Serviceplan, größte deutsche inhabergeführte Kommunikationsagentur, präsentiert ‚weShop‘ als Integration von Online und stationärer Fläche – maßgeschneidert zum ‚neuen‘ Rollenverständnis Verkäufer und Shoppper
„Es gibt so etwas wie einen Offenbarungseid für die stationäre Fläche“, schmunzelt Christian Rössler, der laute so: „Was kostet es bei Amazon – wir gehen mit!“ Rössler, Head of Connected Retail, Serviceplan Sales, steht in einem eigens adaptierten Showroom am Stammsitz der mit Abstand größten inhabergeführten deutschen Kommunikationsagentur Serviceplan in der Münchener Brienner Straße. Dortselbst hat Serviceplan im Oktober letzten Jahres in Kooperation mit dem Ladenbauer Vitrashop, den Technologiepartnern Cancom, Cisco und NEC und, nicht zu vergessen, Sport-Fashion-Edelmarke Bogner den „weShop“ eingerichtet. HORIZONT fand sich im März zum Lokalaugenschein ein.
Im Internet bestellen als die große, unumkehrbare Bedrohung für den stationären Einzelhandel, das ist seit Jahr und Tag – und insbesondere seit der „Mobilisierung“ des Internet aufs Smartphone vor nunmehr sechs Jahren, das große Thema im Handel: Was bleibt, wenn alles vergleichbar, bestellbar und möglichst auch innerhalb von Stundenfrist lieferbar ist, von riesigen Showrooms, nicht nur in Bau- und Elektromärkten, sondern auch im Lebensmittelhandel?
Was kommen wird, kann (besser: will) auch Retail-Experte Rössler nicht prognostizieren – er weiß aber (wie so oft im zivilisierten Leben): Es wird nicht auf entweder-oder hinauslaufen, sondern auf ein Sowohl-als-auch. Sowohl stationär, real, aber auch und besonders digital, always online, werden Handelsunternehmen ihrer Angebote präsentieren. „Mit dem weShop, dem intelligentem Verkaufsraum, zeigen wir auf einer Fläche von rund 50 Quadratmetern, wie reale und virtuelle Welt auf innovative Art und Weise miteinander in Einklang kommen“.
Eine Studie „Zukunft des Handels“ von Multiplikator eBay und Berater Deloitte in Deutschland (ausführlich dokumentiert auf
Zukunftdeshandels.de) brachte durchaus Erstaunliches hervor: 70 Prozent der Befragten (internetrepräsentative Struktur aus dem Jahr 2014 nach Alter (14–65 Jahre) und Geschlecht) bejahten die Frage „Glauben Sie, dass der Trend, Verbrauchern ausgewählte Kollektionen zur Verfügung zu stellen, in der Zukunft zunehmen wird?“ und gar 80 Prozent die Frage „Können Sie sich vorstellen, in Zukunft Artikel zu kaufen, die Sie durch von Experten/Trendsettern ausgewählte Zusammenstellungen von Artikeln gefunden haben?“ Es gebe eine „stark veränderte Kommunikation des Shoppers mit vernetzten Medien im Umfeld des POS“, erklärt Rössler. „Das, was sich verändert hat, ist das Rollenverständnis von Verkäufer und Kunde am POS. Auf den Verkäufer trifft nun ein vorinformierter Kunde, der schon im Internet gegoogelt hat, in sozialen Medien unterwegs war, andere Informationen hat und nun regelrecht verwirrt ist. Der Verkäufer sollte künftig die Rolle eines Coaches einnehmen.“
Und der Kunde erwarte am POS eine ähnliche mediale Information, wie er sie auch im Internet gewohnt sei, und verlange vom Verkäufer eine Bewertung seiner Informationen. „Es findet also ein Paradigmenwechsel statt, auf den die Unternehmen reagieren müssen.“ Dem können aber Berater und Analysten gerecht werden – wie beispielsweise Rössler mit seiner Unit Connected Retail bei Serviceplan: „Wir können alle Touch Points des Konsumenten, von seiner Nutzung digitaler Devices bis zum POS, erfassen – damit helfen wir dem Lieferanten wie auch dem Händler, Transaktionsprozesse sowohl stationär als auch online zu erfassen und optimieren.“ Denn das ist die andere, mindestens so schillernde Seite des weShop: Analyse, Messung, Optimierung für Lagerbestände, Verhalten, Nutzungen.
Der weShop – Rundumbetreuung„Wir wollen aber nicht nur davon sprechen, sondern tatsächlich zeigen, wie der stationäre Handel auf die Konkurrenz durch den E-Commerce antworten kann“, erläutert Rössler noch vor dem Showroom – denn die „Touch Point Journey“ des Shoppers fängt lange vor dem Entrée an, „ROPO“ – Research online, Purchase offline – ist dazu das Stichwort (lässt sich auch in das vom stationären Handel gefürchtete Research offline, Purchase online umdrehen). „Wir gehen davon aus, das der den ‚Omnichannel‘ nutzende Shopper sich schon ein Bild gemacht hat, was er stationär haben will, respektive was der Händler bereithält – der stationäre, vernetzte Kontakt beginnt bereits am Schaufenster, wenn das Display den Shopper erkennt und mit ihm ,spricht‘“.
