Die PR-Agentur Chapter 4 gründete erst vor wenigen Monaten ein eigenes Office in Österreich. HORIZONT zog mit Geschäftsführer Stephan Scoppetta und Associate Partner Bernhard Krumpel eine erste Bilanz
Stephan Scoppetta: Ende Mai erfolgte die offizielle Eintragung ins Firmenbuch, die Gründung haben wir dann im Juni offiziell kommuniziert. Eigentlich erwarteten wir in der Kundenakquise einen heißen Herbst, aber aufgrund einiger Pitch-Einladungen wurde es ein heißer Sommer. Das Interesse an unserer Expertise, PR in Österreich und Südosteuropa anzubieten, war vor allem seitens großer Unternehmen sehr stark.
Bernhard Krumpel: Das ist auch unser Fokus: Mit Unternehmen zusammenzuarbeiten, die ihren Hauptsitz in Österreich haben, aber in Südosteuropa sehr aktiv sind. In uns sollen diese Unternehmen einen One-Stop-Shop sehen. Wir bieten eine Kontaktperson hier in Österreich die gleichzeitig als Verbindungsmann in den Osten fungiert. In CEE bieten wir ein Netzwerk von lokalen Agenturen, die im jeweiligen Land die operative Umsetzung übernehmen. Dabei haben wir acht eigene Büros in Osteuropa und über zehn Affiliate-Partner. Für Chapter 4 arbeiten insgesamt über 60 Mitarbeiter.
Scoppetta: Boris Beker, ebenfalls im Managing Board von Chapter 4 Österreich, spricht selbst nicht nur Deutsch, sondern auch Englisch, Ungarisch und nahezu alle slawische Sprachen, das ist bestimmt von Vorteil. Interessant ist, dass immer öfter Unternehmen aus CEE einen Markteintritt in Österreich suchen und hier auch auf die Erfahrung der Chapter 4 setzen. Es freut uns, dass der CEE-Markt zunehmend in beide Richtungen funktioniert.
HORIZONT: Wie ist Ihre Bilanz nach den ersten Monaten am Markt?
Scoppetta: Wir hatten ein sehr positives Feedback von vielen Unternehmen, denn wir schließen eine wichtige Lücke in Österreich. Das bestärkt uns in unserem eingeschlagenen Weg.
HORIZONT: Welche Kernkompetenzen hat die Chapter 4 Österreich?
Scoppetta: Wir sind Spezialisten für klassische PR-Beratung, bieten aber auch strategische Kommunikation und Public Affairs an. Wobei wir auch im Bereich Corporate Publishing eine große Expertise vorweisen können. Hier machen wir einige Projekte, mit Partnern. Das gleiche gilt für das Thema Social Media.
HORIZONT: Konnten Sie auch schon neue Kunden gewinnen?
Scoppetta: Wir waren die letzten Monate viel unterwegs und konnten auch einige neue Kunden gewinnen. Aber wir starten natürlich nicht von Null weg, sondern in die Chapter 4 Österreich werden auch einige Bestandskunden eingebracht. Bernhard Krumpel, Severin Heinisch, Boris Beker und ich sind ja beide keine neuen Player am Markt, sondern wir haben uns in den letzten Jahren schon einen Kundenstock aufgebaut, den wir nun in das neue Unternehmen einbringen werden. Dabei ist die Branchenverteilung sehr breit. Gut aufgestellt sind wir aktuell in den Bereichen Medizin, Pharma und Finanzen.
HORIZONT: Wie kam es zur Gründung von Chapter 4 Österreich?
Scoppetta: Bernhard Krumpel und ich haben gemeinsam ein Büro gemietet, hatten schon einen Business-Plan unter Dach und Fach, Pressefotos arrangiert und eine Website in Planung. Zeitgleich waren wir geschäftlich mit Severin Heinisch, dem Gründer von Chapter 4 Österreich in Kontakt und habe ihm von unseren Plänen erzählt. Es hat nicht lange gedauert, bis Herr Heinisch den Plan fasste, ein Chapter 4-Büro in Wien mit uns zu gründen und wir waren sofort von den Vorteilen eines solchen Netzwerks überzeugt. Heute besteht unser Kernteam aus sieben Personen, wobei wir darauf geachtet haben, dass unsere Mitarbeiter auch unser Verständnis von Qualität teilen und auch einen CEE-Bezug haben und auch eine Sprache aus der Region sprechen.
HORIZONT: Sie beide kennen sich ja schon aus Ihrer Zeit bei Rosam Change Communications …‘
Scoppetta: Ja, in den Jahren haben wir uns schätzen gelernt und gemerkt, dass wir uns sehr gut ergänzen und auch dasselbe Qualitätsverständnis haben.
HORIZONT: Herr Krumpel, sie kommen eher aus der politischen Ecke, wenn ich das richtig verstanden habe?
