5G im Mobile Marketing: Neue Ufer, grenzenlos...
 

5G im Mobile Marketing: Neue Ufer, grenzenlose Möglichkeiten

media.at/Andreas Hofer bzw. Russmedia Digital
Andreas Martin, Andre Eckert
Andreas Martin, Andre Eckert

5G bringt neue Möglichkeiten im Mobile Marketing. Experten betonen als Erfolgsfaktoren das Zusammenspiel der Komponenten und sehen als künftige Trends Bewegtbild, VR & AR und das erneute Aufkommen von Wearables.

Dieser Artikel ist zuerst als Aufmacher des Mobile-Marketing-Dossiers in Ausgabe Nr. 20/2018 des HORIZONT erschienen. Noch kein Abo? Hier klicken!

Keine Grenzen. Das ist derzeit einer der liebsten Ausdrücke von iab-Präsident André Eckert, wenn er über die technischen Möglichkeiten spricht, die die neue kommende Technologie 5G dem Bereich Mobile Marketing bieten kann. Nur mit der Geschwindigkeit alleine sei es allerdings nicht getan, ergänzt MMA-Präsident Andreas Martin. Wichtig sei das Zusammenspiel der Komponenten. Einerseits die Geschwindigkeit der Netze, dann die Hardware und dann die Software.

Smart und Internet of Things
„5G ist die Next-Level-Technologie, die netzseitig in der Infrastruktur einige Features eingebaut hat, die dann wieder diverse Anwendungen möglich werden lassen“, so der MMA-Präsident. Zum anderen gehe es auch um das Thema Endgeräte. „Denn wenn wir von Mobile reden, ist das nicht immer notwendigerweise das Smartphone, sondern eigentlich ist das ganz stark das Internet der Dinge.“ All diese Komponenten müssten Hand in Hand gehen, verweist Martin etwa auf das Motorola A920, das 2004 das erste mobile Endgerät mit Touchscreen und dem heutigen iPhone sehr ähnlich war. „Das war eigentlich ein Smartphone, das fünf bis zehn Jahre zu früh auf dem Markt war. Die Netze waren nicht so weit und die Prozessoren auch nicht. Dann kam das iPhone und es hat funktioniert. Bei VR und AR wird es genau das gleiche Thema sein.“ Die Themen Virtual Reality und Augmented Reality werden dann für die Werbeindustrie extrem spannend sein, sobald die technischen Voraussetzungen und die Verbreitung da sind. Erste greifbare Showcases gebe es ja bereits, so Martin: „Jeder, der das schon mal gesehen hat, kann sich vorstellen, wie spannend das für die Werbung sein wird.“ Als Beispiel führt er eine VR-App an, die die Kreativagentur isobar aus dem DentsuNetzwerk in Südkorea für Chevrolet entwickelt hat. Dort, wo Raum und Hausfläche sehr begrenzt sind, nutzte man virtuelle Realität, um in dieser App dreidimensional das Fahrzeug darstellen und konfigurieren zu lassen wie in einem Verkaufsraum. „Das ist eigentlich Content, den ich produziere, weil der User Interesse hat, ein Fahrzeug zu kaufen – am Ende ist es aber auch eine Form von Werbung. Ich glaube, dass das sehr zusammenwachsen wird“, sagt Martin.

Neue Chancen für Wearables
Im Zusammenhang von VR sieht Eckert auch einen neuen Schub für Wearables auf die Branche zukommen. „Meine Prognose ist eine Renaissance von Wearables“, sagt der iab-Präsident. „Google Glass hat es nicht geschafft – die waren einfach zu früh dran mit ihrem Produkt und es gab auch nicht die Bandbreiten“, verweist er ebenfalls auf das nötige Zusammenspiel mehrerer Komponenten.

