"Wir sind unabhängig"
 

"Wir sind unabhängig"

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Petra Hauser hat im Vorjahr ein schweres Erbe angetreten. Die media-at-Geschäftsführerin erzählt im Interview wie sie die Agentur neu strukturiert hat, warum sie auf Digital setzt und was die Vorteile der Unabhängigkeit sind

HORIZONT: Sie leiten seit Februar 2012 die Mediaagentur media.at. Wie geht es Ihnen nach einem Jahr der Umstrukturierung?

Petra Hauser: Im letzten Jahr gab es eine Geschäftsbereinigung, wir haben uns alles angesehen, Strukturen, Personal, Systeme – das gesamte Programm. Auch die Kundenbeziehungen. Wir haben in Top Talents investiert, neue Tools wie z.B. Modelling eingeführt, und uns vor allem digital mit pilot@media.at äußerst stark in Stellung gebracht.

HORIZONT: Sie sind zu 51 Prozent an pilot@media.at beteiligt,  einem Joint Venture mit der unabhängigen deutschen Agentur pilot Hamburg – wie kam es dazu?

Hauser: Der Digitalausbau war  im letzten Jahr eine vordringliche Aufgabe, schließlich haben wir digital durch große Kunden wie A1, Lotterien, BAWAG P.S.K. oder Post den drittgrößten Marktanteil im Digitalbereich. Wir haben einen Partner gesucht, der das gesamte Full Service Spektrum im digitalen Marketing von Online-Mediaplanung und Einkauf über Tracking und Reporting, digitale Kreation und Produktion bis hin zu Performance Marketing abdeckt und der nicht zu einem Netzwerk gehört - wir wollen unabhängig bleiben. pilot ist eine Mediaagentur mit 50 Prozent Billings im digitalen Bereich. pilot, die auch Procter & Gamble digital betreuen, 250 Mitarbeiter und Präsenzen neben Hamburg in Berlin, Stuttgart und München haben, wollten im Gegenzug am österreichischen Markt Fuß fassen. Eine klassische Win Win Situation.

HORIZONT: Wie kann man sich die Zusammenarbeit vorstellen?

Hauser: Andreas Martin, zuletzt Head of Business Development bei Hutchison 3G, ist seit März operativer Geschäftsführer der pilot@media.at. Das Kernteam besteht aus sieben MitarbeiterInnen, die eng mit 150 KollegInnen in Hamburg zusammenarbeiten. Drei MitarbeiterInnen direkt in Hamburg bilden die Schnittstelle. So konnte sich unsere Angebotspalette vom Start weg um das genannte Spektrum erweitern. Wir sind jetzt Full Service Anbieter und bedienen das gesamte Dreieck von Planung, Kreation und Produktion. pilot ist führend, da sie seit Jahren P&G betreuen – diese Aufgabe ist herausfordernd und ermöglicht Weiterentwicklung. In Wien findet aktuell die Digitalberatung unserer Kunden statt – die konkrete Umsetzung von Spezialdisziplinen wie Adserving liegt bei den Experten in Hamburg. Das ist die Power des Joint Ventures.

HORIZONT: Wie sieht Ihre interne Struktur aus?

Hauser: Wir arbeiten mit KundengruppenleiterInnen nach dem Prinzip ‚One Face to the Customer’. Intern gibt es nun auch Spezialisten je Gattung, dies verhindert eine Verinselung der Kundengruppen.

HORIZONT: Wie steht es nach all diesen Veränderungen um die finanziellen Ressourcen?

Hauser:
Das gesamte Jahr 2012 war bestimmt von Change Management. Wir konnten  das  mit einem gleich bleibenden Personalaufwand meistern. Die Flotte ist jetzt stabilisiert – ohne Rieseninvestments. 2012 war ein forderndes Jahr. Allerdings hat sich das Kern-Team stetig um echte Leistungsträger erweitert, wie Deborah Arpino, die uns  mit ihrem umfassenden Wissen als agenturexklusive Beraterin zur Seite steht, John Oakley für den Bereich Leitung Kundenberatung und New Business, Sonja Felber als operative Leitung der MediaSelect oder Paul Hotko für den Bereich Rechnungswesen, um nur Einige zu nennen.

HORIZONT: Was sagen Ihre Eigentümer – die Lotterien, BAWAG P.S.K., A1 und Post zu den Veränderungen? Schließlich gab es durchaus auch die Idee, das Unternehmen zu veräußern.

Hauser: Es ging sicher auch darum, das Vertrauen der Eigentümer in das Unternehmen  neu zu stärken. Der Kontakt im letzten Jahr war sehr intensiv – wir standen unter Beobachtung. Die Anforderungen der Kunden an eine Mediaagentur haben sich – nicht nur bei uns - gewandelt, sind viel umfassender geworden. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, die wertvolle Heritage der media.at Agenturgruppe zu nutzen und – bildlich gesprochen - einen Porsche 918 Spyder zu etablieren, der in knapp drei Sekunden auf 100 Stundenkilometer beschleunigt. Die Marke media.at ist eine tolle Marke, aber mit dem alten Modell befanden wir uns nicht auf der Überholspur, da waren deutliche  Entwicklungsschritte notwendig. Nummer eins Priorität hat für mich das Personal - eine Agentur lebt vom intellektuellen Kapital. Dafür braucht es die Top Talents des Marktes.

