Die PR-Branche befindet sich nach wie vor in einer Umbruchphase. Dabei ist teils auch radikales Umdenken notwendig.
Dieser Artikel ist zuerst in Ausgabe Nr. 25/2018 des HORIZONT erschienen. Noch kein Abo? Hier klicken!
Die Herausforderungen, die die Digitalisierung mit sich bringt, prägen auch die PR-Branche. Gefragt sind nicht nur neue Strategien, sondern auch Vermittlungsarbeit. Zudem bringt zunehmender Preisdruck die Agenturen in Bedrängnis. In diesem Umfeld kann beispielsweise der Einsatz technischer Tools zum Wettbewerbsvorteil werden.
„Klassische Pressearbeit ist ‚PR von gestern‘“, weiß man bei der ikp. „Wir denken PR radikal neu und hinterfragen dabei nicht nur, welche Instrumente und Kanäle unseren Content bestmöglich transportieren, sondern auch, wie wir diese weiterentwickeln können.“ Aus diesem Grund habe man seit 2015 die internen Strukturen mit der eigenen Social Intranet/ Collaboration Platform „ikp cockpit“ und dem standortübergreifenden Thinktank „Digital Cobra“ auch stark umgebaut: „Hier arbeiten Spezialisten aus dem Bewegtbildbereich, den sozialen Medien und dem Content Management mit ‚klassischen‘ PRFachleuten und Strategen an der ‚PR von Übermorgen‘.“ Daneben erkennt man bei der Agentur aber bereits einen gegenläufigen Trend zum nach wie vor bestehenden Social-Mediaund Influencer-Hype. „Vor allem im B2B-Bereich gewinnt der persönliche Dialog fernab von virtuellen Plattformen mit ausgewählten Stakeholdergruppen neu an Bedeutung.“
Mitten im Umbruch
Davon, dass sich die PR-Branche neu aufstellen muss, ist man auch bei Loebell Nordberg überzeugt. „Wir müssen weg von der typischen ‚Medienbetreuung‘ hin zu einer mehrdimensionalen Unternehmensberatung im Kommunikationsbereich.“ Denn die Kunden würden heute weniger mit rein klassischen Kommunikationsthemen als vielmehr mit zunehmend komplexer werdenden Aufgabestellungen an die Agenturen herantreten. „Gefragt ist hier ein One- Stop-Shop-Berater mit Fokus auf Positionierung, Branding und natürlich auch auf eine Erfolgssteigerung.“
Dass sich die PR-Branche „seit einiger Zeit mitten im Umbruch“ befindet, konstatiert man auch bei alphaaffairs: „Wobei sich daran in den nächsten Jahren auch nichts ändern wird.“ Grund hierfür sei, dass die Digitalisierung mit „ihren völlig neuen Formen des Medien- und Entertainment- Konsums tiefe Spuren hinterlassen“ habe. Dabei werden auf diejenigen, die dafür noch nicht richtig aufgestellt sind, schwierige Zeiten zukommen. „Die Schlagworte für die nächsten Jahre lauten ‚Digitalisierung‘, ‚Bewegtbild‘, ‚Content Hunting‘ und ‚Activation‘“, ist man überzeugt. Die Agentur selbst habe sich dahingehend schon vor einiger Zeit orientiert: „Und zwar mit starkem Fokus auf Kreation und qualitativ hochwertige strategische Beratung.“ Gleichzeitig habe sich alphaaffairs aber auch frühzeitig als Activation Agency positioniert und kreative Ideen sowie messbare Aktivierung aller relevanten Dialoggruppen, vom Social Media User über den Konsumenten bis hin zum Stakeholder als Leitbild und Qualitätszeichen der Agentur verankert.
Wenig Vertrauen in digitale Tools
„Die Digitalisierung erfordert es natürlich vor allem von der Kommunikationsbranche, vollkommen neue Wege zu gehen“, unterstreicht man auch bei peerpr. Ein Problem, das aber derzeit noch bestehe, sei, dass von Seiten der Kunden noch zu wenig Verständnis für und Vertrauen in digitale Kommunikationsformen vorhanden seien: „Unter Pressearbeit können sich die meisten Kunden etwas vorstellen, wenn es aber um Blogger-Relations auf Instagram oder darum, wie man einen WhatsApp- Broadcast-Service gezielt für die interne Kommunikation einsetzt, geht, dann sind fachfremde Personen mit Begriffen konfrontiert, die sie nicht unbedingt einordnen können.“ Aufgabe der PR-Branche sei es hier, Vertrauen aufzubauen und Maßnahmen für den jeweiligen Kunden zu finden, mit denen dieser sich einerseits wohlfühlt und die andererseits auch die gewünschten Erfolge bringen.
Eine weitere Herausforderung sieht man zudem in der Schnelllebigkeit, die das digitale Zeitalter mit sich bringe. „Während man früher Zeit hatte, sich auf gewisse Entwicklungen vorzubereiten, gilt es heute, so schnell wie möglich zu reagieren und vor allem kontinuierlich und ausdrucksstark aufzutreten, damit man in der Werbeflut nicht untergeht.“ Eine Erreichbar- und Reaktionsfähigkeit von 24/7 sei da oft Voraussetzung.
Enormer Preisdruck
Bei comm:unications | Agentur für PR, Events & Marketing hebt man hervor, dass von Seiten der Kunden immer mehr erwartet wird, dass PR sich rechnen muss und der Erfolg daher auch mittels Kennzahlen zu argumentieren sei. „Das bringt einen enormen Druck auf die Agenturen und deren Preisgestaltung mit sich.“ Bei comm:unications setze man hier auf klare Pricing-Systeme. Zudem mache man längst nicht mehr bei allen Pitches mit, da der Aufwand oft nicht mehr in Relation zum möglichen Umsatz stehe. „Agenturintern bedeutet das, dass wir mit unserer Arbeitszeit gut haushalten müssen und daher klare Vorgaben und Zeitlimits pro Projekt oder Retainer haben.“ In diesem Kontext werde der Einsatz technischer Tools in allen Bereichen eindeutig zum Wettbewerbsvorteil: „Wir investieren viel, um technisch auf dem letzten Stand zu sein.“
Eine weitere Herausforderung sei, dass das PR-Feld breiter geworden ist: „Mittlerweile gibt es paid, earned, shared, owned PR!“ Zentral sei es hier, Wissen innerhalb der Agentur zu teilen und auch immer up to date zu bleiben. „Wir begegnen diesem Thema mit einem Change in der Unternehmenskultur: mehr Selbstverantwortung, Kreativität- und Handlungsspielraum für die Mitarbeiter, aber auch mehr Einfordern von Ideen und Inputs.“ Darüber hinaus gebe es laufend Fortbildungen, wobei ein gewisses Stundenmaß pro Jahr eingefordert wird.
[Eva Pakisch]