4 Samstags-Antworten auf 3 Manstein-Fragen.
(Leserbrief zum Editorial von Herrn Manstein "3 Fragen zu Herrn Ruttinger")
Jedenfalls: Es ist gerade
Samstag an einem schönen August-Wochenende. Am Tisch liegt der
"Horizont". Daneben der heutige "Kurier", der mein Leben um die folgende
Headline bereichert: "Kleiner Schauzer biss in Briefträger-Schenkel".
Mal schauen, ob uns diese Kombination weiterbringen könnte ...
Frage 1: Haben wir uns das wirklich verdient?
Vorschlag: Reden wir nicht lang herum, bekennen wir uns einfach zu einem
"kritischen Ja". (Das hat sogar schon die KPÖ zusammengebracht, kurz
bevor sie in der Versenkung verschwunden ist).
Herr R. war - zumindest
in gewissen Kreisen - hinlänglich bekannt. Das, wofür er steht (oder
sollte man sagen: rudert? Denn es ist in der Tat nicht klar, was ihn
abseits einer skurrilen Vorliebe für Raumpflege-Werkzeuge antreibt)
auch. Außerhalb dieser Kreise hat man getan, was Kommunikations-Profis
bei bestimmten Themen ganz besonders gut können: net amol ignorieren.
Und innerhalb dieser Kreise? Hat man schlicht und einfach die Lage
falsch eingeschätzt. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf - und ein
kleiner Schnauzer noch lange kein Killerhund ist. Wenn er dann aber ins
Wadel beisst, tut's trotzdem weh.
So weit, so klar, so lästig.
Also nochmals: Ja, haben wir verdient.
Frage 2: Wo sind die Vorschläge, wo ist das Programm?
Gut gefragt. Aber was macht Sie so sicher, dass jeder Frage eine Antwort
folgen muss? Im postmodernen Diskurs ist ja schließlich alles erlaubt.
Also etwa auch "Bellen statt Antworten".
Diesbezüglich ist Herr R. ein
wahrer Künstler. Ich weiß, wovon ich spreche - ich habe mit ihm einmal 3
Stunden meiner Freizeit im Gespräch verbracht. Die vermisse ich jetzt
noch schmerzlich. Ähnlich leer hat mich bis dato nur Mausi Lugners
Grundsatzrede an die Nation zurückgelassen. Nun ist es zwar so, dass ich
das Skurrile außerordentlich schätze. Allerdings nur dort, wo die
Beteiligten um ihre Skurrilität wissen. Das ist hier keineswegs der
Fall.
Und obwohl ich der Jüngere von uns beiden bin, erlaube ich mir
daher an dieser Stelle eine Empfehlung: Tun Sie's nicht. Fragen Sie
nicht solche Sachen. Das bringt Sie ernsthaft in Gefahr: Sie müssten
sich vielleicht auch die sogenannten Antworten anhören. Und Ihre
Lebensqualität könnte empfindlich beeinträchtigt werden.
Zumal ich
glaube, dass Sie einer Fehleinschätzung unterliegen: Das Fehlen von
Inhalten ist nicht das eigentliche Problem. Es ist symptomatisch, das
stimmt. Aber es ist ein Ergebnis. Es resultiert aus einem anderen,
fundamentaleren Problem - siehe dazu Antwort 4.
Kurz und gut zu Frage 2: Keine falschen Hoffnungen - außer Besen nichts
gewesen.
Frage 3: Was macht die Fachgruppe Wien?
Jetzt wird's schwierig. Schließlich sitze ich selbst in der Wiener
Fachgruppe. Aber im Unterschied zu Herrn R. habe ich auch eine Firma zu
führen - so wie meine Wiener Kollegen auch. Also muss man abwägen, wie
man sein Engagement verteilt, wie man die eigene Arbeitskraft am
effizientesten einsetzt. Da können Fehler passieren, stimmt schon. Und
vielleicht ist manches zu leger gelaufen. Und natürlich haben Sie recht:
Sich jetzt nur aufzuregen bringt gar nichts.
Das Prinzip "leger faire"
zu hinterfragen und konstruktiv zu arbeiten ist da schon
vielversprechender. Machen wir uns nichts vor: Der Mann mit dem Besen
wird bei seinen Kehraktionen genug Dinge in Scherben schlagen. Die wird
man nicht einfach liegenlassen können. Und je länger Herr R. kehrt, umso
öfter wird sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieses Fimmels
stellen. Und ob es gerechtfertigt ist, für diese Art Raumpflege auch
noch (mittlerweile übrigens deutlich erhöhte) Reisespesen zu bezahlen.
Gut möglich, dass sich dann so mancher wieder etwas mehr Inhalt wünschen
würde. So gesehen ist die Besenkrise eine Chance.
Was die Fachgruppe
Wien anlangt, so wird diese stärker als bisher zu beweisen haben, was
ohnehin jedem klar sein sollte: Entweder sie haben eine oder sie
brauchen eine.
Womit wir zur vierten Antwort kommen - die, zu der es keine Frage gibt.
Hier ist sie: Herr R. ist (und das möge man sich bitte ungebremst durch
die Synapsen gleiten lassen), jawohl: gewählt. Also in einer
demokratischen Abstimmung mit Rechten ausgestattet worden. Dass er die
jetzt in Anspruch nimmt, sollte niemanden verwundern - schließlich ist
Wirklichkeitsverlust nicht strafbar.
Und da liegt das eigentliche
Problem. Solange es schick ist, sich einen Dreck um die eigene
Branchenvertretung zu kümmern, solange Top-Werber nur dann den Weg in
ihre Fachgruppe finden, wenn ihnen Konkurrenten die Ideen stehlen oder
Kunden die Zahlung verweigern, solange darf man sich nicht wundern: You
get what you give. Und das ist oft genug verdammt wenig. Ein System, das
nicht mit genügend Engagement gefüttert wird, spuckt dann eben
besenschwingende Berufsfunktionäre aus.
Erstaunt das etwa irgendwen?
Wartet da tatsächlich wer auf Inhalte? Nein, vermutlich nicht.
Vermutlich lehnen sich jetzt viele zurück und klopfen sich gedanklich
auf die kreativen Schenkel: "Des is olles a Bledsinn". Der Besen im
Landtmann ist dafür die beste Bestätigung. Und dem großen Rest der Welt
ist das sowieso wurscht.
Oder hat jemand mehr zu bieten? Dann schlage ich folgendes vor: Eine
lockere "Horizont"-Diskussionsrubrik unter dem Titel "Onkel Toms
Kammer-Kummer-Eck". Ab sofort. Mit garantiert authentischer Information
aus erster Hand. Mit Fotos und Unterschriften und dem ganzen Drumherum.
Da kann dann jeder abladen, was er so abzuladen hat. Mal schauen,
wieviel das ist.
Also, liebe Kollegen: Klopft die Tastaturen, schwingt
die Kulis und Edelfedern statt der Besen. Ich warte. (Achtung: Dies ist
eine Aufforderung zur Diskussion)
T. Gams
Dieses Schreiben spiegelt ausschließlich meine
private Meinung wider. Eine Meinung, die ich mir als noch nicht
vierzigjähriger Geschäftsführer einer "mittelständischen Agentur" in
Wien mit ein paar Jahren Kammererfahrung gebildet habe.