Eigentlich sollten nur die Produkte im Regal verschönert werden. Dann begann Demner, Merlicek & Bergmann im Jahr 1987 doch damit, diese auch zu bewerben. Wie sich die mehr als 30-jährige Partnerschaft von ‚Ostblock‘-Anmutung und ‚Wirrwarr‘ bis zu den Märchen-Spots entwickelte – Darbo-CEO Martin Darbo und DMB-Geschäftsführer Mariusz Jan Demner über gegenseitiges Vertrauen und klare Worte.
Langzeit-Beziehungen: Agenturen & Kunden. Die HORIZONT-Serie über langjährige Partnerschaften zwischen Werbeagenturen und ihren Kunden.
HORIZONT: Demner, Merlicek & Bergmann und Darbo – das ist eine Beziehung von über drei Jahrzehnten. Wie kam sie zustande?
MARIUSZ JAN DEMNER: Darbo ist ein Unternehmen, das sich immer durch Unternehmergeist und große Initiativen ausgezeichnet hat. Damals wurden wir von Klaus Darbo, dem Vater des jetzigen Geschäftsführers Martin und seiner Brüder, eingeladen, die Werbung zu überdenken. Nur haben wir uns, unaufgefordert, auch die Produkte genauer angesehen. Ich hoffe, Martin Darbo nimmt es mir nicht übel, aber das war ein einziger Wirrwarr. Die teurere Konfitüre sah billiger aus als der Rest und das Ganze hatte seinerzeitige Ostblock-Anmutung. Das haben wir auch gesagt – und genau das hat Klaus Darbo geschätzt.
Wie sah der erste Schritt weg von der „Ostblock-Anmutung“ aus?
DEMNER: Wir haben die Produktrange in Positionierung und Design völlig überarbeitet und erst dann über Werbung geredet. Darbo ist aufgesprungen, auf- und abgelaufen und sagte: „Wenn ich eines nicht ausstehen kann, dann dass man meine Töchter anfasst“ – er meinte die Produkte. Erst viel später habe ich erfahren, dass er nur Söhne hatte. Tiroler Humor eben. Wir dachten uns: Pech, wir sind zu weit gegangen. Später rief er uns an und meinte, wir hätten Recht. Das war der Beginn einer wundervollen Zusammenarbeit. Die Produkte haben wir damals schon zeitlos gestaltet; die Linie hält auch, mit kleinen Auffrischungen, nach 30 Jahren. Wenn du es schaffst, schon im Regal einen Unterschied zu anderen Produkten zu machen, hilft das sehr. Honig haben wir anfangs gar nicht beworben, weil der sich im neuen Design gleich viel besser verkauft hat.
Die Darbo-Werbung hat heute fast die Handschrift eines Märchenerzählers. Wird die Werbung seit Beginn der Zusammenarbeit mit dieser Handschrift geführt?
DEMNER: Die DNA liegt im Slogan „In Darbo Naturrein kommt nur Natur rein“, den es schon vor uns gab. Während wir kein gutes Haar an der Produktgestaltung gelassen haben, fanden wir am Slogan nur einen Schönheitsfehler. „Welchen?“, hat uns Klaus Darbo gefragt. „Er ist nicht von uns“, habe ich geantwortet – und empfohlen, ihn zu behalten. In der „Naturrein“-Positionierung ruht die Kraft der Marke. Die Handschrift wurde stark von Franz Merlicek geprägt, das muss man ehrlich sagen. Generationen von Kreativen haben an dem Etat gearbeitet, der geniale Illustrator Bruce Meek begleitet uns bis heute. Kontinuität über Jahrzehnte entsteht aber erst durch eine immer frische Inszenierung. Wenn du dich nicht behutsam der Zeit anpasst, verstaubst du. Und heute überführen wir das auch in die digitale Welt.
Wie sieht diese digitale Welt in der Darbo-Werbung aus?
DEMNER: Wo es der Marke dient, tragen wir sie auch ins Digitale. So derzeit mit dem „Fruchtikurs“, der Darbo-Fans auf einer digitalen Plattform einlädt, Fruchtikus nicht nur zu löffeln, sondern auch zum Verfeinern und Backen zu verwenden.
MARTIN DARBO: Es ist kein Geheimnis, dass wir im Digitalen etwas verhaltener sind. Bei uns gibt es aber keine Denkverbote. Wichtig ist, dass die Werbung das Markenimage transportiert. Vor allem seit wir uns unter meinem Vater vom industriellen Anbieter zum Markenartikel entwickelt haben, hatten wir es auch im Produktsortiment nie eilig, irgendwo die Ersten zu sein. Greifen wir etwas an, wollen wir es richtig machen. Wir tauschen uns permanent aus und fordern uns mit unseren unterschiedlichen und gemeinsamen Standpunkten.
