Christian Gosch: 'Ich will Löwen aus dem Tage...
 

Christian Gosch: 'Ich will Löwen aus dem Tagesgeschäft heraus sehen'

Oliver Gast
Für Christian Gosch ist die größte Herausforderung seit Karrierebeginn dieselbe: „Briefings. Man bekommt niemals Routine“.
Für Christian Gosch ist die größte Herausforderung seit Karrierebeginn dieselbe: „Briefings. Man bekommt niemals Routine“.

Der designierte Co-Geschäftsführer von Serviceplan Austria, Christian Gosch, spricht im HORIZONT-Interview über das 'Sklaventum' mancher Agenturen, den Arbeitsplatz-Vergleich mit Google und was die Kunden heute nervt.

Dieses Interview ist in gekürzter Form zuerst in der Ausgabe 33-34/2018 des HORIZONT erschienen. Noch kein Abo? Hier klicken.

HORIZONT: Sie sind vor kurzem vom Executive Creative Director zum Geschäftsführer der Kreation von Serviceplan Austria aufgestiegen. Warum der Schritt zu zwei Geschäftsleitern?

Christian Gosch: Serviceplan hatte schon bei der Gründung in Wien zwei Geschäftsführer. Eine Geschäftsleitung für Beratung und eine für Kreation ist innerhalb der Serviceplan-Gruppe überall so geregelt.  

Wie lange war der Führungsposten der Kreation vakant?

Fünf Jahre in etwa.

Wie passt die lange Vakanz mit der Regelung der Gruppe zusammen?

Ich glaube, dass es die Notwendigkeit in dieser Form nicht gegeben hat. Eigentlich weiß ich den Grund dafür selbst nicht. 

Warum ist der zweite Geschäftsführungsposten gerade jetzt erforderlich? 

Es ist ein Zeichen der Positionierung der Bedeutung von Kreation und Innovation für das Unternehmen, und dass jemand dafür die Verantwortung  ganz oben in der Führung übernimmt. Es geht außerdem um die Wertschätzung der einzelnen Kreationsdisziplinen.

Was soll sich nun durch Ihre Co-Leitung ändern? 

Es ist wichtig, dass Kreation von oben gesteuert wird und dafür entsprechende Maßnahmen entwickelt werden. Werbeagenturen werden häufig von Beratungs-Geschäftsführern geleitet, wodurch einige Entscheidungen nicht unbedingt zum Vorteil der Kreation getroffen werden. Ich will Voraussetzungen schaffen, dass mein Team bestmöglich arbeiten kann.  

Von welchen Maßnahmen sprechen Sie hier konkret? 

Man muss sich nur ansehen, wie manche Agenturen Sklaventum propagieren und nicht verstehen, dass Millenials andere Anforderungen an die Arbeit haben als die früheren Jungen. Stattdessen sollte man sich ein Beispiel nehmen an jenen Unternehmen, wo gerne gearbeitet wird. Schaut man ins Silicon Valley zu Google oder zu Spotify, sieht man, dass dort ein Arbeitsplatz anders interpretiert wird als in einer Werbeagentur vor 20 Jahren. Mir ist wichtig, dass die Leute Spaß haben und wir ein „Best Place to Work“ sind. Wir unternehmen Dinge gemeinsam und geben unseren Mitarbeitern die Möglichkeit, innerhalb der Gruppe an Workshops zu internationalen Briefings teilzunehmen und sich weiterzubilden.

Wie gestaltet sich die heutige Suche nach kreativem Nachwuchs? 

Schwierig. Werbeagenturen haben nicht gerade das beste Arbeitgeber-Image. Heute leiden wir darunter, dass Agenturen in den letzten 20, 30 Jahren die Menschen mit 80-Stundenwochen ausgebeutet haben. Das muss sich ändern.  

Vor einem Jahr haben die Österreich-Agenturen der Serviceplan-Gruppe mit dem „Haus der Kommunikation“ den Start in eine neue Ära angekündigt. Wie sieht das Ära-Fazit nach einem Jahr aus?

Gut! Diese Ära bezieht sich hauptsächlich darauf, dass die einzelnen Agenturen Serviceplan, Plan.Net und Mediaplus integrierter und verzahnter arbeiten, als es davor der Fall war. Wir haben die Kundenberatung gestärkt mit einer neuen Client Service Direktorin, unsere Digitalagentur Plan.Net wird gerade neu aufgestellt und ist jetzt international zum Beispiel für Motorola tätig. 

„International“ ist ein schönes Stichwort: Welchen Stellenwert hat der österreichische Markt innerhalb der Serviceplan-Gruppe?

Einen hohen. Da wir kein börsennotiertes Unternehmen sind, müssen wir nicht wie ein klassisches Netzwerk Shareholder bedienen. Solange die Agentur in ihrem jeweiligen Markt funktioniert, sind alle glücklich. Es werden keine übertriebenen Dinge erwartet, die nicht machbar sind. Zwar gibt es immer Luft nach oben, aber die Serviceplan Gruppe ist sehr glücklich mit uns.

Wie sehen Sie den aktuellen kreativen Output Österreichs im internationalen Vergleich? Bei den heurigen Cannes Lions lag die heimische Ausbeute bei null Löwen.

Man sollte sich in Österreich auf die eigentliche Existenzberechtigung einer Werbeagentur zurückbesinnen. Bei dieser geht es hauptsächlich darum, seinen Auftraggeber kommerziell erfolgreicher zu machen. Viele Cases, die speziell für Cannes entwickelt werden, verfolgen das Ziel, vorwiegend die Agentur erfolgreicher zu machen. Schaut man sich an, welche Auswirkungen ein Cannes Löwe auf das Neugeschäft hat, dann funktioniert das oft auch nicht wirklich. Kunden sehen es nicht unbedingt gerne, dass Tagesgeschäft-Ressourcen der Agentur für Ideen genutzt werden, die ihnen nicht helfen – das geht ihnen eher auf die Nerven. Ich will Löwen aus dem Tagesgeschäft heraus sehen. Aus meiner und aus allen anderen Agenturen dieses Landes.

Zurück zu Ihnen: Sie waren auch einmal ein kreativer Nachwuchs.

Ich bin immer noch kreativer Nachwuchs (lacht).

Aber mit Erfahrung. Was waren die größten Herausforderungen zu Beginn Ihrer Karriere?

Briefings, bis heute. Man stellt sich jedes Mal die Frage: „Werde ich auch für dieses Briefing die beste Idee entwickeln oder fällt mir irgendwann nichts mehr ein?". Jeder Job birgt Neues, du bekommst niemals Routine. Das ist auch das Schöne daran.

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