‚Virtual Reality definitiv Thema‘
Auch in der Natur könnten AR-Funktionen neuen Nutzen für User bieten, wie etwa Informationen über Flora und Fauna. „Um diese Bezugspunkte herzustellen, gibt es ganz andere Möglichkeiten, die vorher nicht da waren. Da sind wirklich keine Grenzen gesetzt“, sagt Eckert. „Wenn man diese Flächendeckung hat, dann kann man das in allen Bereichen spielen. Es geht da nicht nur um das Smartphone, es geht einfach um die Devices – und Virtual Reality ist definitiv ein Thema. Wenn die Bandbreite da ist, kann ich die VR-Welt zuhause genauso abfeaturen mit einem einfachen Gerät und muss nicht in einen VR-Shop gehen.“ Wichtig sei aber auch ein neues Mindset: „Wir müssen auch abseits gehen von dem, was es jetzt schon gibt und kreativer denken, raus aus diesem Tunnelblick.“

Werden sich durch die neuen Möglichkeiten auch die Werbeformen verändern? Eckert antwortet „rein aus Publisher-Sicht“: „Früher sagte man, Radio-Spots sind antiquiert, die wird es nicht mehr geben. Auch ein PrintSujet wird es nicht mehr geben. Diese Sachen gibt es aber weiter.“ Einige kleinere Formate würden mobile sicher wegfallen, gewisse klassische Formate werden sicher beibehalten und es würden neue Formate dazukommen. „Aber letztendlich geht es um eine Fläche und was man daraus macht. Ein Publisher bietet mobil eine gewisse Userschaft an, aber wie eine Werbung dargestellt wird, da sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt.“

Eine neue Werbeform solle immer ein Austausch sein mit dem Markt, mit Kunden, mit der Kreativagentur und den technischen Mitarbeitern, um etwas Sinnvolles zu gestalten. Natürlich seien im Videobereich nun noch mehr Möglichkeiten gegeben, weil man flächendeckend die User ansprechen könne. Die Möglichkeiten seien auch im Hinblick auf das Internet of Things grenzenlos.

Bewegtbild als Bank
Auch Andreas Martin sieht im Videobereich noch großes Potential, gerade für Europa. International gebe es hier schöne Beispiele, meint der MMA-Präsident und wirft wieder einen Blick nach Asien. In Indien etwa sei das Zusammenspiel zwischen Content Marketing und Bollywood-Industrie bemerkenswert. Vor allem Menschen in kleinen Wohnungen mit wenig Platz für ein TV-Gerät würden in breiter Masse Video am Smartphone nutzen. Gleichzeitig passiere im riesigen Wirtschaftszweig der Bollywood-Filme „extrem viel bei Influencer Marketing“. Bollywood-Stars würden via Bewegtbild Werbung für Produkte machen. „Gerade im Videobereich werden sich in Europa viele Dinge entwickeln“, ist Martin sicher.

Weitere Verschmelzung in Sicht
André Eckert sieht noch einen weiteren bleibenden Trend. Vor 15 Jahren hätte niemand prognostiziert, dass Telefon und Computer und Radio zu einem Gerät verschmelzen. „Das ist jetzt da und warum soll die Reise nicht weitergehen?“, fragt Eckert. So könnten weiter mehrere Funktionen und Systeme ineinander verschmelzen. „Das wird noch eine spannende Reise, da ist viel Kreativität gefragt und vernetztes Denken.“ Die Entwicklungsgeschwindigkeit sei jedenfalls überproportional. „Wenn wir fünf Jahre zurückblicken, da hat sich ja auch immens viel getan“, gibt er zu bedenken.

Eine Konstante gibt es dabei aber: „Content ist King“, sagt der iab-Präsident. Guter und einzigartiger Content bleibe gefragt, egal ob als Video, in geschriebener Form, als Diashow oder in Zukunft VR. Die Aufgabe des Publishers sei es, Themen aufzunehmen, darüber zu berichten, und auch als Fake-News-Blocker zu agieren. „Eine gute Redaktion ist der beste Fake-News-Blocker, den es gibt“, so Eckert. Gleichzeitig sei die Herausforderung, am Puls der Zeit sein, mit den Technologien mitzugehen und auf die Technologien, die es gibt, zuzugreifen. Man müsse sie begrüßen, sich mit ihnen auseinandersetzen und überlegen, welches Potential sie bieten. „Wenn wir als österreichischer Markt es nicht machen, wird es jemand anders machen und dann hat man im Wettlauf wieder 50 Meter verloren“, betont Eckert.

