Mit Jänner wurde die GroupM-Agentur MEC zu Wavemaker. Die designierte CEO Silke Übele über ihre Ziele, den Umbauprozess und die Zukunft von Maxus.
Dieses Interview ist zuerst in Ausgabe Nr. 1-2/2018 des HORIZONT erschienen. Noch kein Abo? Hier klicken!
Horizont: Frau Übele, Wavemaker ist nun gelauncht. Warum die Umfirmierung von MEC in Wavemaker auf globaler und schlussendlich lokaler Ebene?
Silke Übele: Das war eine strategische Netzwerkentscheidung, um zwei starke Agenturen, die innerhalb des WPP-Netzwerks auch kulturell sehr ähnlich sind, zusammenzulegen und Kräfte zu bündeln. Unser Anspruch ist es, Media, Content und Technologie noch besser zu integrieren. Dieser globalen Ausrichtung folgen wir auch in Österreich.
Welche Ziele haben Sie als neue CEO, mittel- sowie langfristig?
Wir werden unsere aktuellen Services, Produkte und Beratungsleistungen noch konsequenter an der Purchase Journey der Zielgruppe orientieren. Mittelfristig werden wir an der Profilierung der Agenturbrand arbeiten. Diese wird sich deutlich von der bisher eher stärkeren Medialastigen Positionierung abheben. Wir werden unsere internen Arbeitsprozesse optimieren und agiler gestalten – dabei helfen uns Systeme zur Automatisierung. Und wir werden noch intensiver mit Purchase-Journey- Daten arbeiten – hier haben wir bereits einen breiten Pool an Daten, sei es aus unserer proprietären Studie WM Momentum, sei es aus der [m]platform. Strategisches Audience Planning wird einer unserer Schwerpunkte sein. Und hier wird dann auch das Thema Content schlagend – Content muss relevant sein, um erfolgreich zu sein.
Meinen Sie mit Content „Kreation“?
Ja und nein. In erster Linie geht es darum, Input zu leisten, welcher Content für bestimmte Zielgruppen und Audiences überhaupt relevant ist. Welche Themen in welcher Phase der Customer Journey sinnvoll und zielführend sind. Wir sehen uns hier eher als der strategische Sparringspartner für Kunden und Kollegen aus den Kreativagenturen. Ein wesentlicher Punkt ist auch, dass unterschiedliche Plattformen unterschiedliche Contentformen benötigen, um zu funktionieren. Hier werden wir proaktiv in die Diskussion gehen und unseren Beitrag leisten. Mit ein Ziel ist es, zum Wohle unserer Kunden, Silos zwischen den verschiedenen Disziplinen, sei es Media, Kreation, PR et cetera zu überwinden und gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Für diese Offenheit soll Wavemaker auch stehen.
Welche Rolle werden die bisherigen MEC-Geschäftsführer Konrad Mayr-Pernek sowie Sibylle Blümel nun einnehmen?
Sibylle bleibt in der Geschäftsführung und wir werden weiterhin sehr eng zusammenarbeiten, inhaltlich aber natürlich unsere individuellen Schwerpunkte setzten. Konrad hat schon vor einiger Zeit die Entscheidung getroffen, einen neuen beruflichen Weg einzuschlagen.
Worin konkret werden die Unterschiede in der Arbeitsweise zwischen MEC und Wavemaker liegen?
Es gibt Unterschiede zwischen global und lokal und von Markt zu Markt, weil wir unterschiedliche Kundenanforderungen haben, andere Marktentwicklungen und Kompetenzen. Der größte Unterschied liegt aber darin, dass wir noch stärker als bisher Customer Journey betreiben. Das ist ein Erbe der MEC, die ein ganz eigenes Bild einer Customer Journey hat. Bisher hieß diese MEC Momentum, ab jetzt ist es das Wavemaker Momentum. Um das herum sowie die Daten- und Userzentrierung bauen wir einen Prozess, der noch stärker Customer-Journey-orientiert ist, angereichert um das Thema Content. Hinzu kommt die kreative Kompetenz der Maxus. Wir werden stärker investieren in Customer Journey Planning. Die deutschen Kollegen haben mit „Customer Journey Design“ dafür bereits ein eigenes Berufsbild entwickelt, wonach Kommunikationsstrategien analog zur Customer Journey entwickelt werden. Das hört sich abstrakt an, ist es aber nicht. Es erleichtert uns einfach die Integration von Medienkanälen mithilfe von Daten, digital sowie crossmedial.
