Internationale Zusammenarbeit wurde in den vergangenen Jahren auch für österreichische PR-Agenturen immer wichtiger. Network-Agenturen sind auf dem kleinen lokalen Markt der Alpenrepublik rar, dafür gibt es umso mehr Affiliate-Partnerschaften.
Dieser Artikel ist zuerst in Ausgabe Nr. 25/2018 des HORIZONT erschienen. Noch kein Abo? Hier klicken!
Netzwerkagentur, internationale Agentur oder heimische Agentur mit Affiliate-Anbindung? In Österreich eine Frage der Auslegung. Fest steht, dass auch der im Vergleich kleine heimische PR-Markt oft nicht mehr ohne internationale Partner auskommt, wie Sigrid Krupica, Geschäftsführerin von Grayling, betont: „An der Spitze der österreichischen PR-Branche sind fast alle Agenturen entweder Tochterunternehmen eines internationalen Netzwerks oder zumindest sogenannte ‚Affiliate Partner‘ eines großen Netzwerks.“ Das sei eine logische Entwicklung: „Weil Firmen heute immer internationaler agieren, gilt dasselbe auch für die Unternehmenskommunikation. Agenturen, die über Grenzen hinweg vernetzt sind, können Kunden Beratung aus einer Hand bieten und nebenbei viel voneinander lernen.“ Saskia Wallner, Geschäftsführerin von Ketchum Publico, stößt sich hingegen an der Definition von „Netzwerkagenturen“ in der PR: „Entweder ist man eine internationale Agentur oder eine Affiliate-Agentur. Und wir sind die einzige echte internationale Agentur in Österreich und ein Teil der Omnicom Gruppe“, sagt sie.
Kleiner Markt, lokales Business
Das Fehlen von internationalen PRAgenturen in Österreich sei dem kleinen heimischen Markt geschuldet, ist Wallner überzeugt: „PR selbst hat sich erst spät entwickelt, mit den ersten Playern, wie Publico-Gründer Wolfgang Rosam oder Peter Hochegger. Im Gegensatz zum Werbemarkt ist die traditionelle PR ein lokales Business, mit lokalen Journalistenkontakten, lokalem Lobbying und lokalen Stakeholdern.“ Für große internationale Agenturen sei der heimische Markt lange Zeit nicht attraktiv genug gewesen, erst in jüngerer Zeit wurde über die Grenze geschaut. „Rosam stieg 2001 mit Publico in Deutschlands größte PR-Agentur, die European Communications Consultants (ECC) ein“, erzählt die Ketchum-Publico- Geschäftsführerin.
Anders sieht man das bei Grayling: „Vielen der großen PR-Agenturnetzwerken ist es nicht gelungen, sich mit eigenen Niederlassungen in kleineren Märkten zu etablieren. Das gilt nicht nur für Österreich, sondern auch für die Schweiz oder Skandinavien. Ich glaube, Grayling ist deshalb erfolgreich, weil wir vor allem organisch gewachsen sind, über die Jahre stabil geblieben sind und viel Erfahrung in der Betreuung länderübergreifender Etats gesammelt haben.“
‚Local Hero‘ oder international
2011 entschied sich der damalige Publico-Chef Markus Schindler – der mit Partnern die Anteile von Rosam erworben hatte – auch, die restlichen Teile an die Omnicom beziehungsweise das Ketchum-Netzwerk zu verkaufen. Schindlers Beweggrund sei ein gutes Beispiel dafür, dass es in Österreich nicht mehr internationale Agenturen gibt, meint Wallner weiter. Der Publico-Chef meinte damals in einer Presseaussendung, es sei „keine Perspektive, 100 Prozent der Umsätze in Österreich aus Eigenem zu erwirtschaften und 70 Prozent der Erträge an einen internationalen Partner abzuliefern, der zum wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens keinen nennenswerten Beitrag leistet“. Dazu Wallner: „Markus ist ein Geschäftsmann in eigener Sache, ein Local Hero. Das geht nicht zusammen mit dem, was die Omnicom von ihrem Management erwartet.“ Anders sieht Wallner sich selbst: „Ich bin mit Begeisterung internationale Managerin und kann meinen Unternehmergeist ausleben – kann führen, gestalten und weiterentwickeln. Aber ich bin angestellt und muss nach den Spielregeln der Omnicom arbeiten.“ Dazu gehöre vor allem ein strenges Reporting: „Ich muss sehr präzise planen, habe taffe Vorgaben und muss finanziell absolut am Punkt performen.“
Andocken an globale Brainpower
Geht es um die Vorteile einer internationalen Agentur, schwärmt Wallner von dem damit einhergehenden „großen Horizont“: „Wir haben über hundert Agenturen weltweit, mehr als 2.800 Kollegen und damit eine breite Know-how-Basis aus unterschiedlichen Experten für alle Richtungen, die nur einen Anruf entfernt sind.“ Eine große Rolle spielen unter anderem das umfangreiche Intranet und der „Idea Shop“, eine Plattform, auf der Ideen zu finden sind, die weltweit nicht verkauft wurden und als Anregung für den eigenen Pitch dienen können. Sehr viel Wert auf Weiterbildung werde auch im Rahmen der „Ketchum-University“ gelegt, sowie der Möglichkeit, innerhalb der Agenturgruppen für einige Zeit in ein anderes Land zu wechseln. Ähnlich sieht das auch Krupica: „Mit 31 Büros in 22 europäischen Ländern hat Grayling die größte Präsenz unter den Agenturnetzwerken in Europa. Und wir können die Region Süd- und Osteuropa abdecken wie keine andere Agenturgruppe. Der netzwerkinterne Wissenstransfer und spannende Karrieremöglichkeiten für reiselustige Mitarbeiter sind weitere Vorteile.“ In der eigentlichen Kampagnen- und Akquirierungsarbeit spiele der Mutterkonzern keine große Rolle, erklärt Wallner weiter: „Natürlich gibt es Unternehmen, bei denen man mit so einem Namen schon eine größere Chance hat“, aber man müsse für die Kunden „trotzdem selbst laufen. Alle unsere Projekte sind selbst erpitcht – auch die internationalen.“ Die Erfahrungen teilt auch Krupica: „Hinsichtlich der geforderten Leistungen und Expertise sind die Unterschiede nicht groß, aber der Teamspirit und damit die Qualität der Zusammenarbeit ist unter Tochterunternehmen eine andere.“ Glaubt Wallner, dass jetzt noch viele dem Beispiel der Publico aus 2011 folgen werden und sich einer internationalen Agentur anschließen? „Nein. Der Markt ist aufgeteilt, die guten lokalen Agenturen haben sich bereits internationale Netzwerke gesucht.“
[Veronika Höflehner]