Seinen ersten Auto-Etat holte Lambert Mitterwenger 1979 – und den Autos ist er bis heute treu geblieben. Seit 29 Jahren ist Peugeot sein Hauptkunde. Wie es dem Group Account Director von Havas gelingt, den Etat schon seit fast drei Jahrzehnten zu halten und wie sich die Werbung verändert hat.
Mein persönlicher Zugang zum Auto ist ja eher pragmatisch“, sagt er lächelnd. Ich wasche und sauge es nicht jeden zweiten Tag. Auch die Technik interessiert mich nicht so.“ Lambert Mitterwenger strahlt die sympathische Gelassenheit eines Mannes aus, der niemandem mehr etwas beweisen muss. Entspannt, aber aufmerksam sitzt er in dunkler Jeans und weißem Hemd im Konferenzraum der Havas Worldwide Wien in der Hainburger Straße. Wüsste man nicht, dass er Werber ist, man könnte den 64-Jährigen glatt für einen Ressortleiter der benachbarten Zeitung Die Presse halten. Doch der Schein trügt – seit fast 30 Jahren betreut der agenturintern meist „Lambo“ genannte Wirtschaftspädagoge den Peugeot-Etat, seit fast 40 Jahren ist er „der Szene treu“.
Mitterwenger, 1953 im steirischen Mitterweng geboren, verschlägt es nach der HAK-Matura nach Wien zum Studium der Wirtschaftspädagogik. Seine ersten Sporen in der Werbung verdient er sich in der Wiener Prinz-Eugen-Straße. Dort, wo heute die Schweizer Botschaft und einst die Werbeagentur Promota residierte, wird der damals 26-Jährige mit dem Etat der Automarke Datsun betraut. Das war im Jahr 1979.
Ab 1986 betreut Mittereger den im französischen Familienbesitz befindlichen PSA-Konzern mit seinen Marken Citroen, Peugeot, DS (und neuerdings Opel), wo er nach zwei Jahren Citroen 1988 beginnt für die Marke zu arbeiten, die er auch heute noch betreut: Peugeot.
Erfolgsrezept: Vertrauen, zuhören und solide Arbeit Fast 30 Jahre Peugeot-Etat. In der Werbung ist das eine gefühlte Ewigkeit. Wie geht das? „Der Etat der PSA-Group liegt bei der Agenturgruppe Havas und war nie ernsthaft in Gefahr. Natürlich muss man gute Arbeit leisten. Und es klingt vielleicht einfach, aber meine These war immer: „Mag deinen Kunden, liebe deinen Kunden, hör deinem Kunden zu. Zuhören, nachdenken, dann mit Lösungen kommen. Wir nehmen auch jedes noch so kleine Projekt ernst. Das Vertrauen eines Kunden erarbeitet man sich nicht durch eine große Kampagne, die man husch auf die Beine stellt. Die großen Dinge, die großen Kampagnen funktionieren eh meistens, es kommt aber auf die Kleinigkeiten – ein Wimpel, ein Kleber – an, die man ebenso sauber produzieren muss.“ Zudem sieht er die Agentur nicht als bloßen Lieferanten, der Werbemittel produziert, sondern als Sparringspartner, der Briefings auch kritisch hinterfragt. Ein Grund, warum das internationale Agenturnetzwerk Havas seit vielen Jahren den PSA-Etat hält, ist die solide Arbeit in den einzelnen Ländern, wobei gerade Österreich einen großen Beitrag leistet.
Highlights: Grand Prix und Launchkampagne „Die Kampagnen von PSA werden in der Zentrale in Paris entwickelt und abgestimmt, wobei meist die großen internen Kreativagenturen aus Frankreich, Spanien, Deutschland, Italien und UK bei Script und Idee die Nase vorne haben“, erklärt Mitterwenger. „Wir haben ein Script für den Peugeot 208 eingereicht mit der Idee: Nicht du suchst das Auto, das Auto sucht dich. Wir haben echt nicht damit gerechnet, aber die Idee wurde mit der Kampagne „Hands“ weltweit umgesetzt“, erzählt er stolz und fügt so nebenbei hinzu, dass der Spot mit dem Grand Prix für den schönsten Film des Jahres 2012 ausgezeichnet wurde. Weiteres Highlight für ihn ist die 2010 vorgestellte Launchkampagne für das bei Magna Steyr in Graz gefertigte Sportcoupe RCZ, die von Wien aus um die ganze Welt ging. Auch digital ist man in Wien erfolgreich: Anfang dieses Jahres wanderte der gesamte Digitaletat der Schweiz nach Österreich. „Schon ein großer Brocken, aber mich freut, dass man uns das auch zutraut. Die Werbemittel werden in den drei Landessprachen – Deutsch, Französisch, Italienisch produziert, daher wir haben unser Team um zehn Mitarbeiter aufgestockt.“
Im Zeichen der Beschleunigung Wie hat sich die Autowerbung eigentlich in den letzten Jahrzehnten verändert? „Im Prinzip gar nicht so viel“, meint Mitterwenger, „Die ganze Abwicklung hat sich natürlich radikal beschleunigt. Wenn ich zurückdenke, haben wir früher bei den Druckunterlagen noch mit Klischees, Matern, Scribbles und handgeschriebenen Headlines gearbeitet. Beschleunigt haben auch sich die Produktzyklen der einzelnen Modelle, was zur Folge hat, dass auch wir immer weniger Zeit haben, diese zu bewerben. Autos werden aber nach wie vor gekauft, weil sie als Marke begehrenswert sind. Weil sie tolle Persönlichkeiten sind, die zur Persönlichkeit des Kunden passen müssen. Unser Job ist es, den Kunden diese Persönlichkeit sympathisch näherzubringen. Klassische Werbung ist mit den Jahren sicher dynamischer geworden. Bewegung ist gefragt, früher hat man die Autos eher statisch abgebildet. Außerdem wurden früher Autos generell stärker mit ihren Ausstattungsmerkmalen beworben, die mittlerweile praktisch jedes Auto hat. Natürlich fließt gerade in unserer Branche sehr viel Geld in digitale Kanäle, wobei ich hier in den letzten Jahren wieder ein sanftes Umdenken orte.“
Für die Zukunft sieht Mitterwenger keine großen disruptiven Trends in der Branche, selbstfahrende Autos hält er zwar für technisch bereits ausgereift, die ethischen Fragen seien aber nach wie vor ungelöst. Der Werbeprofi selbst glüht übrigens mit einem Peugeot 508 GT über den Asphalt: „Ein Auto mit Substanz, dem man die inneren Werte von außen nicht ansieht“, konstatiert die Autorevue.
[Marko Locatin]