Sie waren bislang als Managing Partner MEC tätig, vorwiegend als CEE-Koordinatorin für die Erste Bank Group, davor unter anderem als Director Strategy and Business Development. Der Name Wavemaker impliziert, dass Sie Wellen schlagen wollen.
Das haben wir auch in unserem Facebook- Post so übernommen (lacht). Wavemaker hieß schon die die Content Unit der MEC. Hier wurden all die Dinge entwickelt, die innovativ und kreativ sind – eine Art Think Tank, wenn man so will. Dieses Erbe und den Spirit werden wir in der Gesamtagentur weitertragen. Und dann hoffentlich auch Wellen schlagen, ja.
Aktuell besteht das Wavemaker- Team aus 50 Mitarbeitern, jenen der MEC. Planen Sie, noch weitere Mitarbeiter zu akquirieren?
Das werden wir uns noch genauer ansehen. Wir haben starke Kompetenzen inhouse. In erster Linie wird es darum gehen, Strukturen so zu optimieren, dass wir mehr zeitlichen Freiraum schaffen, an strategischen Themen und der Weiterentwicklung unserer Services und Produkte zu arbeiten.
MEC-Geschäftsführer Konrad Mayr-Pernek hat uns im bestseller- Interview (6/2017) skizziert, das Umfirmierungsprojekt in Wavemaker und die potenzielle Verschmelzung mit Maxus sei 2017 „eine echte Überraschung“ gewesen. Wie haben Sie das empfunden, war das quasi eine „Schockinfo“?
Eine Überraschung war es sicherlich, weil es vor dem Announcement keine lange Vorlaufzeit gab. Ein Schock aber keinesfalls. Wie gesagt, die Agenturen passen kulturell zusammen und die Erfahrung hat gezeigt – das ist ja nicht der erster Merger, den wir erleben – dass eins plus eins mehr macht als zwei.
Wie genau kann man sich diesen internen Umgestaltungsprozess vorstellen?
Auf internationaler Ebene gab es einen internen Audit zu den bestehenden Systemen, Tools und Prozessen. Aus dem Gesamtportfolio der MEC und Maxus wurde das jeweils beste Produkt, der beste Prozess ausgewählt und wird nun weiter optimiert. Die globale Struktur wurde verändert und ein noch stärkerer Fokus auf das Thema Product Development gelegt. Matthias Brüll, ehemals GroupM CEO Deutschland, ist neu berufener Global Chief Product Officer.
Was gleicht die brennende Frage aufwirft: Wird Maxus in Wavemaker integriert?
Maxus bleibt aus steuerlichen und rechtlichen Gründen in Österreich bis auf weiteres als eigenständiges Unternehmen und Marke weiter bestehen.
Global hat die GroupM somit nur noch drei Media-Networks: Mediacom, Mindshare und Wavemaker. Wenn Wavemaker global einen Kunden gewinnt, der auch in Österreich betreut werden soll, fällt er dann hierzulande automatisch Wavemaker zu?
Global hat die GroupM vier Säulen. Neben Mediacom, Mindshare und Wavemaker ist das die stark digital orientierte Agentur Essence. Wenn Wavemaker international einen Kunden gewinnt und es bei Wavemaker Österreich keine Konflikte gibt, werden wir diesen Kunden in Wien auch als Wavemaker betreuen.
GroupM-Austria-CEO Peter Lammerhuber nannte zuletzt als Grund für das Weiterbestehen von Wavemaker und Maxus in Österreich genau diese lokalen Kundeninteressen und drohenden Interessenkonflikte.
