Marken sollen relevanter werden
 

Marken sollen relevanter werden

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Gemeinsam mit zwei Partnern will Grace Pardy, ehemalige Co-Bundesgeschäftsführerin der Neos, Real Time Marketing in Österreich etablieren

Grace Pardy – dieser Name ist jenen, die den Werdegang der Neos verfolgt haben, vermutlich bekannt. Als Co-Bundesgeschäftsführerin war die Wienerin, die sich selbst lieber als Euro­päerin bezeichnet, maßgeblich am Markenaufbau der Partei beteiligt, ehe sie Anfang September ausschied. Was vielleicht wenige wissen: Pardy kennt die Marketingbranche wie ihre Westentasche, war im In- und Ausland für ­Unternehmen wie Lancôme, Coca-Cola, Levi Strauss, Dockers Europe, Reebok, das internationale Pressein­stitut und Nobia, ein Portfolio von 21 Küchenmarken in Schweden, tätig.

Nun gründete Pardy gemeinsam mit Peter Gheneff und Thomas Schmid sowie Kooperationspartner Herbert Kling von meinungsraum.at made2matter, Österreichs erstes Real Time Marketing Bureau. Real Time Marketing – ein Business-Markenkonzept, das, so erklärt Pardy, oft zu besserer Marketing-Effektivität, höherer Kundenzufriedenheit, stärkerer Kundenbindung und gesteigerten Umsätzen führt. Klingt gut – doch was steckt dahinter? „In der Markensteuerung bedeutet Real Time Marketing, dass man die Hand vom Steuerknüppel nicht mehr loslassen kann, nicht im Autopilot-Modus unterwegs sein darf. Es heißt auch, dass die sequenzielle Kampagnenplanung, die früher stattgefunden hat, heute längst überholt ist.“

Sie meint auch, dass die Konsumenten von heute informierter denn je sind und den Empfehlungen ihrer Freunde oft mehr vertrauen als dem, was Marken über sich selbst sagen. Marken seien daher gefordert, für ihre Zielgruppen relevant zu bleiben und „an den Konversationen teilzunehmen, die sich in den digitalen Kanälen abspielen“, betont Pardy im Gespräch mit HORIZONT und ergänzt: „Wenn man an diesen Konversationen nicht teilhat, dann ist man schneller weg vom Spielfeld, als einem lieb ist.“

Dreistufiger Business-Approach

Für made2matter setzt Real Time Marketing an drei Baustellen an. Zunächst einmal wird analysiert, welche Daten und Insights zur Verfügung stehen. Für diese Analyse nutzt made2matter zwei Tools, „das Tool ‚Future Matter‘, das sich mit Trends auseinandersetzt, sowie ein zweites, das wir Anfang November launchen werden und das die Emotionalisierung in den Vordergrund rückt – denn heutzutage wissen wir, dass das Kaufverhalten in erster Linie durch Emotion, und nicht durch ­Kognition gesteuert wird“, erklärt die Gründerin. In zweiter Stufe wird ein strategischer Prozess entwickelt, der klarifiziert, wofür eine Marke nachhaltig steht. „Darauf aufbauend gehen wir mit den Teams Produktion, Sales und Marketing iterativ in den Kommuni­kationsprozess und setzen uns damit aus­einander, welche Communitys angesprochen werden wollen und welche Botschaften für sie relevant sind. Diesen dreistufigen Plan, eine Mischung aus geplanten und spontanen Aktivitäten, arbeiten wir bei made2matter aus“, so Pardy über das Leistungsspektrum.

Auch Thomas Schmid, Mitgründer von made2matter und Partner mit seiner Agentur page 84, ist überzeugt davon, dass Bedarf für ein solches Real Marketing Bureau besteht: „Unser Ziel ist es, die richtigen Communitys für bestimmte Marken zu finden und mit den richtigen Botschaften anzusprechen. Durch emotionales Storytelling sollen sie langfristig für die Marke begeistert werden. Dadurch steigern wir nachhaltig und messbar Markenwachstum, Effizienz und das EBIT unserer Kunden“. Was die Kunden betrifft, führen Pardy und ihre Partner derzeit Gespräche mit einigen Unternehmen, grundsätzlich sei man für alle Branchen offen. Wichtig findet Grace Pardy, dass jene, die ihre Leistungen in Anspruch nehmen, auch bereit sind, unternehmensintern leidenschaftlich mitzuziehen und sich gleich zu Beginn bewusst zu werden, „dass das Unternehmen in der Außenwelt womöglich ganz anders wahr­genommen wird, als man unternehmensintern denkt. Diese Lücke zwischen Eigenwahrnehmung und Fremdwahrnehmung muss, damit das Ganze funktionieren kann, als Aller­erstes geschlossen werden.“

Bieten Marken einen Mehrwert?


Doch was bewegt jemanden nach mehreren Jahrzehnten in der Branche sowie einem erfolgreichen Abstecher in die Politik dazu, sich selbstständig zu machen? Den Gedanken dahinter erklärt sie folgendermaßen: „Ich wurde 2013 mit einer Studie im Auftrag von Havas Worldwide konfrontiert, die ich fast nicht fassen konnte. 134.000 Konsumenten wurden gefragt, was passieren würde, wenn alle Marken weltweit verschwinden würden. 73 Prozent – und ich konfrontiere Sie nicht mit den europäischen Zahlen, denn die sind noch viel schlimmer – haben gemeint, dass sie die Marken wohl nicht vermissen würden.“ Die Tatsache, dass somit nur ein Fünftel der Befragten bekundet hat, dass ihnen Marken etwas wert sind, bewog Pardy und ihre Unternehmenspartner dazu, mit made2matter an den Start zu gehen, um Marken dazu zu verhelfen, für ihre Zielgruppen wieder relevant zu werden.

Für das Real Time Marketing Bureau zahlt sich, so erklärt Grace Pardy, ein Blick ins Ausland aus, denn dort finden sich zahlreiche Best-Practice-Beispiele, „vor allem in den USA, weil dort Marken schon länger damit arbeiten. Gute Vorbilder sind Trader Joe’s, eine spezialisierte Lebensmitteleinzelhandels-Kette, die Bank of America, Wrigley, Marriott und Ritz Carlton in der Hotellerie oder Oreo, die wir allesamt sehr genau beobachten. Auch bei kleineren Marken sind die USA nach Schätzungen dem Trend etwa zwölf bis 18 Monate voraus.“ Dazu ergänzt die Marketingexpertin, die made2matter als europäischen und nicht nur österreichischen Anbieter etablieren will: „In Österreich gibt es bei einzelnen Marken gute punktuelle Ansätze und Initiativen, aber hier sehen wir – genauso wie generell in Europa – noch Luft nach oben.“

Real Time Marketing etablieren

made2matter ist offiziell erst wenige Tage alt, 2014 soll allerdings – unter anderem mit dem Launch eines neuen Tools – ein spannendes Jahr werden, ebenso wie 2015. In erster Linie gehe es dem Bureau darum, Real Time Marketing zu etablieren, etwa im Zuge von Workshops und Konferenzen. Dass das funktionieren wird, davon ist Pardy überzeugt: „Nach 25 Jahren Markenführung freue ich mich auf einen extrem spannenden nächsten Schritt und auf alle Marken, mit denen wir zusammenarbeiten dürfen. Denn ich bin überzeugt: You can make a difference.“
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