Wifo & Fachverband Werbeklimaindex, drittes Quartal: ‚Die Politik ist gefordert, die öffentlichen Mittel rasch und gezielt auf Zukunftsinvestitionen zu lenken‘
„Die Unternehmen blicken immer weniger optimistisch auf die Werbekonjunktur in Österreich. Insbesondere bei der Geschäftslageentwicklung sehen wir im dritten Quartal 2014 eine deutliche Dämpfung“, erklärt Werner Hölzl, Experte des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), die Ist-Einschätzung der Mitgliedsbetriebe des Fachverbands Werbung- und Marktkommunikation in der aktuellen Wifo-Werbeklimaindex Befragung im dritten Quartal.
Mit Blick auf die Zukunftserwartungen – befragt wurden im Oktober 2014 österreichweit 668 FV-Mitgliedsunternehmen mit 3.218 Beschäftigten – analysiert Hölzl: „Der Saldo zwischen Beurteilung der Geschäftslage im letzten Quartal und momentaner Geschäftslage rutscht mit minus 15 Punkten zum ersten Mal seit der Euro-Krise, also Beginn des Jahres 2010, ins Minus. Auch bei der Auftragssituation setzt sich die rückläufige Tendenz fort: Nur mehr 61 Prozent der Unternehmen melden ausreichende Auftragsbestände – im Jänner lag der Wert noch bei 79 Prozent“.
„Die zuversichtliche Stimmung wie in konjunkturellen Hochphasen ist damit eindeutig verflogen“, warnt Fachverbandsobfrau Angelika Sery-Froschauer. Bei den Nachfrage-Erwartungen mit plus 23 Prozentpunkten seien die optimistischen Erwartungen gegenüber den pessimistischen noch in der Überzahl. Die Werbekonjunktur habe sich „in Österreich aber deutlich abgekühlt. Im nächsten Jahr sieht es nach unseren Prognosen nicht besser aus“, ist Sery-Froschauer skeptisch. Nachsatz: „Das Werbeklima ist sehr herbstlich.“
,Anreize für Auftraggeber‘Sery-Froschauer plädiert für „Anreize für Auftraggeber, damit sie in digitale Kommunikationsformen investieren“ – denn nach ihrer Einschätzung sei „das Thema Onlinekommunikation in Österreich noch nicht so richtig angekommen“. Es sei „zu befürchten, dass bei anhaltend schwacher wirtschaftlicher Entwicklung auch die Unternehmen der Kommunikationsbranche unter Druck geraten. Schon jetzt planen sie erstmals seit Jahren, kaum noch zusätzliches Personal aufzunehmen. Die Politik ist gefordert, die öffentlichen Mittel rasch und gezielt auf Zukunftsinvestitionen zu lenken. Wir brauchen rasche Maßnahmen für Unternehmen, Jobs und Wachstum“.
Der Fachverband Werbung und Marktkommunikation vertritt rund 24.000 aktive Mitgliedsbetriebe in 14 Berufssparten, die knapp 27.000 unselbstständig Beschäftigte in Brot und Arbeit haben – allerdings sind fast zwei Drittel (64,7 Prozent) der Mitgliedsbetriebe EPU, Ein-Personen-Unternehmen. „Für Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung spielt das Regelungsumfeld eine entscheidende Rolle. Besonders kleinere und mittlere Unternehmen leiden immer noch unverhältnismäßig stark unter legislativen und administrativen Belastungen, weil sie über beschränkte Ressourcen und Kenntnisse verfügen, um das regulatorische Dickicht zu durchdringen. Alle Vereinfachungsvorschläge müssen so rasch wie möglich geprüft und in Angriff genommen werden, das gilt auf europäischer wie auf nationaler Ebene“, meint Sery-Froschauer.
Die österreichische Kommunikationsbranche sei „geprägt von Klein- und Mittelbetrieben. Daher ist es aus meiner Sicht notwendig, auch in der Gesetzgebung verstärkt auf KMU und EPU zu achten und bei allen Gesetzesvorschlägen das Prinzip ,Think small first‘ anzuwenden. Die Regulierungen müssen KMU- und EPU-tauglicher werden. Wir brauchen vereinfachte Verfahren und mehr Augenmerk darauf, dass ehrliche Unternehmen bei Kontrollen nicht unter die Räder kommen“, appelliert Sery-Froschauer.
Dieser Artikel erschien bereits am 14. November in der HORIZONT-Printausgabe 44/2014. Hier geht's zur Abo-Bestellung.