Maxus bleibt, wie gesagt, weiterhin als Legal Entity bestehen. Und ja, das gibt uns natürlich Spielraum bei potenziellen Kundenkonflikten.
Dann ist Österreich also ein gallisches Dorf?
Wenn man so will, ja. Wir erlauben uns den ein oder anderen Freiraum im Interesse unserer Kunden vor Ort.
Wie haben die Kunden auf den Umbau reagiert?
Bislang sehr positiv, was auch daran liegt, dass wir beraterische Stabilität garantieren und gleichzeitig mit neuen Inputs und Ideen auf unsere Kunden zugehen. Besonders die strategische und taktische Fokussierung auf die Customer Journey und das Planen und Denken im Framework des WM Momentum wird gut aufgenommen. Spürbar ist das große Interesse am Ausstauch rund um Audiences, Content und Analytics.
Gibt es Ihrerseits bestimmte Traumkunden?
Ich kann mich für fast jede Marke begeistern. Ich bin Schwäbin und in der Nähe von Stuttgart geboren, da würde ich mich natürlich über eine schwäbische Automobilbrand besonders freuen.
Werfen wir einen Blick auf den Markt: Wie sehen Sie die Entwicklung der Werbespendings 2018?
Insgesamt leicht steigend mit einem deutlichen Wachstum im Digitalen – getrieben vor allem durch Social und Video.
Auf der anderen Seite gibt es einen aktuell präsenten Abgesang auf das Digitale. Wie passt das dann zusammen?
In den mag ich nicht so recht einstimmen. Digitale Kommunikation ist natürlich angreifbar – Stichwort Viewability oder Brand Safety. Hier leisten wir gemeinsam mit der GroupM unseren Beitrag für mehr Sicherheit und Transparenz. Digitale Kanäle sind und bleiben aber ein bedeutender Touchpoint der Konsumenten. Und diese Bedeutung wird wachsen. Digital wird mobiler werden und WebVideo der Treiber von Bewegtbild. Und digital wird sich noch stärker integrieren mit den sogenannten klassichen Kanälen. Hier kommen noch ganz spannende, sehr digitale Zeiten auf uns zu.
Vor allem in Deutschland gibt es jedoch Kritiker, die durch die Technologie der Blockchain darauf hinweisen, dass es die Agenturen bald nicht mehr brauche und es ein neues Rollenmodell geben solle.
Eine neue Aufgabenverteilung zwischen Mensch und Technologie in der Optimierung, ja. Es wird mit Sicherheit zu einer fortschreitenden Automatisierung kommen. Die strategische Basisarbeit und die fortlaufende Optimierung des Kommunikationsmix wird so schnell keine Technologie übernehmen.
Was aber womöglich ein Sinken der Anzahl der Agenturen bedeuten würde.
Nicht zwingend. Agenturen werden sich inhaltlich neu ausrichten und Beratungschwerpunkte jenseits von taktischer Media-Optimierung suchen. Wavemaker geht ja nun gerade diesen Weg.
Wie fühlen Sie sich als gebürtige Deutsche im österreichischen Werbemarkt, der einigen Stimmen der Branche zufolge durch die globale Steuerung mancher Werbebudgets nicht mehr so eigenständig ist wie er früher einmal war? Vermissen Sie Ihre Zeit in Frankfurt hier ein wenig?
Als ich vor vielen Jahren in Frankfurt war, war die Branche nicht halb so spannend wie heute. Dieser Zeit weine ich nicht hinterher. Deutschland steht als größter Werbemarkt in Europa sehr stark im Fokus. Diesen Druck spüren wir in Österreich weniger, die Gestaltungsspielräume, die wir dadurch haben, müssen wir noch mehr nutzen. Wir arbeiten gerne und intensiv mit den deutschen Kollegen, aber eben auch sehr eng mit kleineren Märkten, die ähnliche Herausforderungen haben wie wir.