Das Navigationssystem via App führt im Laden den Käufer zur gesuchten Ware, via eigene Tablets im Shop kann variiert und kombiniert werden – und das System macht Vorschläge. In der „sprechenden“ Umkleidekabine werden die probierten Stücke (wir sind, Bogner ist das Testimonial-Label, im Fashion-Bereich) je nach History des Kunden (via Kundenkarte) variiert und ergänzt; die gewünschte Ware selbst kann direkt zur Lieferung nach Hause dirigiert werden. Das seien „die drei Touch Points“ der Zukunft, sagt Rössler: Der informierte Kunde, der sich via Netz orientiert, der aktivierte, persönlich angesprochene Kunden (Schaufenster, im Laden – erkannt via Kundendaten) und der Shop selbst: „Weniger Ware, persönliche Ansprache, Individualisierung“ – als „Einkaufserlebnis, Präsentationsfläche, als Bühne“ (man möchte sagen, im weShop stehend: wohl für Ware und Shopper).
‚Der Kunde shoppt omnichannel‘
Der weShop-Showroom orchestriere sämtlicher Elemente, „die heute bereits verfügbar und einsetzbar sind“, betont Rössler – individualisierbare Kundenansprache mittels Beacon-Technologie, Stilberatung per Videokonferenz („Call an Expert“), paralleles Online-Shoppen nicht vorhandener Produkte via Shop-Tablets, Home Delivery, Warenerkennung mittels RFID-Technologie oder Inszenierung im Spionspiegel in der Umkleidekabine. Rössler: „Der moderne Kunde shoppt omnichannel. Daher muss die Antwort auf dieses Verhalten ebenfalls omnichannel sein. Zudem muss den Kommunikationsgewohnheiten des Konsumenten entsprochen werden. Wir erreichen dies mit Lösungen wie Echtzeitmarketing, also anlassbezogener Content-Aussteuerung, mit persönlicher Ansprache etwa durch digitale Kundenkarten, durch integrierte Werbemaßnahmen, die alle Kanäle vernetzen sowie durch die Inszenierung von Marken beispielsweise durch Storytelling.“ Die mit HORIZONT vazierenden SAP-Techniker nahmen es wohlwollend auf – da entsteht eine neue Ebene zur Datenverarbeitung im Handel.
,Das Smartphone verändert alles!‘„Das Smartphone ist ein digitales Tool in einer analogen Welt, das erst am Anfang steht, Businessmodelle nachhaltig zu erschüttern und zu verändern“, sagt Florian Gmeinwieser, Head of Mobile Serviceplan plan.net (die Digital-Unit der Serviceplan). „Das Internet ist über das Smartphone immer dabei. Das früher in der Box eines PCs eingesperrte Internet ist heute überall verfügbar – und wird die Basis für neue, teilweise disruptive Geschäftsmodelle“, formuliert Gmeinwieser. Der studierte in München BWL und werkte in London für Wallpaper (Reportagen über Design im alpenländischen Raum) ehe er nach 2005 als Geschäftsleiter der plan.net mobile, damals als Spezialagentur der Digital-Unit der Serviceplan, einstieg. Mittlerweile ist „Mobile überall“, sagt Gmeinwieser, bezogen auf die Serviceplan-Triade „Serviceplan Werbeagentur“, Serviceplan Mediaagentur Mediaplus und Digital-Unit plan.net (seit nunmehr drei Jahren auch in Österreich im „Haus der Kommunikation“ in der Wiener Gregor-Mendel-Straße am ehemaligen McCann-Sitz vertreten).
Aber, weiß Gmeinwieser: „Werbung, wie wir sie bisher kannten, ist auf diesem mobilen Device nur eine Form“, vielleicht sogar die am wenigsten funktionierende. Denn „Mobile ist kein Ausspielkanal – das ist mit Sicherheit zwar wichtig, aber: 24 Stunden ist das Gerät bei mir, und es begleitet mich über den ganzen Tag via Information, Unterhaltung, Verabredung, Chatten, Coachen-Lassen und als Informationsbeschaffer, beispielsweise ergänzend beim TV Schauen.“ Daher gehe es darum, zwei „Fürstentümer“, wie Gmeinwieser beobachtet – nämlich Analog und Digital – „nun zu vereinen“.
Denn Mobile respektive Smartphone sei „das Gerät, das digital funktioniert, aber in der analogen Welt stattfindet – und als Brücke via QR-Code, Bluetooth, App, Landingpage und so weiter in die digitale Welt fungiert“. Das Smartphone „ist ein Werkzeug, das etwas verbindet, was vorher nicht möglich war“ – und das verändert das Marketing: „Wie sehen ,Branded Services‘ aus?“ Der weShop – in dem Smartphones eine zentrale Rolle spielen – sei ein Blick auf das, „was heute schon möglich ist. Wir sind erst am Anfang!“
Dieser Artikel erschien bereits am 10. April in der HORIZONT-Printausgabe 15/2015. Hier geht's zur Abo-Bestellung.