Krumpel: Ich habe den PR-Lehrgang und den Lehrgang Werbung und Verkauf an der Wirtschaftsuniversität Wien absolviert, da ich immer schon der Meinung war, dass alle Kommunikationsmaßnahmen integriert zu verstehen sind. Mit Kommunikationsstrategien beschäftige ich mich seit 1998. Meine berufliche Karriere begann dann als Pressesprecher im Bereich Politik und Verwaltung, danach war ich als angestellter Geschäftsführer in unterschiedlichen Unternehmen aktiv, zuletzt in der Agentur Rosam Change Communications. Als ich dort das Agenturgeschäft näher kennenlernen durfte, kam ich dann zum Entschluss, das selbst machen zu wollen.
HORIZONT: Sie sind aber auch Vorsitzender der Berufsgruppe der Public-Relations-Berater im Fachverband Werbung und Marktkommunikation?
Krumpel: Richtig. Das ist eine sehr spannende Tätigkeit. In Österreich gibt es rund 2.700 PR-Agenturen, von denen 69 Prozent Ein-Personen-Unternehmen sind. Diese EPUs haben wiederum ganz andere Interessen, als die Handvoll großer Agenturen, die immer wieder erwähnt werden. Durch meine Arbeit für die Fachgruppe bemerke ich auch einen Umbruch in der Agenturlandschaft. Da wollen wir mit Chapter 4 ganz vorne mit dabei sein. Viel Freude macht mir auch meine Lektorentätigkeit an der Fachhochschule St. Pölten. Die FH St. Pölten hat sich mit dem Studienzweig Media- und Kommunikationsberatung zu einer anspruchsvollen Kaderschmiede für Kommunikationsberufe gemausert. Da dabei zu sein, das ist sicherliche eine tolle Erfahrung. Wir haben mit FH-Studenten erst kürzlich ein Fachbuch herausgegeben: „Spezialgebiete der PR“. Aber ja: Die Branche ist im Wandel.
HORIZONT: Wie äußert sich der Branchenwandel, den Sie angesprochen haben?
Scoppetta: Die großen Agenturen haben in den fetten Jahren sehr viel Speck angesetzt und das macht sie etwas träge. Viele müssen wieder abnehmen und man weiß ja, das ist nicht so einfdach. Im Gegensatz zu früher fragen Kunden heute sehr genau nach, welche Leistungen sie für ihr Geld bekommen. Wir versuchen uns mit Chapter 4 schlank und gleichzeitig qualitativ hochwertig aufzustellen. Kosteneffizienz ist unser Dogma und das gilt für uns wie auch für unsere Kunden. Wir brauchen nicht den Protz-Auftritt. Damit bieten wir ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis.
Krumpel: Uns interessiert außerdem sehr, wie sich der Journalismus grundsätzlich weiterentwickelt, denn: einerseits arbeiten wir mit Unternehmen zusammen, andererseits sind Journalisten unsere Partner. Wir sind das Bindeglied zwischen diesen beiden Welten.
Scoppetta: Auch der Preisverfall im Journalismus ist enorm, wenn man sich ansieht, wie wenig heute freie Journalisten für eine Seite erhalten ist es ein Trauerspiel. Wie soll man davon überleben? Gleichzeitig steigt der Zeitdruck, Journalisten müssen heute außerdem unter einem enormen Zeitdruck arbeiten, daher versuchen wir als Agentur auch, als Servicestelle für Redakteure zu fungieren und sie zu unterstützen, wo wir nur können.
HORIZONT: Nachdem Sie selbst aus dem Journalismus kommen, Herr Scoppetta – welche Fehler werden von Agenturen in der Medienarbeit besonders häufig gemacht?
Scoppetta: Grundsätzlich gibt es in Österreich einige gute Agenturen, die sehr schlagkräftig sind. Dann wiederum gibt es aber jene, die sich in den letzten Jahren überhaupt nicht verändert haben und noch immer nach alten Mustern arbeiten. Heute ist Kommunikation mehr als eine Presseaussendung oder Pressekonferenz. Man muss alle Kanäle von Print über Fernsehen bis hin zum Internet in die Strategie einbeziehen und dafür auch die richtige Kommunikationsform wählen. Und was heute zählt ist besonders der Service. Einem Redakteur einfach nur auszurichten, dass das Material eh auf der Website zum Downloaden steht, ist zu wenig und hat mich als Redakteur immer wieder geärgert. Ich denke, und das ist der wohl größte Fehler, wenn man keine Leidenschaft hat, dann wird man im Medienbereich nicht erfolgreich sein, egal, ob man in der PR Agentur oder in einer Redaktion tätig ist. Auch wir wurden in den vergangenen Monaten einige Male gefragt, ob es wirklich notwendig sei, noch eine Agentur zu gründen. Aber der Erfolg der letzten Monate zeigt, dass es noch immer Bedarf gibt.