Der Werbemarkt in Europa hinkt dem globalen Wachstum hinterher – Märkte wie China legen rasant zu. Es braucht gemeinsame Antworten. Leitartikel von Jürgen Hofer, stv. Chefredakteur.
Dieser Leitartikel ist zuerst in Ausgabe Nr. 3/2018 des HORIZONT erschienen. Noch kein Abo? Hier klicken!
Das neue Jahr bringt neben dem nun vielerorts neu aufkeimenden Optimismus auch bekannte Bedrohungsszenarien: Im globalen Wettbewerb um Fortschritt, Innovation und Wachstum lautet das Match USA gegen den asiatischen Markt, das westliche Europa droht ins Hintertreffen zu geraten, meinen Experten.
Auch bei der Entwicklung der Werbebranche deuten sich schwierige Jahre im Schatten dieses Duells an. Zwar titeln Prognosen „Wachstum“ für Europa, doch im globalen Vergleich fällt dieses wenig saftig aus. Mit knapp drei Prozent Wachstum der Werbeausgaben liegt das westliche Europa unter dem globalen Forecast für 2018, zeigt aktuell der Ad Spend Report des Dentsu Aegis Networks. Gesättigte Konsummärkte wie Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und auch Österreich liegen unter dem weltweiten Schnitt, die unterjährigen Prognosen wurden teils drastisch reduziert. Der Brexit lähmt den UK-Inseratenmarkt deutlich, das mangelnde wirtschaftliche Vertrauen und die befürchtete Kürzung der Ausgaben privater Haushalte ist dem nicht dienlich. Zugleich ziehen andere Märkte die Zügel deutlich an: 12,5 Prozent plus an Ad Spends etwa in Indien mit boomendem Print- und Digitalmarkt, China soll fast fünf Milliarden zu den neuen globalen Werbedollars beitragen und um 5,4 Prozent wachsen – das entspricht 15,2 Prozent der weltweiten Werbeausgaben. Längst zu Giganten aufgestiegene Unternehmen wie das chinesische Alibaba mischen den globalen Markt auf.
Und Europa? Eine ernstzunehmende europäische Konkurrenz zu Amazon oder Google existiert nicht. Schritte zum gemeinsamen Fortschritt gibt es selten. Migrationsdebatten oder nationalistische Tendenzen übertünchen gemeinsame Aktivitäten. Vorzeigeprojekte entstammen viel zu oft individueller Bemühungen und Kreativität. Es braucht unter dem gemeinsamen Dach der EU Nährboden und Investitionen, um eine aufkeimende Wirtschaft zu pushen. Denn nur mit einem florierenden Markt wird auch die Werbeindustrie langfristig profitieren.