Eine aktuelle Studie belegt einen Abwärtstrend bei den Honoraren - inflationsbereinigt in einzelnen Bereichen bis zu 40 Prozent gegenüber 2007.
Die Honorare von österreichischen Designschaffenden sind in den vergangenen zehn Jahren teilweise deutlich gesunken — inflationsbereinigt in einzelnen Bereichen bis zu 40 Prozent gegenüber 2007. Zum Beispiel wurden für die Gestaltung einer A4-Seite eines Folders 2007 noch rund 90 Euro pro Stunde verrechnet. 2017 brachte die gleiche Leistung nur mehr 65 Euro pro Stunde und somit um rund 40 Prozent weniger ein. Zu dem Ergebnis kamen Umfragen unter 1.231 Designschaffenden in Österreich, die im Laufe des Jahres 2017 im Auftrag von designaustria durchgeführt wurden.
822 Grafik- und Kommunikationsdesigner, 242 Produkt- und Industriedesigner und 167 Illustratoren wurden dabei nach ihren konkret erzielten Honorarwerten und ihrer Arbeitssituation befragt. Die Ergebnisse sind in die Erstellung des neuen Handbuchs „Design: Kalkulation & Honorar“ eingeflossen, das designaustria in Kooperation mit der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation der Wirtschaftskammer Wien herausgibt.
Jung, zufrieden, aber schlecht bezahlt
Mit 70,3 Prozent ist der überwiegende Teil der Designer in Österreich selbstständig, wobei viele davon als sogenannte Ein-Personen-Unternehmen (EPU) keine Mitarbeiter beschäftigen. Es sind vorwiegend junge Personen, nur 4,8 Prozent sind über 50 Jahre alt. Fast zwei Drittel (63,5 Prozent) der selbstständigen Designschaffenden zeigten sich zufrieden mit ihrer Tätigkeit. Allerdings gaben auch 41,8 Prozent der befragten Design-EPU an, nur über ein Einkommen von bis zu 30.000 Euro brutto im Jahr zu verfügen, 29,5 Prozent verdienen gar weniger als 20.000 Euro.
„Designerinnen und Designer machen ihren Job sehr gerne und gehen richtig darin auf. Aber es kann nicht sein, dass ein Drittel unserer Kolleginnen und Kollegen gerade so über die Runden kommt“, warnt Severin Filek, Geschäftsführer von designaustria, des Wissenszentrums und der Interessenvertretung für Design in Österreich. Die sinkenden Honorare und Einkünfte seien teilweise aber auch hausgemacht: „Manche Honorare grenzen schon fast an Selbstausbeutung. Wir müssen uns auch an der eigenen Nase nehmen und die Preisspirale nach unten stoppen“, fordert Filek.
Im Handbuch „Design: Kalkulation & Honorar“ wird eine betriebswirtschaftlich fundierte Honorarberechnung ausführlich dargelegt. Aber auch ein selbstbewusstes Verhandeln mit Auftraggebern legt Filek er seinen Schützlingen nahe: „Das würde der gesamten Branche enorm helfen. Ebenso wie endlich die Forderung nach einem betriebswirtschaftlich orientierten Teil innerhalb der Ausbildung umsetzen. Das ist Verantwortung der Politik!“
Österreichische Design-Ausbildungsstätten bringen jährlich mehr als 1.000 Absolventen hervor. Allein in Wien wächst die Branche jedes Jahr um rund 400 Kollegen. „Mehr Angebot erzeugt natürlich einen Druck auf die Honorare. Gerade Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger versuchen über das Pricing Aufträge zu gewinnen. Hier müssen alle verstehen, dass einmal gesunkenen Preise nur noch schwer zu heben sind“, beschreibt Marcus Arige, Ausschussmitglied der Fachgruppe Werbung Wien, die problematische Situation.
Arige, der auch Berufsgruppensprecher Graphic Design im Fachverband der Wirtschaftskammer Österreich ist, fordert: „Wir brauchen eine gläserne Decke nach unten. Damit wir Mindesthonorare einführen können müssen wir aber das Kartellrecht auf europäischer Ebene verändern.“ Qualifizierte Arbeit von Expertinnen und Experten müsse einen Mindestpreis haben, ist Arige überzeugt.
„Designerinnen und Designer sind stolz auf ihre für Kunden erbrachten Leistungen. Die starke Nachfrage aus dem Ausland und die internationalen Auszeichnungen zeigen, dass österreichisches Design von hoher Qualität ist“, so Filek. Design made in Austria wurde in den letzten Jahren mit vielen internationalen Preisen ausgezeichnet: cannes lions, ADC Grand Prix, D&AD Awards, red dot award, iF, Top Innovation Award; Sollte die Entwicklung bei den Honoraren so weitergehen, könnte das auch negative Auswirkungen vor allem für den Kreativstandort Wien haben. „Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich einige von uns die Frage stellen: Warum lasse ich mich mit so einem niedrigen Verdienst abspeisen? In einer anderen Branche oder im Ausland könnte ich viel mehr verdienen. Gehen kluge und kreative Köpfe verloren, besteht auf Dauer die Gefahr, dass die hohe Qualität in der heimischen Kreativwirtschaft verloren geht“, ist sich Arige sicher. Mit der Kampagne „Gute Werbung ist mehr wert“ möchte die Fachgruppe Werbung Wien an die AuftraggeberInnen appellieren, die lokalen und regionalen Kreativschaffenden zu unterstützen — zum Wohle des Kreativstandorts und um Prekariat in der Branche zu verhindern.