Er lenkt, denkt und schenkt auch manchmal ein. Michael Mehler über eine Agentur, die die Krise erfolgreich überstanden hat, die ghost.company – spezialisiert auf den Gesundheits- und Pharmabereich
Ein lichtdurchfluteter Empfangsraum, etwas weiter hinten plätschert ein Springbrunnen Feng-Shui-mäßig vor sich hin. Wir befinden uns in den Räumlichkeiten der
ghost.company, einer österreichischen Werbeagentur mit Sitz in Perchtoldsdorf. Gegründet vor Jahren als One-Man-Show, zählt Inhaber und Creative Director Michael Mehler hier heute 20 Mitarbeiter. Zusätzlich gibt es noch Dependencen in München und Zürich. „Man hat uns immer nachgesagt, wir haben die falsche Größe. Heute kann ich sagen, stimmt nicht“, schmunzelt er. „Wir haben uns immer bemüht, die Ersten zu sein, wenn es um Trends ging.“ Hier wird nicht geklagt ob schwerer Zeiten. „Wirtschaftskrisen kommen sehr schnell, und bei der letzten haben wir uns gefragt, was zu tun ist. Es gab drei Optionen: Die Hälfte der Mitarbeiter kündigen, Gehälter um 30 Prozent kürzen oder noch mehr arbeiten als zuvor – mit bestehender Belegschaft und ohne Einsparungen.“
Damals hat man sich für Tor Nummer drei entschieden, und es scheint, das war genau richtig. „Wir sind eine Ausnahme; ich glaube, der Markt hat sich immer noch nicht erholt. Viele unserer Mitbewerber gibt es fast nicht mehr, was ich sehr traurig finde.“ Mehler sieht den Erfolg seiner Agentur vielfach begründet. „Erstens haben wir keinen ganz gewaltigen Kunden, von dem wir abhängig sind, zweitens sind wir sehr rasch in die digitale Szene eingetaucht. Wir sind Google-zertifiziert, das haben sonst nur Spezialisten. Sprich, wir können integrierte Kampagnen ohne Reibungsverluste anbieten, das ist unsere große Stärke, und wir haben das alles im Haus.“
Der Ruf der Agentur: Sie sind nicht die Allerbilligsten und nicht die Allerteuersten, aber fair. Zahlreiche Auszeichnungen bestätigen zudem Mehlers Aussagen. Vor allem im Pharma- und Gesundheitsbereich ist die ghost.company breit aufgestellt. „Ich muss zugeben, da gibt es auch eine gewisse Affinität, meine Eltern waren beide in der Pharmabranche tätig“, grinst Mehler. Ein aktuelles Projekt beispielsweise ist die Einführung von Tantum Verde am deutschen Markt. Das Erfolgsrezept der ghost.company beruhe auf harter und effizienter Arbeit. „Die Zeit der Amateure ist vorbei. Es braucht heutzutage Spezialisten, sowohl bei den Kreativen als auch bei den Grafikern, überall einfach.“ Ungeachtet des florierenden Eigengeschäfts blickt Mehler auch auf die generelle Situation der Agenturen – und die lässt ihn nicht kalt. „Man sieht weniger Topwerbung, weil die Kunden nicht mehr bereit sind, so viel für Werbung auszugeben wie früher. Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise merkt man in Österreich und Deutschland nicht so sehr, aber anderen Ländern geht’s schlechter, und das kommt dann auch bei uns durch die Globalisierung zum Tragen.“
Charaktersache AgenturWichtig sei es als Agentur auch, beratende Tätigkeiten durchzuführen. „Man muss als Agentur anders denken, wir verdienen auch Geld mit Strategie und Workshops. Wir alle aber müssen aufpassen, dass Werbung nicht zu billig wird.“ Mehler sieht ein großes Problem bei den Einkäufern. „Die kaufen teilweise Kampagnen ein wie Autos, Schrauben oder Tische. Kreativität kann man aber so nicht einkaufen. Ich glaube, dass die Krise noch stärker den Charakter der Menschen gezeigt hat, ich glaube, dass die Zeit der schwarz gekleideten, mit genagelten Schuhen bewaffneten Mad Men schön langsam vorbei ist. Die Zauberwörter sind ordentliches Briefing, Fairness in der Preisgestaltung, eine gewisse Transparenz und gute Nerven beim Verhandeln.“
Beim Thema Agenturnachwuchs schlägt er strengere Töne an. „Ich sehe das Problem weniger in der Ausbildung als in der Persönlichkeit der Menschen, nicht jeder ist für die Agenturszene geeignet. Sie ist total spannend, teilweise aber sicher familienfeindlich. Die Einsatzbereitschaft jedenfalls liegt bei den Menschen selbst, Wochenendarbeit beispielsweise ist Thema. Wir hatten schon Leute hier, die stolz waren, dass sie um fünf hier rausgegangen sind, die durften gleich überhaupt zu Hause bleiben, das hat ja keinen Sinn.“