Kritik an Brauer-Kreativwettbewerb
 

Kritik an Brauer-Kreativwettbewerb

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Update CCA: "Vorgehensweise ist abzulehnen"

Wie HORIZONT online berichtete, starteten die heimischen Bierbrauer am 15. Jänner einen Kreativwettbewerb, der Fachleute, Laien, Agenturen, Institutionen, Gruppen und Einzelpersonen dazu aufruft, ein neues Logo zu gestalten, das im Rahmen von Publikationen, Websites, Events sowie weiteren PR- und Marketing-Maßnahmen zum Einsatz kommen soll.

„Wie wir alle wissen, verfügt Österreich nicht nur über acht Millionen Fußballtrainer und acht Millionen Bundeskanzler, sondern auch über acht Millionen Design-Experten“, argumentierte Brauerei-Verbandsobmann Sigi Menz die Idee, quasi ganz Österreich mit der Kreation des Markenzeichens zu beauftragen. Ein Gedanke, der in der Branche mitunter auf Kritik stößt  - Karin Lehmann, stellvertretende Obfrau der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien, äußerte ihren Unmut hinsichtlich des Kreativwettbewerbs in einem Gastkommentar für HORIZONT online:  

Karin Lehmann (Fachgruppe Wien): "Aus drei Perspektiven ein 'No-Go'"

"Als Markenexpertin finde ich die Entwicklung eines Logos auf dem Weg eines nationalen Wettbewerbes mehr als fragwürdig. Was wird da vermittelt? Ein Markenzeichen ist eine Spielerei, das bastelt man da schnell zwischen Schule und Lauftreff? Wer so mit den Werten seiner Marke umgeht, scheint selbst nicht viel von ihr zu halten.

Aus Marketingsicht eine verständliche, aber nicht zu akzeptierende Aktion: Jugend, trinkt doch mehr Bier! Beschäftigt euch damit, so dass mehr Vertrauen und folglich Kundenbindung an die österreichischen Biermarken entsteht! Als Preis winkt neben Geld ein Jahresbedarf Bier, das fördert lustiges Komasaufen mit FreundInnen. Wer auch höhere Schulen einlädt, mitzumachen, begibt sich in das gesetzesferne Gebiet des versteckten Jugendmarktings.

Aus Sicht der Fachgruppe Werbung entschieden abzulehnen: Kommunikation braucht Professionalität, und nicht Bastelstundenqualität. Wir bemühen uns gemeinsam mit freien Verbänden um Akzeptanz und Wertschätzung von professionellen Kommunikationsleistungen, wir fördern Weiterbildung zur Kompetenzsteigerung in der Branche, wir setzen uns ein für faire Konkurrenzpräsentationen. Unter zitierter Nachwuchsförderung verstehen wir nicht den Aufruf an Laien - ja sicher, auch Agenturen dürfen sich sportlich zeigen und mitmachen - mit dem Versprechen, sie hätten damit einen Fuß im Geschäftsleben. Und als Impulsgeber für die Kreativwirtschaft würden wir am Brauereiverband mehr zu schätzen wissen, hielte er eine klassische Präsentation ab und würde Abstandshonorar bezahlen."

Axel Zuschmann (Ecker & Partner): "Künstliche Aufregung"

Diese Kritik nicht nachvollziehen kann Axel Zuschmann, Geschäftsführer von Ecker & Partner, jener PR-Agentur, die den Brauereiverband betreut: "Die Kritik ist ein typisch österreichischer Sturm im Wasserglas: Der Brauereiverband bietet mit einem Wettbewerb vor allem jungen kreativen Köpfen eine gute Chance, sich einen Namen zu machen. Daran ist nichts Schlechtes oder Kritikwürdiges. Viele verschiedene Ausbildungsinstitutionen wie etwa Universitäten oder Fachhochschulen wurden direkt kontaktiert und mit Unterlagen versorgt, um diesen Wettbewerb ihren StudentInnen und AbsolventInnen nahezubringen. Wir betreiben damit also gezielte Nachwuchsförderung im Kreativbereich. Dass man erst mit vollendetem 18. Lebensjahr teilnehmen kann, ist selbstverständlich und wird überall angeführt. Und auch die Werbe- und Designagenturen sowie Top-GrafikerInnen wurden persönlich zur Teilnahme am Wettbewerb eingeladen."
 
Zuschmann weiter: "Es gibt ein solides Briefing, Ansprechpartner für Detailfragen, einen Sachpreis, dazu Preisgeld sowie in weiterer Folge Honorare und Abgeltung der Rechte. Dazu eine Fachjury, die die Arbeiten bewertet. Von mangelnder Professionalität kann hier also keine Rede sein - ich empfehle allen Aufgeregten, sich zum Vergleich einmal Modalitäten und Preisgelder anderer Logo-Wettbewerbe anzusehen. Da ist der Brauereiverband ein leuchtendes Positiv-Beispiel, das gewürdigt und nicht kritisiert gehört. Und wenn das Ganze auch entsprechende PR mit sich bringt - die gewünschte Aufmerksamkeit wurde ja offensichtlich bereits erlangt -, so tut das auch niemandem weh. In diesem Sinne sind alle Interessensvertretungen und FunktionärInnen herzlich eingeladen, auch ihre Mitglieder zur Teilnahme zu bewegen - das täte der Branche sicherlich besser als diese künstliche Aufregung."

Edmund Hochleitner (CCA Vizepräsident, WIEN NORD Werbeagentur GmbH):

Aus Sicht des CCA ist die Vorgehensweise der Bierbrauer abzulehnen. Solche "Wettbewerbe" erwecken den Eindruck, die Entwicklung einer Marke sei kein Ergebnis fundierter Strategie und professioneller Visualisierung, sondern Jedermann/-frau könne eine derartige Aufgabenstellung spielend leicht bei einem Gläschen Bier bewerkstelligen. Und weil alles so einfach ist, gibt's auch nur 3000 Euro und einen Jahresvorrat Gerstensaft.
Während die einzelnen Brauereien in ihrer Markenführung hochprofessionell vorgehen, nimmt der Verband seine Kommunikationsaufgaben anscheinend nicht wirklich ernst.
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