"Dumping ist eher ein Problem der Schönwetter...
 

"Dumping ist eher ein Problem der Schönwetter-PR"

E&P/Kurt Keinrath
Nicole Bäck-Knapp und Axel Zuschmann übernahmen 2015 die von Dietmar Ecker gegründete Agentur zu je 50 Prozent. Damals galt es, die Marke „neu aufzuladen“.
Nicole Bäck-Knapp und Axel Zuschmann übernahmen 2015 die von Dietmar Ecker gegründete Agentur zu je 50 Prozent. Damals galt es, die Marke „neu aufzuladen“.

Seit 20 Jahren zählt Ecker & Partner zu den größten PR-Agenturen des Landes. Zum Jubiläum sprechen die Eigentümer Nicole Bäck-Knapp und Axel Zuschmann mit HORIZONT über die Agenturübernahme, Auswirkungen des Lobbying-Skandals auf die Branche, die neue Rolle von Public Affairs und den Tod klassischer PR.

Dieses Interview ist zuerst in Ausgabe Nr. 27-28/2018 des HORIZONT erschienen. Noch kein Abo? Hier klicken! 

HORIZONT: Zwei Dekaden Ecker & Partner: Was braucht es, um seit Jahren den Platz im Markt als größte eigentümergeführte PR-Agentur Österreichs zu halten?

Nicole Bäck-Knapp: Kontinuität in der Qualität und bei den Mitarbeitern – wir haben eine sehr geringe Fluktuation. Das heißt aber auch, flexibel auf äußere Einflüsse reagieren zu können. Vor 20 Jahren bedeutete PR noch etwas ganz anderes als heute – und ich glaube, wir haben es geschafft, mit der Zeit zu gehen.

Axel Zuschmann: Herz, Hirn und Haltung. Das ist wesentlich.

Wo verorten Sie denn die prägendsten Agenturentwicklungen in dieser Zeit, mit der Sie gegangen sind?

Bäck-Knapp: Wenig überraschend bei der digitalen Transformation, die wir mit der Gründung einer eigenen Digitalagentur schon vor zehn Jahren angegangen sind.

Zuschmann: Unsere erste Präsentation hatten wir im Sommer 1998, auf Overhead-Folien. Wir haben mit Kunden den Wandel der mobilen Kommunikation von SMS zu mobilem Internet miterlebt und begleitet. Was auch in diese Zeit fiel, war der große Lobbying-Skandal, der eigentlich kein Problem des Lobbying, sondern von Korruption und illegaler Parteienfinanzierung war. Das brachte die Branche einerseits schon in Verruf. Andererseits kam es so zu einem Professionalisierungsschub, sodass Public Affairs und Lobbying heute nach anderen Kriterien umgesetzt werden. Das führte zu einem Umdenken in der Branche.

Bäck-Knapp: Ein Umdenken, von dem wir profitieren, weil wir und andere Agenturen hier auf Professionalität setzen.

Sie beide sind seit drei Jahren die Eigentümer von E&P. Was hat sich seit der Übernahme von Gründer Dietmar Ecker 2015 geändert? 

Zuschmann: Es macht als Eigentümer noch mehr Spaß, zu arbeiten. Zweitens: Nachdem wir nur zwei Eigentümer sind, sind die Wege kürzer, Entscheidungen schneller, und somit für uns noch einfacher und effizienter umzusetzen.

Bäck-Knapp: Womit wir flexibler auf den Markt reagieren können.

Herr Ecker hat sich nun mit seiner Tochter selbständig gemacht und eine neue eigene Agentur gegründet. Was sagen Sie dazu, dass Herr Ecker wieder in den Agenturenring steigt: Gefühl der Konkurrenz oder des Wohlwollens?

Zuschmann: Er hat uns natürlich darüber informiert. Wir sind immer noch sehr freundschaftlich mit ihm verbunden und treffen uns regelmäßig. Er verfolgt nun aber einen anderen Ansatz und der Markt ist groß genug. Wir haben seine Entscheidung, etwas Eigenes zu machen, begrüßt und unterstützt, weil wir auf einem anderen Feld spielen und wissen, dass wir uns hier nicht in die Quere kommen. Alles easy.

