Warum es Zeit ist, Details zu möglichen Bündnissen im Vorfeld der Medienenquete zu klären und warum es dafür Mut und Kompromisse braucht. Leitartikel von Marlene Auer, Chefredakteurin.
Dieser Leitartikel ist zuerst in Ausgabe Nr. 7/2018 des HORIZONT erschienen. Noch kein Abo? Hier klicken!
Allianz“ könnte das Branchenwort des Jahres werden. Bereits jetzt, im ersten Quartal, dominieren neben „Frenemy“-Strategien auch Gespräche und Diskussionen zu Schulterschlüssen und Bündnissen die Medienhäuser, teilweise auch die Agenturen. Der gemeinsame Gegner: internationale Giganten wie Google und Facebook, die Werbegeld absaugen, keine Steuern zahlen und Traffic bündeln – was ihnen wiederum mehr Entwicklungsmöglichkeiten gibt, folglich entstehen neue Services und Angebote, der Traffic wächst weiter. Die Werbeeinnahmen auch. Aus ihrer Sicht gesehen eine Spirale nach oben.
Nicht aber für Österreichs Branche. Diese will dagegen ankämpfen, um den Medienstandort zu bewahren, auch mit Rückenwind der Politik. Das ist jedenfalls der richtige Gedanke, aber: Dafür braucht es jetzt Tempo. Denn es ist bereits reichlich spät. Vor allem, weil es bis dato so scheint, als gingen die Vorstellungen von Bündnissen in verschiedene Richtungen. Es gibt keine zentrale Stelle zur Koordination, zum Austausch. Es herrscht gespanntes Warten auf das detaillierte Programm der Medienenquete.
Damit diese Ergebnisse bringen kann, ist es aber notwendig, dass die Branche sich schon im Vorfeld auf die Details möglicher Allianzen verständigt. Vermarktungsplattform oder Buchungsplattform? Log-in-Allianz oder Austrian Marketplace? Ideen gibt es viele, nun geht es darum, sie auf den Boden zu bringen. Dafür werden Kompromisse nötig sein. Und Mut.
Es geht nicht nur uns so. Auch in anderen EU-Ländern wird an Lösungen gearbeitet. In Deutschland etwa formieren sich Datenallianzen, in der Schweiz wird bald über die Gebühren abgestimmt. Derzeitige Prognosen gehen von einer Beibehaltung aus. Das wäre wichtig, eine Abschaffung könnte einen Dominoeffekt in ganz Europa auslösen, dessen Auswirkungen nicht absehbar wären. Es ist Zeit, dass sich Mediensysteme neu ordnen, doch zugleich dürfen wir nicht vergessen, wie wichtig ein starker Öffentlich-Rechtlicher für eine Demokratie ist.
Man muss bei den Gedanken über Bündnisse und deren Auswirkungen auch nicht an Landesgrenzen verharren. Kooperationsgedanken gibt es auch in anderen EU-Ländern, ein Erfahrungsaustausch würde frische Energie bringen und in Teilbereichen gesamteuropäische Lösungen eröffnen. Damit hätten wir mehr Kraft gegen die Konkurrenten aus Amerika und zunehmend aus Asien. Die werden wir auch brauchen.