Heimo Hammers Agentur kraftwerk feiert ihr 25-Jahres-Jubiläum. HORIZONT besuchte den atypischen Agenturmanager ‚Mr. Feelgood‘
Sein Büro ist weder groß noch spektakulär – eher ein kleines Hinterzimmer mit Blick in einen Lichthof. Die großen lichtdurchfluteten Räume mit Blick auf die Auerspergstraße, vulgo „Zweier-Linie“ gehören den Mitarbeitern und stehen als Konferenzzimmer zur Verfügung. Heimo Hammer ist kein gewöhnlicher Agenturchef. Bodenständig, gewieft, bemerkenswert gut aufgelegt und vor allem ausdauernd. Es war im Jänner 1990, als er die Verträge für die Gründung der Agentur kraftwerk unterschrieb. „Das war noch vor der CD-ROM-Zeit“, erinnert er sich und scheint es selbst kaum glauben zu können.
Ein Vierteljahrhundert also. Multimedia war das große Ding, das Hammer so fasziniert hatte. Timothy Leary bei der Ars Electronica, Animationen, Konzepte, Ideen. Diese Nische wollte er besetzen. Die Nische wurde zu dem Megatrend, der heute unter „Digitalisierung“ firmiert. Und kraftwerk wurde zu einer der großen Agenturen des Landes mit rund 54 fixen Mitarbeitern und einem Honorarumsatz von 14 Millionen Euro. Den 25er zu feiern, fällt Hammer leicht. 2014 war für ihn ein Rekordjahr. Und 2015 lässt sich auch extrem gut an: Die Agrarmarkt Austria bündelte die Etats für ihre sechs Warengruppen (Fleisch, Milch et cetera) und startete einen Pitch. Der Klassik-Pitch läuft noch. Der Sieger im Digital-Pitch steht schon fest: kraftwerk. Ende des zweiten Quartals geht die neue Website online. Eine zweite „Wahnsinnsaufgabe“ (Hammer) in diesem Jahr: der Aufbau des Onlineshops von Merkur Markt. Die gehobene Supermarktkette aus der Rewe-Gruppe forciert unter Vorstand Kerstin Neumayer das Onlinegeschäft. kraftwerk zeichnet für die Konzeption und das Design des Webshops verantwortlich, ebenso wie für die digitalen Kommunikationsmaßnahmen, die teilweise bereits gestartet sind (
Fränz.at). Hammer: „Unser Glück ist, dass sich der Claim von Demner, Merlicek & Bergmann ,So macht man sich Freunde‘ perfekt in die digitale Welt umsetzbar ist.“
Kommunikation und VertriebBis Ende 2015 sollen im Webshop von Merkur bis zu 14.000 Produkte zur Verfügung stehen. Die Progammierung wird durch Rewe Digital erfolgen. Es ist für Hammer ein Projekt, das sinnbildlich für die neuen Herausforderungen steht. Die Agentur als Dienstleister gerät immer mehr an die Schnittstelle zwischen Kommunikation und Vertrieb. „Früher hieß es: ‚Mach uns die Kommunikation.‘ Heute heißt es: ‚Mach uns die Kommunikation, aber vorher verstehe unser Geschäft und hilf uns, es weiterzuentwickeln‘“, so Hammer.
Mit der zunehmenden Digitalisierung nimmt die Rolle von Kampagnen ab. „Man kann nicht nicht kommunizieren“, nimmt er Anleihe bei Paul Watzlawick. Und das trifft dann insbesondere zu, wenn sich die Geschäftsabwicklung zunehmend online abspielt. Es gibt eine Vielzahl von Örtlichkeiten und Zeitpunkten, wo der Kunde mit der Marke in Berührung kommt. Jederzeit und überall muss es eigentlich die jeweils perfekt-nahtlose Möglichkeit zum Kaufen geben.
„In so einer Welt hat eine auf wenige Wochen begrenzte Kampagne wenig Sinn“, meint Hammer. Darin liege auch der Grund, weshalb es vielen Digitalagenturen derzeit nicht gut gehe. „Die meisten Digitalagenturen sind produktionsgetrieben. Sie bekommen den Auftrag, digitale Kampagnen zu produzieren. Und dann wird es insgesamt schwierig“, so Hammer. Es fängt aber schon früher an: „Das Hauptproblem der Digitalagenturen ist, dass sie sich genau als solche verstehen, fast wie eine Glaubensgemeinschaft, die sich nur für ihre Schäfchen zuständig fühlt.“ Und dann kommt ein bemerkenswerter Satz: „Man muss schon der Ökumene huldigen.“ Folglich positionierte Hammer kraftwerk nie als Digitalagentur, sondern stets als „Agentur für neue Kommunikation“.
Digital als B2B-LeitmediumHeute profitiere er davon, dass digitale Kommunikationsbudgets wieder stärker gebündelt werden und es Agenturen mit langjähriger Erfahrung bei großen Kunden wie etwa Raiffeisen oder Zürich Versicherung (auch internationale Projekte) leichter haben, an diese Etats zu gelangen. Zudem hat sich, so Hammer, gerade in der Business-to-Business-Welt Digital als Leitmedium durchgesetzt, auch hier wieder, um 365 Tage im Jahr kommunizieren zu können.
Die große App-Mania der vergangenen Jahre sieht er mittlerweile deutlich abgekühlt. Eine eigene App empfiehlt er nur dort, wo es einen tatsächlichen Kundennutzen gibt – sei es die digitale Schadensmeldung bei einer Versicherung oder neue Services im Bereich Mobile-Banking.
Und da ist er plötzlich wieder, der atypische Agenturchef, als er nämlich – als Dienstleister für die Raiffeisen Bank – nach seiner Wahrnehmung zu „George“, der jüngsten App von Erzkonkurrent Erste Bank befragt wird. „Das ist eine tolle Sache, das sind auch wirklich sehr gute Leute“ sagt er, ohne viel zu überlegen.
Ein Atypischer eben.
Dieser Artikel erschien bereits am 27. Februar 2015 in der HORIZONT-Ausgabe 9/2015. Hier geht's zur Abo-Bestellung.