Bäck-Knapp: Und wie er ja auch dem HORIZONT gesagt hat, wird er nicht expandieren.

Gab es Überlegungen, den Agenturnamen zu ändern?

Bäck-Knapp: Wir haben lange darüber diskutiert und uns entschieden, den Namen Ecker & Partner zu behalten, weil es ein Markenname ist. Unternehmen heißen oft wie ihre Gründerinnen und Gründer. Außerdem wissen wir, wie schwierig und teuer es ist, eine etablierte Marke neu aufzustellen. Die Grund-Markenwerte – das Bodenständige, das Wertschätzende, auch gegenüber den Mitarbeitern, und die hohe Qualität – gelten zudem nach wie vor. Ecker & Partner war schon immer eine starke Marke, und als Kommunikationsexperten wissen wir, dass man starke Marken halten sollte. Was wir verändert haben, waren etwa das Corporate Design und die Website.

Wie herausfordernd war dieser Umbruch rückblickend?

Zuschmann: Es war ein schrittweiser Übergang und eigentlich keine besonders große Herausforderung, weil wir schon davor 25-Prozent-Eigentümer waren. Die strategische und operative Steuerung lag damals schon großteils in unseren Händen. Es galt aber, die Marke neu aufzuladen, was uns in den letzten drei Jahren ganz gut gelungen ist, wie ich glaube. Wir sind weiters vom Unit-System weggegangen und bilden nun Teams je nach Kundenanforderung.

Ihre Agentur bietet Leistungen von Finanzkommunikation, Corporate PR, Lobbying, Public Affairs bis zu Employer Branding an. Auf welche PR-Disziplinen warten die größten Herausforderungen?

Bäck-Knapp: Ich denke, die größten Herausforderungen warten im Bereich der Public Affairs, weil sich die Politik und politische Kommunikation in den letzten zwei, drei Jahren radikal verändert haben. Es geht stärker um Campaigning und digitale politische Kommunikation. Damit setzen auch wir uns aktuell stark auseinander, auch mit dem Thema Digital Public Affairs, gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen von Burson-Marsteller in Brüssel und London.

Apropos Burson-Marsteller: E&P ist Affiliate Partner von – mittlerweile – Burson Cohn & Wolfe. Frau Bäck-Knapp, in einem früheren Interview haben Sie zwar betont, PR und Public Affairs seien eher lokale Themen. Gibt es dennoch erste lokale Auswirkungen seit Beginn der Fusionierung von Burson-Marsteller und Cohn & Wolfe?

Bäck-Knapp: Nein, noch gar nicht, da auch auf globaler Ebene die Fusionierung noch nicht umgesetzt ist. Bis das zu uns kommt, dauert es noch. Wir arbeiten immer noch mit Burson-Marsteller zusammen, mit Cohn & Wolfe haben wir ebenfalls schon zusammengearbeitet. Die Kooperation zwischen Local Affiliates und den Agenturen erfolgt ja meist sehr unkompliziert und locker.

Abgesehen von der schon angesprochenen digitalen Transformation – welche Umwälzungen im PR-Markt finden gerade statt?

Zuschmann: Die klassische PR gibt es nicht mehr. Der Kunde möchte heute immer eine Lösung, aber temporär. Er möchte Antworten auf disziplinübergreifende Fragen aus einer Hand. Der Allrounder ist wieder gefordert. Wir spielen das gesamte Orchester, und das kann nur eine mittlere oder größere Agentur. Unternehmen inszenieren sich selbst zunehmend als Medien, die mittels Storytelling in unterschiedlichsten Kanälen präsent sind. Hier ist diese Querschnittskompetenz gefragt. Es wird zwar Nischen-Agenturen und -Produkte geben, die hochspezialisiert sind, doch für komplexe Kommunikationsanforderungen braucht es dieses Querschnittsdenken.

Neben mehr Nischenagenturen in der PR gibt es aber auch noch Kommunikationsexperten aus anderen Bereichen. Sehen Sie in Unternehmensberatern oder Digitalagenturen künftig eine Konkurrenz?