Das Ganze hatte seinerzeitige Ostblock-Anmutung.
Auf welchen Kanälen liegt Ihr Marketing-Fokus?
DARBO: Derzeit liegt der Schwerpunkt des Budgets gezielt auf Print und TV, und zwar seit einiger Zeit nicht mehr nur in Österreich, sondern wir machen als eine der wenigen österreichischen Marken in Deutschland Fernsehwerbung. Als nach wie vor mittelständisches Tiroler Unternehmen sind wir darauf besonders stolz. Auch in Italien haben wir vor drei Jahren mit Werbung gestartet.
DEMNER: Die Auffrischung der Werbung wäre aber nichts ohne die Innovationen bei den Darbo-Produkten selbst.
DARBO: Die meisten Produkte haben einen gewissen Lebenszyklus, wir versuchen aber immer, uns ähnlich zu bleiben. Die Menschen mögen gute Marmelade lieber als schlechte – das wollen wir transportieren. Sobald wir in unserer Produktküche fertig sind, rufen wir Demner, Merlicek & Bergmann an und sagen: „Bringt’s den Leuten bei, was wir hier so haben.“
Auch wenn es Darbo seit 1879 gibt: Wie steht es um die Konkurrenz?
DARBO: Unsere Konkurrenz ist enorm anspruchsvoll; es sind die Haushalte, die noch immer mehr selbst einkochen als die gewerblichen Hersteller. Gut, diese Marmelade hier ist nicht selbstgemacht, aber Darbo setzt sich mit seiner Qualität auch hier durch.
DEMNER: Bei Familienbetrieben passiert es oft, dass die nächste Generation wie wild alles anders machen will. Bei Darbo sind es Leute, die einfach den Kern des Geschäftes verstanden haben – und die Seele der Marke.
DARBO: Wir sind aber nicht zu stolz zuzugeben, dass wir uns unter anderem den Mitbewerb anschauen, um zu vergleichen und um zu sehen, was andere machen.
Abgesehen von den Produkten selbst, woher holen Sie sich nach 30 Jahren die Inspiration für neue Spots?
DEMNER: Das ist eine interessante Frage, aber die holt sich jeder woanders. Wir leben in einer Produktwelt, in der es leicht ist, zu träumen, nicht nur beim „Tagtraum“. Das Wichtigste ist, Ideen nie nachzulaufen, sondern ihnen entgegenzugehen. Wenn einmal was im Kopf ist, arbeitet es in dir. Dann fällt dir bei der Arbeit rund um Möbel etwas zu Konfitüre ein, bei der Konfitüre etwas zum Auto. Es ist aber wichtig, einen Kunden zu haben, der darauf achtet, dass alles auf Linie bleibt. Das hat zwischen unserem Partner Helmut Schliefsteiner und Darbo-Marketingleiter Josef Goller über mehr als zehn Jahre funktioniert und seit einigen Jahren ebenso mit Klaus Darbo junior. Es ist ein Geben und Nehmen. Darbo war immer gut im Fordern, aber auch hervorragend im Fördern.
Es ist die Herausforderung, sich gegenseitig zu überprüfen und zu fordern.
Was macht eine so lange Kunden-Agentur-Beziehung aus?
DARBO: 30 Jahre sind Urzeiten in diesem Geschäft.
DEMNER: Und sehr ungewöhnlich.
DARBO: Aber beide Seiten leben nicht im luftleeren Raum: Es ist die Herausforderung, sich gegenseitig zu überprüfen und zu fordern. Und es ist ein Austausch zwischen „Etablierten“ und Jungen. Das Bindeglied ist der Erfolg.
DEMNER: Genau. Denn arbeitest du für den Erfolg deiner Kunden, arbeitest du auch für deinen eigenen. Das schafft Vertrauen – obwohl bei Darbo die Latte ungleich höher liegt als bei vielen, die glauben, sie müssten Agenturen überkontrollieren. Als Darbo zu uns gekommen ist, waren sie schon Marktführer mit 28 Prozent Marktanteil, jetzt liegt er bei 60 Prozent. Ich gehe gerne in Supermärkte. Und wenn ich dann Darbo sehe, neben all den anderen, denke ich mir: So toll, wie die Produkte selbst schon dastehen, ist es fast ein Glück für uns, dass sie doch noch a biss’l Werbung brauchen.
Dieses Interview ist zuerst in der HORIZONT-Ausgabe 1-3/2019 am 18. Jänner erschienen. Noch kein Abo? Hier klicken.