HORIZONT: Wie sieht der Mediamix der media.at aus?

Hauser: Wir sind ganz analog zum Gesamtmarkt  im Print- und im TV Bereich am stärksten. . Auch in den Bereichen Digital und Out of Home spielen wir ganz weit vorne mit. Grundsätzlich ist zu sagen, dass unser Mediamix aktuell deutlich in Entwicklung ist. Intensive Screenings  unserer Kunden haben nahezu bei Allen Veränderungen im  Mix mit sich gebracht. Ebenfalls in Entsprechung der Marktentwicklung gilt außerdem, dass Digital ein zentraler Wachstumsmotor ist. Wobei der interessante Aspekt ist, dass Digital nicht nur das klassische Mediabudget umfasst, sondern bspw. auch Salesbudgets oder auch in den Bereich Dialogmarketing hineinreicht und damit auch für uns als Mediaagentur neue Erlösquellen erschließt.

HORIZONT: Wie sieht ihre Umsatzstruktur aus?

Hauser: Ungefähr 60 Prozent sind Umsätze der Eigentümerkunden, 40 Prozent ist Fremdumsatz mit Marken wie Libro/Pagro, Verkehrsbüro oder dem institutionellen Bereich.

HORIZONT: Wie entwickelt sich Letzterer?

Hauser: Es ist ein wenig konstanter Bereich im Vergleich zu den Konsumgütermarken, die natürlich regelmäßiger werben. Heuer ist ein Wahljahr, daher ist  die Aktivität des institutionellen Sektors erhöht.

HORIZONT: Und im Hinblick auf das Transparenzgesetz?

Hauser: Natürlich gab es am Anfang eine verhaltenere Werbegebarung, aber nach der ersten Melderunde wurde festgestellt, dass doch nicht alles so heiß gegessen wird wie gekocht.  Vielfach werden die Meldungen von uns vorbereitet - das stellt für einige Rechtsträger eine deutliche Hilfestellung in der Administration des Medientransparenzgesetzes dar. Der Vorteil für uns liegt darin, dass wir einen Gesamtüberblick über die kommunikativen Aktivitäten dieser Kunden gewonnen haben, was im Sinne der Entwicklung von Gesamtkonzepten eine wichtige Information darstellt, die wir vorher so umfassend nicht hatten.

HORIZONT: Wie sieht die Werbekonjunktur aus?

Hauser: Auch heuer ist kein leichtes Jahr, es gibt nur wenige Kunden, die ihre Ausgaben erhöht haben. Viele sind stabil, aber nicht auf dem Niveau von vor der sogenannten Krise. Ich gehe davon aus, dass der österreichische klassische Werbemarkt auf Nettobasis auch in diesem Jahr keine relevanten Wachstumsraten aufweisen wird, wenn man den Sondereffekt Wahl ausklammert.

HORIZONT: Wie geht es Ihnen als Agentur am Markt – Sie haben zuletzt versucht in wichtigen Gremien Fuß zu fassen.

Hauser: Meine Überzeugung ist, dass  die zweitgrößte Agentur des Landes mit 340 Millionen Euro Billings, die aufgrund ihrer Unabhängigkeit zudem deutlich anders ausgerichtet ist als Netzwerkagenturen,  in allen wichtigen Gremien präsent sein und mitreden sollte. Bei einigen der relevanten Interessensgemeinschaften ist dieser Schritt bereits vollzogen, bei anderen wird das seine Zeit brauchen. Das ist system-immanent. Besonders im digitalen Feld sind wir mit pilot@media.at bereits gut präsent von MMA bis IAB. Das ist besonders wichtig, weil wir uns klar als Mitentwickler des digitalen  Marktes sehen.

HORIZONT: Sehen Sie Ihre Position gefährdet?

Hauser: Wir sind als Top 2 Agentur im Markt ein hochrelevanter Player und wir arbeiten hart daran, diese Position zu sichern und auszubauen. Wichtig ist, den Kunden die Augen zu öffnen, was die Vorteile einer unabhängigen Agentur sind. Neben Beratungsleistungen und Konditionen, die höchst wettbewerbsfähig und genau auf diesen Markt bezogen sind, stehen wir für ganz klar für Transparenz für den Kunden. Räumlich fokussieren wir auf Local Root Clients und Kunden der DACH Region.

HORIZONT: Was sind die nächsten Ziele?

Hauser: Für uns gilt der Blick nach vorne. New Business ist das Thema. Wir wollen gesund wachsen. Das Team ist hochmotiviert. Mit uns wird zu rechnen sein.


Ad personam:
Petra Hauser ist Diplombetriebswirtin und studierte weiters an der Universität der Künste in Berlin Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation. Karrierestationen: Nixdorf Computer in München und Singapur, die JFM Beratuungsgruppe in Berlin, HBS Consulting Partners Berlin/Prag/München. Von 1995 bis 2000 war Hauser bei Bertelsmann tätig, zunächst bei UFA Film in Hamburg und bald darauf bei CLT-UFA in Luxemburg, gefolgt von der Geschäftsführung von RTL Wien Radio. Von 2000 bis 2004 war Hauser Sat.1-Geschäftsführerin in Wien. Bevor Hauser im Februar 2012 in die Geschäftsführung der media.at wechselte war die gebürtige Deutsche selbständige PR- und Kommunikationsberaterin.
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