Bäck-Knapp: Nein, ich habe noch nie jemanden sagen hören „Das mache ich lieber mit einem Unternehmensberater als einer PR-Agentur“, schon gar nicht in der klassischen PR. Digitalagenturen können hingegen schon bis zu einem gewissen Grad eine Konkurrenz darstellen. Es wird schon seit 20 Jahren über die integrierte Kommunikation geredet, die nun erst mit der Digitalisierung passiert. Marketer wiederum sprechen jetzt von Storytelling – das machen wir in der PR schon seit Ewigkeiten. Auch wir übernehmen verstärkt digitale Agenden. Dass eine Digitalagentur eine Gesamtstrategie in der Kommunikation anbietet, dürfte schwerer fallen; dafür kann sie wiederum digitales Marketing, was wir nicht machen. Das wesentlich größere Problem ist das des Dumpings, das alle Berater betrifft. Viele Agenturen setzen wohl selbst auf die Ausbeutung von Mitarbeitern – ich weiß nicht, wie es anders gehen soll. Einige Agenturen bieten sehr geringe Honorare an und hinterlassen dann unglückliche Kunden, weil die Qualität nicht stimmt.

Ist eine Besserung in Sicht?

Zuschmann: Dumping ist eher ein Problem der Schönwetter-PR. Hat man einen konkreten Krisenfall, gibt es ein paar Berater, die gut sind, das weiß man in Österreich. Dort wird das angemessene Honorar gezahlt, da diese gute Vernetzung und Qualität nicht viele gewährleisten können. 

Gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern unterstützen Sie im Zuge des Projekts „20 Jahre 20 Taten“ noch bis Ende 2018 soziale Einrichtungen. Welchen Stellenwert hat CSR als PR-Disziplin heute?

Bäck-Knapp: Ganz ehrlich: In den letzten Jahren sehr wenig, leider. Viele Unternehmen ziehen sich ein bisschen zurück. CSR muss aber mehr als reine PR sein. Ist sie ernst gemeint, sollte sie alle Unternehmensbereiche, von der Produktion bis zur HR, betreffen. Gleichzeitig gibt es mittlerweile eine umfassende CSR-Berichtspflicht in großen Unternehmen, dort passiert also wiederum mehr. 

Woher rührt dieser CSR-Rückzug seitens der Unternehmen?

Zuschmann: Nach der anfänglichen Hysterie hat sich bei jenen Ernüchterung eingestellt, bei denen die CSR-Maßnahmen nicht hundertprozentig zur Unternehmensphilosophie und zum Geschäftsfeld passen. Missversteht man CSR als reine PR-Maßnahme, macht sich eben bald diese Ernüchterung breit. Viele Unternehmen gingen in den letzten Jahren mit ihren CSR-Aktionen in die Medien, es wurde inflationär. Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen. Bei Unternehmen, die langfristig denken, wird CSR Teil ihrer DNA.

Teil einer Unternehmens-DNA sind mit Sicherheit auch die Mitarbeiter. Was erwartet denn die zweitgrößte heimische PR-Agentur von ihren?

Bäck-Knapp: Eine umfassende Allgemeinbildung und Beratungskompetenz, was auch bedeutet, dem Kunden die ehrliche Meinung zu sagen. Mehr denn je digitale Kompetenz, das heißt mehr als ein Facebook- oder Instagram-Profil. Und man sollte bereit sein, die Extrameile zu gehen. Das heißt nicht, die ganze Nacht an einem Konzept zu sitzen, sondern mitzudenken und Verantwortung zu übernehmen.

Und welche Erwartungen haben Sie an sich selbst, welche Ziele streben Sie nun mit der Agentur an?

Zuschmann: Noch mehr Gestaltungsspielraum und Relevanz am Markt für unsere Agentur.

Bäck-Knapp: Uns ist vollkommen egal, ob wir die Nummer eins sind – wir haben Lebensqualität.

Zuschmann: Je älter man wird, desto mehr ist es so. 

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