten. Wir werden, und das ist eine Ansage der neuen Geschäftsführung, dem Markt die ersten Funktionalitäten – also den Kauf von einzelnen Artikeln der über 240 verfügbaren Zeitungen und Magazine – bis Jahresende anbieten können. 


Paid Content ist eine nur schwer in die Gänge kommende Thematik. Woher nehmen sie den Optimismus, dass das beim Leser ankommt?
Pig: Paid Content funktioniert, wie man anhand einiger Beispiele im Printbereich sieht, nach wie vor als wichtige Ertragssäule im Verlagsgeschäft. Was Paid Content Online betrifft, ist genau das Projekt des neuen Kiosks ein wesentlicher Baustein für Verlage, um in dieses Segment vorzustoßen. Dass das nicht von heute auf morgen geht, ist uns klar, aber wir beginnen heute. 


Die APA hat Anteile an ihrer Schweizer Beteiligung Keystone verkauft. Warum?
Pig: Zehn Prozent unserer Anteile an der Keystone AG an die Schweizer Depeschenagentur sda zu verkaufen und auf 50:50 zu stellen, war der Startschuss, mit diesen Partnern neben inhaltlichen Agenden auch technologische Lösungen wie das Thema Apps weiter aufzubauen. Zugleich treiben wir auch in Deutschland unsere Produkte voran und wollen mit bestehenden Partnern unsere Videotechnologie nach Deutschland bringen und expandieren. 


Wird es neben diesen inhaltlichen Erweiterungen auch internationale Expansionsversuche in Form neuer ­Beteiligungen geben?
Thiller: Ich würde nichts ausschließen, wenn sich eine Option auftut, die sinnvoll erscheint, denn in einem kleinen Medienmarkt wie Österreich tut es gut, sich auch außerhalb umzuschauen. Im Augenblick ist das jedoch kein Thema. 


Die APA war in letzter Zeit immer wieder starkem Kostendruck ausgesetzt, verbunden mit Sparmaßnahmen in der Redaktion. Wie werden sie es als Geschäftsführer anlegen, um diesem Druck nicht weiter nachgeben zu müssen?
Pig: Es ist auch für uns das oberste Ziel, das Produkt APA-Basisdienst im bestehenden Umfang kombiniert mit neuen Services anzubieten. Dafür braucht es die Breite in der Berichterstattung der APA und damit verbunden ist jede Anstrengung der Geschäftsführung, den Mitarbeiterstand aufrecht zu erhalten. Gleichsam ist es so, dass Umsätze aus dem klassischen Nachrichtengeschäft auch für die APA stagnierend und teilweise rückläufig sind, daher versuchen wir andere Geschäftsfelder entsprechend auszubauen damit das „Gesamtkunstwerk“ APA nach wie vor funktioniert. Garantien kann man für die Zukunft natürlich leider nicht aussprechen. 


Die Sparmaßnahme Ende letzten Jahres mit Aufregung des Betriebsrats waren also ein singuläres Ereignis?
Pig: Ohne auf semantische Feinheiten eingehen zu wollen, aber ein Sparprogramm ist, wenn man weniger Budget hat als im Vorjahr, das war eben nicht der Fall. Das Budget der Redaktion als gesamtes ist erhöht worden, es ging darum, die eingezogene Obergrenze nicht weiter zu überschreiten. Die kolportierten Einsparungen haben sich auf 3,7 Vollzeit­äquivalente konzentriert, wovon teilweise mit einvernehmlichen Trennungen beziehungsweise anderen Beschäftigungsformen im Haus sehr moderate Lösungen gefunden wurden. Wir sehen uns natürlich, das bedingt auch die KV-Erhöhung, mit Steigerungsraten in den Kosten konfrontiert. Irgendwo muss es immer einen Zusammenhang zwischen Umsatzwachstum, Kostenwachstum und dem Deckungsbeitrag geben; diesen Zusammenhang werden wir eisern im Sinne der Mitarbeiter einhalten, damit die Austria Presse Agentur auch künftig in dieser Breite existiert. 


Ein weiteres Spannungsfeld waren zwei der großen Tageszeitungen mit dem Tarifdisput mit Heute und dem erklärten, aber bis dato nicht erreichtem Ziel, die Kronen Zeitung ins Boot zu holen. 
Pig: Ich erlebe überhaupt kein Spannungsfeld. Die Tarifänderung hat es bekanntermaßen gegeben, dass das unterschiedliche Standpunkte mit sich bringt, ist legitim. Die Krone verbindet mit der APA jahrelange Beziehungen, sie bezieht halt den Basisdienst für Print nicht und ist nicht Mitglied in der Genossenschaft. Wir beide, Karin und ich, würden uns aber natürlich wünschen, die publizistische Vielfalt des Landes noch stärker abzubilden. 


Eigentümerseitig oder Kundenseitig?
Thiller: Beides natürlich, das ist ein erklärtes Ziel. Krone und Heute sind große und wichtige Medien der heimischen Landschaft.
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