Fachverband fordert Reform des Vergaberechts
 

Fachverband fordert Reform des Vergaberechts

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Angelika Sery-Froschauer: "„Der Unmut in der heimischen Werbebranche und bei befreundeten Kommunikationsverbänden ist derzeit hoch." (c) Sery
Angelika Sery-Froschauer: "„Der Unmut in der heimischen Werbebranche und bei befreundeten Kommunikationsverbänden ist derzeit hoch." (c) Sery

Fachverbands-Obfrau Angelika Sery-Froschauer: „Reform bei der Vergabe öffentlicher Werbe- und PR-Aufträge überfällig“.

Ausschreibungen der öffentlichen Hand sind ein regelmäßig für Unmut sorgendes Diskussionsthema in der Kommunikationsbranche. Mit der Erstellung des „Kodex K“ vor nunmehr vier Jahren in der aktualisierten Fassung gemäß Bundesvergabegesetz 2006 sollte der öffentlichen Hand (und als Richtlinie auch im privaten Sektor) aus Sicht der Werbewirtschaft ein Leitfaden für faire und transparente Ausschreibungen (vulgo „Pitches“) an die Hand gegebenen werden.  

Allein: Es wird nicht entsprechend gehandelt. Nun meldet sich Fachverband-Obfrau Angelika Sery-Froschauer zu Wort, nachstehend ihre argumentierende Beschreibung der Ausgangslage:
 

„Eine Reform des Vergaberechts und der Vergabepraxis ist überfällig“, fordert Angelika Sery-Froschauer, seit Anfang Juni 2010 neue Obfrau des Fachverbandes Werbung und Marktkommunikation in der Wirtschaftskammer Österreich: „Der Unmut in der heimischen Werbebranche und bei befreundeten Kommunikationsverbänden ist derzeit hoch. Anlass zur Kritik gibt es genug in diesem Sommer. Da werden sowohl Kreativ- als auch Mediadienstleistungen direkt vergeben. Da wird bei einer Ausschreibung für „Mediaagenturleistungen“ als Kriterium der Nachweis eines Mindestumsatzes in schwindelerregender Höhe von € 100 Millionen festgesetzt. Und diese Liste ließe sich weiter fortführen.“  

„Diese Praxis ist aber nicht nur aus Sicht der Kommunikationsbranche zu kritisieren, auch aus Sicht der Steuerzahler sollte das Interesse an fairen und transparenten Vergaben von professioneller Kommunikation von öffentlichen Stellen groß sein“, argumentiert Sery-Froschauer: „Öffentliche Kommunikation ist eine zentrale Aufgabe der Bundesregierung. Diese Aufträge müssen daher nach klaren und nachvollziehbaren Regeln vergeben werden. Alles andere ist eine Verschwendung von Steuergeldern.“   Der Fachverband Werbung spricht sich aus Gründen der Transparenz und der Fairness dafür aus, dass alle Aufträge für öffentliche Kampagnen auf jeden Fall fair und transparent ausgeschrieben werden.  

„Ohne professionelle und marktkonforme Ausschreibungen ist auch die Chance gering, den für die jeweilige Kommunikationsaufgabe am besten geeigneten Partner zu finden. Die Betrauung der Bundesbeschaffung GmbH (BBG) mit der Ausschreibung und Vergabe von öffentlichen Werbe- und PR-Aufträgen für alle Bundesministerien und öffentlichen Stellen kann hier Abhilfe schaffen, um die Vergabepraxis der öffentlichen Hand entscheidend zu verbessern. Das würde auch einen effektiveren Einsatz von Budgetmitteln zur Folge haben“, so Sery-Froschauer.  

Die österreichische Kommunikationswirtschaft wird mit der Österreichischen Bundesregierung in einen intensiven Dialog treten. Ziel muss die Erstellung einer verbindlichen und fachlichen  Richtlinie für die Vergabe öffentlicher Kommunikationsaufträge sein. Auf Basis dieser Richtlinie ist dann auch das österreichische Vergaberecht legistisch zu ändern.   Neben den notwendigen rechtlichen Änderungen soll in Zusammenarbeit mit der BBG auch ein besseres Verständnis für die Funktionsweise des Kommunikationsmarktes erarbeitet werden. Der Fachverband Werbung hat dazu mit der Herausgabe des Kodex K, der Ausschreibungs- und Vergaberichtlinien für Marketing, Werbung und Public Relations zusammenfasst, bereits im Jahr 2006 konkrete Hilfestellung für die ausschreibenden Stellen geleistet. Wir werden im Oktober 2010 den „Kodex K“ aktualisiert und neu aufgelegt herausgeben. Damit wollen wir mithelfen, die Vergabepraxis der Bundesstellen zu verbessern“, so Sery-Froschauer.  

Um eine Effizienzsteigerung beim Einsatz öffentlicher Budgetmittel für öffentliche Image- und PR-Kampagnen zu erreichen, sollte der Personenkreis, der für die Ausschreibungen und Vergaben von Kommunikationsaufträgen der öffentlichen Hand (Werbekampagnen, PR-Kampagnen, Roadshows etc.) verantwortlich ist, einschlägige Qualifikationen für diese Branche aufweisen. Bei öffentlichen Kommunikationsetats sollten daher zusätzlich zur bisher geübten Praxis und zu den derzeit fachlich zuständigen Personen auch Kreative und Vertreter der österreichischen Werbewirtschaft entscheidungsbefugt in den Ausschreibungs- und Vergabeprozess einbezogen werden.  

„Natürlich ist die heimische Werbewirtschaft mit seinen Experten als Ansprechstelle für die Politik gern bereit, beispielsweise fachliche Unterstützung bei der Ausschreibung einer öffentlichen Informationskampagne zum Thema „Vorteile der Einführung einer Werbezuwachsprämie zu bieten“, deponiert Sery-Froschauer abschließend ihr Angebot an die Bundesregierung.  

Soweit die Position der Fachverband-Obfrau. Konkrete Anlassfälle will (und kann als Kammer) Sery-Frischauer nicht nennen - ausser die Andeutungen "frei vergeben" und 100-Millionen-Umsatz.

HORIZONT-Online hat sich umgehört: Anlassfälle 2010 waren im Frühjahr die Ausschreibung von ÖW Österreich-Werbung sowie Münze Österreich. Der einzig konkret angemerkte „Fall“ 100 Millionen Umsatz ist die Österreichische Nationalbank (die selbst „nur“ ein Mediabudget von 1,5 Millionen zur Ausschreibung bringt). Nicht ganz eindeutig ist die Causa „Regierungskampagne“ – da sind mit vielbeachteten und –diskutierten Anzeigen zuletzt im Juni und Juli Demner, Merlicek & Bergmann und ihre Media1 betraut. Im Rahmen einer Arbeitsvereinbarung (und nicht „freihändig“) und innerhalb der vom Bundesvergabegesetz vorgegebenen Honorargrößen, unter denen ohne Ausschreibung vergeben werden kann, bringt HORIZONT Online in Erfahrung.  



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