Anfänge bewahren
 

Anfänge bewahren

Unter dem Titel „100 Jahre österreichischer Werbefilm“ präsentierte das Filmarchiv Austria sehenswertes Material und diskutierte mit Werbefilmgrößen Maier, Mayer, Patzak und Chefarchivar Wostry.

Am 15. Oktober öffnete das Filmarchiv Austria die Pforten des Metrokinos zur Projektpräsentation unter dem Titel „100 Jahre österreichischer Werbefilm“. Unter der Projektleitung der Historikerin Karin Moser konnte man damit erstmals in Österreich die heimischen Anfänge des Werbefilms sehen. Die Produktion des ersten erhaltenen heimischen Werbefilms wurde vor bald 100 Jahren, im Jahr 1913, realisiert. So waren zum Beispiel die frühesten Anfänge der Zigarettenwerbung zu sehen, bei der noch mit S/W-Zeichentrick gearbeitet wurde, oder die mit stark patriotischen Zügen zur heimischen Zigaretten anregen sollten. Der Zeichentrick war auch in anderen Sparten beliebt. Ein früher Spot für Napoli-Schnitten war nicht nur originell gezeichnet, die erkennbare, werbliche Idee zeigte, dass man seinen Ärger mit Schokolade bekämpfen konnte. Dabei waren die Spots natürlich noch nicht auf 30Sekunden beschränkt, sondern liefen so lange, bis alle Neuigkeiten erzählt waren. Besonders hübsch auch die Anfangszeiten von Palmers, in denen die klassischen Palmersdamen noch die praktische Feinrippwäsche für den Mann vorstellten. Die Spots wurden erst später mit der ersten, durch einen durchscheinenden BH sichtbaren, nackten Brustwarze, zum Aufreger und vom ORF zur Ausstrahlung abgelehnt. Auch die Anfänge der Bankenwerbung wären heute in diese Form undenkbar: So war ein Spot zu sehen, der anpries, dass Bankgeschäfte von der modernen Frau selbst getätigt werden können und sie dazu anregen sollte emanzipiert ein eigenes Konto zu führen. Werbefilme vermitteln immer auch die kulturellen Codes ihrer Zeit und die sozialen, gesellschaftlichen, ökonomischen, medialen und politischen Veränderungen lassen sich anhand dieser filmischen Quellen nachvollziehen und erzählen. Sie sind Teil der Erinnerungskultur, Unternehmens- und Filmgeschichte. In dem vom Filmarchiv Austria initiierten Forschungsprojekt werden neben der eigenen, landesweit umfangreichsten Werbefilmsammlung auch die Bestände diverser Firmen-, und Produktionsarchive film-, wirtschafts- und kulturhistorisch ausgewertet und ediert.

Werbung, ein kulturgeschichtlicher Schatz

Zielsetzung ist eine erste umfassende Bestandsaufnahme dieses Genres in Österreich. Und damit das nicht so trocken ist, wie es sich anhört, hatte das Filmarchiv die alten Granden der Branche zum Gespräch geladen. Im Anschluss an das Filmprogramm führte Projektleiterin Karin Moser (Filmarchiv Austria) ein Gespräch mit den Filmproduzenten Walter Maier (Traum&Maier) und Peter Mayer (Adi Mayer Film), mit dem Regisseur und Künstler Peter Patzak und mit dem Chefarchivar Nikolaus Wostry (Zentralfilmarchiv Laxenburg). Wostry schildert gleich zu Anfang den Wert von gesichertem Material: „Man darf nicht vergessen, dass es sich bei dem Material noch um Stücke handelt, die tatsächlich durch die Hände ihrer Schöpfer gegangen sind. Die Werbung ist ein kulturgeschichtlicher Schatz, denn sie hat immer technisch und thematisch Fortschrittliches aufgenommen.“ Und das wird auch deutlich wenn man sich vor Augen führt in welcher Zeit zum Beispiel Filmproduzent Walter Maier gearbeitet hat. Der Schöpfer von unzähligen Werbefilmen - und vor allem Trickfilmen - wurde 1927 geboren und war zuerst Fotograf und Kameramann, bevor er 1948 gemeinsam mit Kurt Traum die Traum&Maier OHG gründete. Das Image der Werbefilmer war schon damals schlecht. Maier: „Werbefilmer wurden als minderwertig betrachtet“. Regisseur Peter Patzak sieht Werbung mittlerweile nur mehr als Teil seiner längst vergangenen Geschichte. Patzak: „Ich habe mich ab dem Zeitpunkt nicht mehr wohl gefühlt, ab dem die Meinung der Frau des Marketingassistenten wichtiger wurde, als meine cineastische Expertise.“ Peter Mayer, Jahrgang 1940, der familiär bedingt bereits als Kinderdarsteller in die Branche einstieg, bekam als 27jähriger seinen ersten Staatspreis für Werbung und erinnerte sich dafür liebevoll an die Zusammenarbeit mit Testimonials wie Fritz Muliar, Carlo Böhm, Senta Berger oder Ossy Kollmann.



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