„Content ist King“ kann man auch breiter spannen, meint Andreas Martin – und zwar unter dem Titel Kundennutzen. „Egal ob Handel oder Unternehmen, es müssen nutzenstiftende Dinge sein, und nicht Blödsinn oder plumpe Werbung.“ Als weiteres Beispiel führt Martin den Punkt Loyalty Marketing im Handel an. „Kundenkarten oder -Klubs, das ist teilweise noch physisch abgebildet, aber da macht es Sinn, das auf ein mobiles Device zu bringen.“

Experimentierfreude gefragt
Gerade im Handel sieht Eckert noch eine weitere Anwendungsmöglichkeit, in Form eines Hologramms auf dem Smartphone, das als Personal Assistent dient und beispielsweise auf Sonderangebote oder auf die kürzeste Schlange an der Kasse hinweist. Technisch sei das alles bereits möglich. „Nun geht es darum, das sinnvoll einzusetzen, um Kundennutzen zu stiften.“ Kreation alleine sei zu wenig. Die spezielle Herausforderung sei, technikaffin zu werden. „Kreative müssen viel mehr mit Technologie arbeiten oder sich technikaffine Menschen ins Haus holen, sonst bleiben die Möglichkeiten auf der Strecke“, meint Eckert.

An die Risikobereitschaft appelliert auch Andreas Martin. „Der Wille muss da sein, Dinge bewusst auszuprobieren“, meint er, und verweist auf sein 70/20/10-Credo. Zu 70 Prozent solle man Dinge machen, die man gut kann, 20 Prozent in bereits bestehende Anwendungsgebiete, wie zum Beispiel Addressable TV, investieren und zehn Prozent des Budgets solle man dem Ausprobieren widmen. „Ohne diese Herangehensweise macht man es einfach nicht“, so Martin.

Auch der Umgang mit Google und dem Thema Datenschutz wird ein Thema der Zukunft sein, sind sich beide einig. Es sei jedem überlassen, auf Google-Dienste zuzugreifen, meint Eckert. Es gebe ein großes Potpourri von Produkten, die sehr gut sind. Aus Publisher-Sicht gebe es ein Frenemy-Verhältnis. „Technologisch nehmen wir gerne Dienste an und nutzen sie. Auf dem Markt und bei der Finanzierung ist Google aber auch unser härtester Mitbewerber. Es ist teilweise ein schmaler Grat, dem man folgt, und schwierig, den Mittelweg zu finden.“

Andreas Martin steht Google ebenfalls gespalten gegenüber. Einerseits gebe es tolle Produkte, andererseits kritische regulatorische Aspekte. Wichtig sei die Trennung zwischen Google als Medium und als Technologie, die bereitgestellt wird. Ein dritter Bereich sei das Thema Umgang mit Daten.

‚Wir jammern nicht‘
André Eckert sprach sich erneut für ein level playing field und für die digitale Betriebsstätte aus. Einnahmen daraus könnten zweckgebunden der Digitalbranche zugutekommen, etwa in Form von Förderung journalistischer Ausbildung oder Hilfe für Start-ups. Derzeit gebe es durch DSGVO und ePrivacy-Verordnung aus iab-Sicht einen Wettbewerbsnachteil. „Wir jammern nicht, aber Spielregeln müssen gleich sein“, meint Eckert. „Beim 100-Meter-Lauf kann nicht einer drei Sekunden vorher starten und wir müssen mit 20 Kilo Ballast am Rücken versuchen, als Erster über die Ziellinie zu kommen.“ „Datenschutz ist aus Konsumentensicht legitim“, meint Martin. „Nur wenn es kippt und gefährlich für die Wirtschaft wird, dann ist das auch nicht vernünftig.“ Das sei der Fall bei der ePrivacy-Verordnung.

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